Bayern 1 - Musik


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Herbert Grönemeyer Herbie und seine Botschaft

"Ich will bewirken, dass die Menschen mehr in Frage stellen", sagt Herbert Grönemeyer. Immer wieder mischt er sich deshalb in politische Debatten ein und veröffentlicht gesellschaftskritische Songs.

Stand: 21.10.2011 | Archiv

Herbert Grönemeyer | Bild: picture-alliance/dpa

Texte - politisch und gesellschaftskritisch

Amerika

... / Oh Amerika / Du hast viel für uns getan / Oh Amerika / Tu uns das nicht an / Viele Care-Pakete hast du uns geschickt / Heute Raketen, Amerika / Du hast bei dir so viel mehr Platz als wir / Was sollen sie hier, Amerika / ... / Oh Amerika / Wenn du gar nicht anders kannst / Oh Amerika / Dann prügel, wenn du dich prügeln musst / In deinem eignen Land / Du willst in allem immer besser sein / Größer, schneller, weiter, Amerika / Ich habe Angst vor deiner Fantasie / Vor deinem Ehrgeiz, Amerika / ...

Jetzt oder nie

... / Wir werden dosiert zensiert / Menschen achtlos diffamiert / Wie eine träge Herde Kühe / Schaun wir kurz auf und grasen dann gemütlich weiter / Das Fernsehen redet uns tot / Pflanzen sterben an Atemnot / Wir warten immer zu lange / Die Zeit rennt weg, wir müssen's angehn / Jetzt oder nie / Jetzt oder nie mehr / Jetzt oder nie / Wascht ihr nur eure Autos / ...

Tanzen

... / Wir tanzen, tanzen, tanzen der ganzen Welt vor / Wir zeigen, zeigen, zeigen ihr den Schritt / Wir wissen endlich wieder, wo es langgeht / Was ansteht - grundsolide, grundgut / Asylanten weisen wir vor unsere Schranken / So verfolgt kann keiner sein / Deutschland wird allzusehr als Paradies missverstanden / Wir lassen keinen mehr rein / ...

Lächeln

... / Ein Lächeln liegt auf diesem Land / Grinst unerträglich ignorant / Lächeln wird bei uns zur Pflicht / Witz komm raus / Langsam wird's lächerlich / Alles geschönt / Rückschritte verpönt / Selbstgerechte Gefälligkeit / Man tritt kleinste Erfolge breit / Um die Fehler zu kaschieren / ...

Maß aller Dinge

... / Weiße Überheblichkeit / Maß aller Dinge / Weiße Überheblichkeit / Jeder Mensch ist gleich / Der Weiße ist gleicher / In diesen Lagern weint die Wut, weiße Übermacht / Wir sitzen weich und sehen zu, was können wir schon tun / Wir sehen Schlagstöcke, schwarzes Blut / Stummer Schrei, auf ihrem Rücken lebt sich's gut / Wir sind auch dabei / ...

Die Härte

... / Geilen sich auf an den Gehetzten / Wollen die Angst im Auge sehn / Hart rasiert, auf harten Sohlen / Brutal im Austeilen, feige im Nehmen / Hart im Hirn, weich in der Birne / Ohne Halt, einfältig und klein / Auf der Suche nach einem Führer / Es ist hart, allein beschränkt zu sein / ...

Auf dem Feld

Ich habe Liebe gelernt / Ihr habt mich weit entfernt / Bin nicht in Euren Augen / Raus aus Eurem Sinn / Kämpf einen schrägen Krieg / Steck in einem tiefen Schacht / Keiner weint mir Tränen nach / Es fehlt mir an Vertrauen / Es geht nicht ums Gewinnen / Nur um einen schalen Sieg / Und noch um mein schmales Ich /...

"Kriegt raus, wer Ihr seid!"

Grönemeyer spielte in den 80ern beim Anti-Atomkraft-Festival in Wackersdorf

Beim Anti-Atomkraft-Festival in Wackersdorf spielte Grönemeyer 1986 vor über 100.000 Menschen. Seine kritischen Texte und Auftritte in Talkshows brachten ihm aber gleichzeitig auch den Ruf ein, ein humorloser Moralapostel zu sein. Er selbst sah sich jedoch nicht als Prediger: "Ich habe keine Botschaft. Ich bin ja kein Professor an der Uni, ich halte ja keinen Lehrvortrag und ich habe auch keinen Auftrag. Es ist eher dieser humanistische Geist: Kriegt raus, wer Ihr seid und schließt Euch nicht der Masse an!"

"Ich will bewirken, dass die Menschen mehr in Frage stellen, auch sich selber und ihre Idole. Das ist wirklich ein Problem bei uns in Deutschland: Man lächelt selbstzufrieden vor sich hin und begreift gar nicht, wie gefährlich es werden kann, der Sehnsucht nach einer Leitfigur nachzuhängen."

Herbert Grönemeyer

Kein Gröni für die DDR

Auch Erich Honecker hatte von Herbert Grönemeyer gehört - und wollte, dass er in der DDR spielt. Aber Grönemeyer ließ sich nicht vor den Karren der Partei spannen. Sein Draht zu seinen Fans im Osten war einfach zu gut. Die baten ihn: "Spiel' bitte nicht in der DDR! Wir würden sowieso nie eine Karte bekommen und für uns würde vieles zusammenbrechen." Grönemeyer erinnert sich, dass er für das Konzert 3,5 Millionen Ostmark bekommen sollte: "Wir bezahlen dich mit Segelbooten, mit Klavieren und Möbeln", hätte es geheißen. Seine Reaktion war ein Telefax mit der Forderung, zuerst einmal seine Platten in der DDR zu veröffentlichen. Die Antwort der Partei: "Ja, machen wir." Grönemeyers Reaktion: "Das wollte ich nur mal wissen." Dann sagte er ab.

"Singen und Trommeln" für Gerechtigkeit

Herbert Grönemeyer und Bono 2007 beim Konzert "Deine Stimme gegen Armut"

Immer wieder mischt sich Grönemeyer in politische Debatten ein. Gemeinsam mit U2-Sänger Bono und Bob Geldorf setzte er sich beim G8-Gipfel in Heiligendamm für eine Entschuldung Afrikas ein. Er engagiert sich für die Initiative "Deine Stimme gegen Armut", die Regierungen weltweit zu einem entschiedeneren Handeln in der Entwicklungshilfe bewegen will. Doch Grönemeyer tritt nicht in den direkten Dialog mit Politikern, sondern will eher "singen und trommeln", um "die da oben" zu nerven und um die Menschen wachzurütteln. Um mit Politikern zu sprechen, müssten diese "erst einmal eine Sprache sprechen, die ich verstehe". Er sehe niemanden, der ihm etwas zu sagen hätte.


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