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Warum fressen Hunde Gras Was fehlt meinem Hund, wenn er Gras frisst?

Warum Grasfressen nichts mit Vitaminmangel zu tun hat und warum etwas Sauerkraut im Vorratsschrank Ihrem Hund das Leben retten kann, lesen Sie hier.

Von: Sabine Dangel

Stand: 16.02.2024

Hund | Bild: mauritius images / Ana Jovanovic / Alamy / Alamy Stock Photos

Die einen knabbern nur gelegentlich, andere kauen gerne regelmäßig - und dann gibt es noch die Hunde, die sich gierig auf die Grashalme stürzen und sie gleich büschelweise verschlingen. Die schlechte Nachricht vorweg: Ja, hinter dem Grasfressen bei Hunden KANN eine ernste Erkrankung stecken. Aber - und das ist die GUTE Botschaft, in vielen Fällen tut es das nicht. "79 bis 100 Prozent der Hunde fressen gelegentlich Gras", betont Dr. Anna-Lena Ziese, Tierärztin für klinische Tierernährung der Medizinischen Kleintierklinik der Ludwig-Maximilians-Universität München. Und fest steht nur: Die eine Ursache für Grasfressen gibt es nicht, wohl aber eine Reihe von möglichen Gründen. 

Hund frisst Gras - Vitaminmangel?

Grasfressen wegen Vitaminmangels? Nur ein hartnäckiges Gerücht.

Wenn ein Hund Gras frisst, dann fehlen ihm Vitamine oder Ballaststoffe - davon sind viele Hundebesitzer felsenfest überzeugt. "Ein Gerücht, das sich wacker hält", sagt dazu die Ernährungsfachfrau Dr. Ziese. Diverse Studien, in denen Trocken- wie Nassfütterung, selbstgemachtes Fressen und auch BARFen berücksichtigt wurden, haben gezeigt, dass es keinen wissenschaftlich belegbaren Zusammenhang zwischen Grasfressen und Mangelernährung beim Hund gibt. Und auch Dr. Kathrin Busch, Gastroenterologin an der Medizinischen Kleintierklinik der Ludwig-Maximilians-Universität München betont, dass es keine Studie gibt, die belegt, dass Hunde einen Mangel an Ballaststoffen durch Grasfressen ausgleichen würden. 

Warum fressen Hunde Gras und übergeben sich?

Nicht jeder Hund, der einen Fremdkörper vertilgt hat, frisst Gras.

"Wenn mein Hund etwas gefressen hat, das ihm nicht bekommt, frisst er Gras, damit er sich übergeben kann." Auch dass Hunde durch Erbrechen unbekömmliches Fressen oder Fremdkörper loswerden wollen, greift als Erklärung zu kurz, denn: Übelkeit und Grasfressen beim Hund gehen nicht zwangsläufig miteinander einher. In einer Studie hat etwa so gut wie kein Hund vor dem Grasfressen Zeichen von Übelkeit, wie etwa vermehrtes Speicheln, gezeigt, so Dr. Ziese "und nur 8 bis 23 Prozent der Gras fressenden Hunde erbrechen sich anschließend." Die Gastroenterologin Dr. Busch unterstützt diese Aussage: "Übelkeit kann in Grasfressen resultieren, muss es aber nicht. Und: Nicht jeder Hund, der Gras frisst, hat einen Fremdkörper in sich - genauso wie nicht jeder Hund mit Fremdkörper Gras frisst." 

Typische Anzeichen dafür, dass der Hund tatsächlich einen Fremdkörper verschluckt hat, sind laut Dr. Busch vor allem wiederholtes Erbrechen (ob mit oder ohne Grasfressen) von Futter und Wasser bis hin zur völligen Entleerung und Erschöpfung des Tieres. In diesem Fall sollten Sie schnell zum Tierarzt bzw. in eine Tierklinik. 

Lesen Sie hier, was Hunde tatsächlich nicht fressen dürfen: Diese Lebensmittel sind giftig für Hunde.

Erste Hilfe bei gefressenen Geflügelknochen

Ihr Hund hat versehentlich gekochte Geflügelknochen - etwa von Gans oder Ente - im Müll "erbeutet"? Das ist schlecht: Die dünnen Knochen können splittern und Magen oder Darm perforieren und lebensbedrohliche innere Blutungen auslösen. Füttern Sie Ihrem Tier in so einem Fall viel Sauerkraut, rät Dr. Busch. Das legt sich schützend um die Knochensplitter und hilft bei der Passage durch den Verdauungstrakt. Eine hundertprozentige Sicherheit bietet dieses Hausmittel aber natürlich nicht - besser, Sie behalten Ihren Hund also genau im Auge, wenn Gans oder Ente auf dem Tisch gekommen sind.   

