Wo ist Mikroplastik drin? Welche Produkte enthalten Mikroplastik?
Mikroplastik wurde nun auch erstmals in Muttermilch nachgewiesen. Hier erfahren Sie, wo in Nahrung, Waschmittel, Kleidung oder Kosmetik sich Mikroplastik versteckt und wie Sie es vermeiden können.

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Fünf Produkte, in denen sich Mikroplastik versteckt
Mikroplastik in Putzlappen und Schwämmen
Viele Schwämme für Töpfe, alle Mikrofasertücher und Schwammtücher bestehen aus Plastikfasern. Beim Spülen und Schrubben lösen sich zwangsläufig kleine Partikel und werden in den Ausguss gespült. Es gibt auch Reinigungsschwämme, die aus reiner Pflanzenfaser wie Zellulose, Mais- oder Bambusfaser bestehen. Diese Schwämme kann man am Ende einfach in den Biomüll oder auf den Kompost werfen.
Mikroplastik in Waschmittel
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Auch in vielen Weichspülern und Waschmitteln sind kleinste Kunststoffteilchen zu finden. Hier wird Polyethylen verwendet, um insbesondere bei Flüssigwaschmitteln diese gelartige Konsistenz herzustellen. Das lässt sich leicht auf der Inhaltsliste des Waschmittels feststellen. Es gibt mittlerweile aber einige Waschmittel auf dem Markt, die auf Kunststoffe aller Art in ihren Produkten verzichten.
Mikroplastik in Kaugummi
Heutzutage bestehen Kaugummis hauptsächlich aus Polymeren, also Kunststoffen auf Erdölbasis. Weichmacher, Bindemittel, Farbstoffe und zumeist künstliche Aromen sind auch noch drin. Was genau und in welcher Zusammensetzung, ist nicht einfach zu sagen, denn die Hersteller berufen sich auf ihr Betriebsgeheimnis. Fakt ist: Fast alle Kaugummis sind nicht biologisch abbaubar. Es gibt allerdings ein paar wenige Alternativen, bei denen man nicht auf Kunststoff herumkaut.
Mikroplastik in Fleece-Kleidung
Aus einer Weiterentwicklung der Polyesterfasern entstehen die Fleece-Stoffe. Maschinen schneiden hierzu, hauchfein, die Schlingen der Maschenware auf, wodurch ein Flor entsteht. Ein Faserpelz auf dem Grundmaterial, der eine sehr feinporige und fühlbar flauschige Oberfläche hat. Das Fleece hat eine isolierende und wärmende Wirkung und lässt sich leicht waschen. Wie der irische Meeresbiologe Mark Browne schon 2013 in einer Studie, die im Fachjournal "Environment and Technology Journal" veröffentlicht worden ist, zeigen konnte, verliert Fleecekleidung bei jedem Waschgang rund 2.000 winzige Kunststofffasern. Diese Kunststoff-Kleinstfasern werden weder von den Sieben in der Waschmaschine noch in den Kläranlagen aufgefangen und gelangen deshalb auch in die Meere. Erst seit kurzem bieten wenige Hersteller Waschmaschinen mit Mikroplastikfiltern an. Auch in Strümpfen und Strumpfhosen sind sehr oft, wenigstens teilweise, Polyesterfasern verarbeitet. Mittlerweile gibt es allerdings ganz brauchbare Netze für die Waschmaschine, die in der Lage sind, die ausgelösten Fasern von Fleece- und anderen Kunststoff-Kleidungsstücken aufzufangen.
Mikroplastik in Bodylotion und Peelings
Plastikkügelchen, die in Kosmetik- und Pflegeprodukten zu finden sind, bestehen meist aus Polyethylen (PE). PE ist ein sehr kostengünstiger und vielseitiger Stoff, der sich auch prima zum Binden von Flüssigkeiten eignet. Deshalb fühlt sich eine Creme auch so geschmeidig an: Weil Polyethylen drin ist. PE lässt sich ideal auch als Schleifmittel verwenden, und ist deshalb häufig in Peelings zu finden, die alte Hautschüppchen runterreiben sollen.
