Bayern 2 - Zündfunk

"One Star" Jungstötter erinnert auf seiner neuen Platte an Bowie und Roxy Music

"One Star" von Jungstötter ist ein dunkel-romantisches, sehr sehnsüchtiges, sehr melancholisches Album. War der Vorgänger „Love Is“ noch reduziert und ruhig, holt „One Star“ jetzt weiter aus, begegnet uns immer wieder mit einer instrumentalen, auch elektronisch-experimentellen Wucht, die richtig süchtig macht.

Von: Roderich Fabian/Angie Portmann

Stand: 28.04.2023

Der Künstler Jungstötter im Porträt | Bild: Clemens Schmiedbauer

Jungstötter ist der Künstlername des Sängers Fabian Altstötter, der vor zehn Jahren mit der Band Sizarr aus Landau in der Pfalz unterwegs war.

2019 zog er von Berlin nach Wien und gründete dort eine Familie mit Anja Plaschg, also known as Soap&Skin. Und Anja inspiriert ihn auch musikalisch, wenn auch nicht unmittelbar für das neue Album, erzählt Fabian Altstötter im Goethe-Popcast von Goethe-Institut und Zündfunk: „Anja und ich tänzeln so ein bisschen umeinander herum, wenn es um das Musikmachen geht, also im Speziellen um das gemeinsam Musikmachen. Ein direkter Einfluss von ihr auf mein Album ist nicht da. Sie hat nicht daran mitgewirkt. Sie ist natürlich meine Partnerin und bestimmt dadurch auch einen großen Teil meines Alltags. Und das hat sicherlich einen Einfluss auf meine Gefühlswelt. Außerdem schätze ich sie sehr als Kritikerin und habe ihr mehrere Sachen immer wieder vorgespielt und sie zu Rate gezogen. Aber grundsätzlich sind wir schon sehr isoliert beide, wenn wir an unseren Sachen jeweils arbeiten. Weil es für uns auch ein Anliegen ist, das nicht mit unserer Beziehung zu vermischen, weil einfach eine komplett andere Dynamik entsteht. Und weil wir, glaube ich, beide auch so romantisch veranlagt sind, dass wir denken, dass wir noch ziemlich viel Zeit haben, um das zu verwirklichen.“

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Jungstötter - Know (Official Video) | Bild: Jungstötter (via YouTube)

Jungstötter - Know (Official Video)

„One Star“ ist ein sehr entwickeltes Rockalbum geworden, das häufig an die besten Zeiten elaborierten Glams erinnert, also an Bowie, David Sylvian oder Roxy Music: „Ich habe überhaupt kein Problem mit Referenzen und mit bestimmten Menschen verglichen zu werden. Ich glaube, niemand ist frei davon, Parallelen zu ziehen, wenn er oder sie sich Musik anhört. Ich bin ehrlich gesagt auch irgendwie immer glücklich, dass es DIE Referenzen sind, weil es einfach tatsächlich Künstler und Künstlerinnen sind, die sehr schätze. Ich könnte unendlich viele Menschen aufzählen, vielleicht Nina Simone ganz oben in der Liste so."

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Jungstötter - Nothing Is Holy (Official Video) | Bild: Jungstötter (via YouTube)

Jungstötter - Nothing Is Holy (Official Video)

Überpräsent auf "One Star" ist das Thema Existenzialismus, was unter anderem mit den vergangenen Lockdowns zu tun hat: „Mein Zustand 2021 hatte mehrere Gründe und ich glaube, es ist bei allen Menschen, die sich in Krisen befinden, immer eine sehr komplexe Gemengelage. Bei mir spielte die Pandemie mit Sicherheit eine Rolle, spielten eigene Ambitionen eine Rolle, was das Album angeht. Ich wollte damit einfach sehr schnell fertig werden und weitermachen können. Es spielte der Ortswechsel eine Rolle, dass ich von Berlin nach Wien gezogen bin und mir einen neuen Freundeskreis quasi hier aufgebaut habe. Es spielt die Angst vor Verantwortung eine Rolle. Ich habe extrem lange den Grund dann immer wieder bei mir gesucht und Schwächen in mir gesehen, weshalb ich jetzt nicht funktioniere, weshalb mir das alles zu viel ist. Und bin ein Stück weit aber auch davon abgekommen. Weil ich merke, dass der Druck, den man als Kunstschaffende Person hat, einfach enorm ist. Da kann man nicht drum herumreden. Und er wächst. Ich spüre jetzt auch, wo es mit dem Album wieder losgeht, wo die Pandemie vorbei ist, es hat deutliche Spuren hinterlassen. Es ist anstrengender geworden, es ist teurer geworden, es ist enger geworden. Und ich kann jeden verstehen, der damit Probleme hat und der sich unter den Umständen auch zurückzieht oder nicht mehr weitermachen will.

Also ein bezeichnendes Beispiel dafür, für mich persönlich ist: Ich habe paradoxerweise in der Krise durch Corona-Hilfen mehr verdient als in den Jahren davor mit der Ausübung meiner Tätigkeit. Und das ist, finde ich, auch ein erschreckendes Zeugnis. Dass, wenn sich Institutionen Gedanken machen, was sollte das Minimum sein, was Kunstschaffende verdienen und das dann in so ein Förderpaket packen, das höher angesiedelt ist als bei den meisten Menschen, die ich kenne, die tatsächliche Entlohnung. Und insofern war diese Krise natürlich eine persönliche, aber die gesellschaftlichen Entwicklungen spielen da auch eine Rolle, die man nicht außer Acht lassen kann.“