Eine Frage - 10 Meinungen. Wir haben mit Klinik-Tierärzten gesprochen: Braucht mein Hund eigentlich Kauknochen?

Warum fressen Hunde Gras - Studie

Durchaus möglich, dass Grasfressen ein typisches, von den Wolfsvorfahren ererbtes Verhalten unserer Hunde ist.

Bleiben eine Reihe von weiteren Erklärungen, die allerdings nicht durch Studien abgedeckt sind. Eine für Dr. Ziese durchaus plausible Theorie ist, dass das Grasfressen bei Hunden zum typischen Verhalten gehört, das sie von ihren Ahnen, den Wölfen, geerbt haben: Während diese mit ihren Beutetieren immer auch den meist pflanzlichen Mageninhalt aufnahmen, stillen unsere Haushunde dieses evolutionär bedingte Verlangen deutlich weniger martialisch - durch den Verzehr von Grashalmen. 

Denkbar ist laut Dr. Ziese aber ebenso, dass Hunde Gras fressen, um sich zu beschäftigen, Stress abzubauen oder einfach nur, weil es ihnen gut schmeckt.  

Ab wann sollte ich mit meinem Hund zum Tierarzt?

Wenn Grasfressen zu einer Notwendigkeit für den Hund wird, und dazu einzelne Symptome wie Erbrechen, Durchfall kommen oder das Tier nicht bzw. schlecht frisst oder trinkt, sollten Sie mit Ihrem Hund zum Tierarzt gehen, rät die Gastroenterologin Dr. Kathrin Busch: "Spätestens, wenn Ihr Hund einen fanatischen Drang entwickelt, Gras zu fressen - er vielleicht sogar drinnen unruhig wird, raus will, das Gras geradezu abweidet - und sein Allgemeinbefinden sich verändert." Dazu kann auch gehören, dass der Hund den Boden oder sein Bett abschleckt und er Zeichen von Übelkeit zeigt, wie etwa verstärktes Speicheln.

Ihrer Erfahrung nach ist pathologisches Grasfressen ein Zeichen von Übelkeit, daher kann dahinter in vielen Fällen ein Magen-Darm-Problem stecken - das kann eine Infektion sein, eine Autoimmunerkrankung oder z. B. eine Allergie. Hier kann nur eine tierärztliche Untersuchung und Behandlung Abhilfe schaffen. 

Ist Grasfressen für Hunde gefährlich?

Solange Ihr Hund im normalen Maß an Grashalmen knabbert, besteht kein Anlass zur Sorge. Rupft ihr Vierbeiner das Grünzeug eher ungestüm ab und schluckt es weitgehend unzerkaut, könnte er sich an scharfkantigen Gräsern schneiden - entsprechend sollten Sie Ihre "Hundeweide" wählen.

Wenn Ihr Hund Gras frisst, sollten Sie regelmäßig an eine Entwurmung gegen Lungenwürmer denken, rät Dr. Busch. Diese gelangen über ihren Zwischenwirt, die Nackt- und Gehäuseschnecken, die unter anderem auf Grashalmen sitzen, in den Körper des Hundes, wo sie die Lunge schädigen. Symptome für einen Befall sind Husten, Fieber und Abgeschlagenheit. 

Hund Gras fressen lassen

Lassen Sie Ihren Hund möglichst auch nicht am Rand von Feldern und Äckern "weiden". Je nach Art der Bewirtschaftung können die Gräser hier mit Dünger- und/ oder Pestiziden belastet sein, die Ihrem Vierbeiner nicht gut tun.  

Übrigens: Wussten Sie, dass man Enten auf keinen Fall mit Brot füttern sollte? Warum, lesen Sie hier: Kein Brot - diesen gesunden Snack für Enten hat jeder Zuhause

Mein Hund frisst Gras: Was tun?

Ob Sie mit Ihrem Hund wegen Grasfressen zum Tierarzt gehen sollten oder nicht, hängt entscheidend davon ab, wie gut Sie Ihr Tier kennen und "lesen" können: Selbst eine plötzlich auftretende Vorliebe für Gras ist allein genommen nicht unbedingt ein Grund für einen Tierarztbesuch. Ist Ihr Vierbeiner ansonsten putzmunter, frisst normal und verhält sich auch so wie immer, können Sie Ihn auch erstmal nur unter Beobachtung nehmen. Kommen dagegen weitere Symptome hinzu oder fühlen Sie sich unsicher, sind Sie bei Ihrem Tierarzt sicher gut aufgehoben. Und Ihr Hund ebenso :-)

Und wenn Sie Ihrem Hund was Gutes tun wollen, basteln Sie ihm doch einfach ein paar Intelligenzspiele: 3 Übungen für einen schlauen Hund

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