Was ist Mikroplastik?
Plastik ist aus unserem Alltag kaum mehr wegzudenken, ob in Windeln, Rollstühlen oder Herzschrittmachern. Plastik ist leicht, flexibel, bruchfest, kostet nicht viel und hält lange. Sehr lange sogar! Und das ist ein Problem. Es geht nicht nur darum, dass eine Plastiktüte 400 Jahre braucht, um vollständig zu verschwinden. Vielmehr geht es um das, was vorher passiert. Um den ständigen und kaum wahrnehmbaren Abrieb bei der Zersetzung.
Es gibt primäres und sekundäres Mikroplastik. Also Mikroplastik, das ganz gezielt von der Industrie eingesetzt wird - und Mikroplastik, das entsteht, wenn aus Abrieb (Reifen, Plastikmüll usw.) sich kleinste Teilchen herauslösen. Als Mikroplastik gelten alle festen Kunststoff-Teilchen, die kleiner als 5 Millimeter sind. Es gibt natürlich wesentlich kleinere Teilchen, die man mit dem bloßen Auge gar nicht mehr erkennen kann.
Mikroplastik in der Muttermilch
Die kleinen Plastikteilchen gelangen in die Umwelt und damit auch in den Nahrungskreislauf. Dieses Mikroplastik lagert sich nicht nur an Stränden, Seen oder in der Erde ab, sondern auch in den Körpern von Lebewesen. Zuletzt wurde im Oktober 2022 bekannt, dass in Rom bei einer Untersuchung von 34 Muttermilchproben von Frauen, die eine Woche zuvor ihre Kinder geboren hatten, in 75% Prozent der Fälle Mikroplastik in der Muttermilch nachgewiesen werden konnte. Die gesundheitlichen Folgen und Ausmaße sind heute noch gar nicht genau abzusehen. Nicht immer werden verschluckte Plastikteilchen durch den Körper geschleust und über den Verdauungstrakt wieder ausgeschieden. Weil die Zusatzstoffe im Plastik in der Regel fettlöslich sind, vermuten Wissenschaftler, dass es sich auch im Fettgewebe anreichern kann.
Mikroplastik im Meer
Erst kürzlich haben britische Wissenschaftler der Universitäten Hull und Brunel in London Muscheln rund um Großbritannien auf Mikroplastik hin untersucht. Entnommen in acht verschiedenen Küstenregionen und aus acht unterschiedlichen Supermärkten. Ergebnis: In allen Muscheln wurden kleinste Plastikteilchen gefunden. Selbst in solchen, die in gefiltertem Meerwasser lebten. In 100 Gramm Muschelfleisch sind - geschätzt - etwa 70 Mikroplastikteilchen zu finden.
Mikroplastik in Seen und Flüssen in Bayern
Aber wir müssen nicht weit gehen, um Mikroplastik zu finden. Das bayerische Landesamt für Umwelt (LfU) lässt in Zusammenarbeit mit der Universität Bayreuth und der TU München bereits seit Jahren auch Gewässer im Freistaat auf Mikroplastik untersuchen. Auch die bayerischen Seen und Flüsse sind belastet. An insgesamt fünf Seen (Chiemsee, Starnberger See, Ammersee, Altmühlsee, Trinkwassertalsperre Mauthaus) und vier Flüssen (Donau, Isar, Inn und Altmühl) sind jeweils an verschiedenen Stellen Proben entnommen worden. Sowohl am Ufer wie auch an der Wasseroberfläche, mit speziellen Netzen, um auch die kleinsten Teilchen zu erwischen. Bei der späteren Analyse im Labor ließ sich an allen untersuchten Orten Mikroplastik nachweisen.
Wir selbst spülen es mit der Waschmaschine (Was bringt ein Mikroplastikfilter?) oder über den Ausguss des Waschbeckens in die Umwelt. Kläranlagen sind mit Mikroplastik im Abwasser überfordert. Letztlich könnte nur eine teure Schlussfiltration die Belastung deutlich reduzieren, wie eine Untersuchung des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung (AWI) ergeben hat.
Mikroplastik ist auch deshalb ein ökologisches Problem, weil es Schadstoffe an sich bindet und damit in die Nahrungskette gelangt. Das Umweltbundesamt (UBA) geht davon aus, dass allein in den Kosmetikprodukten jährlich etwa 1.000 Tonnen Polyethylen (PE) in Deutschland verwendet werden, die letztendlich auf der Haut und im Grundwasser landen. Für eine im Oktober 2014 veröffentlichte Untersuchung im Auftrag des Oldenburgisch-Ostfriesischen Wasserverbands (OOWV) und des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) wurden Proben aus dem Ablauf von zwölf Kläranlagen entnommen. Je nach Anlagengröße, gelangen pro Jahr zwischen 93 Millionen und 8,2 Milliarden Partikeln in die Vorfluter und damit in die Flüsse. Auch im Klärschlamm wurden große Mengen Mikroplastik gefunden. Je Kilogramm Trockenmasse waren es zwischen gut 1.000 und mehr als 24.000 Teilchen. Für jede Kläranlage ergibt das hochgerechnet Werte zwischen 1,2 und 5,7 Milliarden Partikel.
Mikroplastik im Köper
Welche Auswirkungen das auf Lebewesen hat, ist noch weitgehend unerforscht. Nach einer Studie der englischen University of Exeter lösen aufgenommene Hart-PVC-Teilchen Entzündungsreaktionen bei Wattwürmern aus. Mehr als 250 Meeresarten sind bekannt, die Plastik mit der Nahrung aufnehmen. Muscheln, die ihre Nahrung direkt aus dem Wasser filtern, sind natürlich anfälliger als andere Lebewesen. Dennoch braucht es Langzeitstudien, um zu erforschen, wie sich Mikroplastik, das nun einmal nicht ins Fettgewebe gehört, bei Lebewesen über Jahre oder Jahrzehnte auswirkt.
Mikroplastik in Kosmetik
Umweltbelastungen durch in Kosmetikprodukten verwendete Mikro-Kunststoffpartikel können nach Einschätzung des Umweltbundesamtes (UBA) nicht ausgeschlossen werden. Seitens der Bundesregierung ist man aber seit Jahren eher nachsichtig: Hier setzte man auf einen Dialog mit der Kosmetikindustrie und auf einen freiwilligen Ausstieg aus der Nutzung von Mikrokunststoffpartikeln in Kosmetikprodukten. In einer Entschließung des Bundesrates vom März 2019 wird die Bundesregierung immerhin aufgefordert: "Sollte der Einsatz von Mikro- und Nanoplastik in Kosmetikartikeln und anderen Pflegeprodukten nicht bis zum Jahr 2020 vollständig beendet sein, fordert der Bundesrat die Bundesregierung auf, auf europäischer Ebene auf ein entsprechendes Verbot hinzuwirken." Wie langwierig sich konkrete Maßnahmen gestalten, haben wir bereits beim freiwilligen Verzicht des Handels auf die Ausgabe von Plastiktüten erlebt. Schweden hat mittlerweile bereits ein Verbot von Kosmetikprodukten durchgesetzt, die kleine oder kleinste Kunststoffpartikel enthalten.
Mikropartikel müssten auch in Deutschland viel früher, also schon bei der Herstellung von Produkten, vermieden werden. Diese und ähnliche Forderungen von Umweltschutzverbänden wie Greenpeace oder dem BUND haben immerhin dazu geführt, dass der Industrieverband Körperpflege- und Waschmittel e.V., seinen Mitgliedern seit 2016 empfiehlt, Mikroplastik aus Kosmetika zu entfernen. Und auch die neue EU-Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie zwingt die Mitgliedsstaaten, das Müllvorkommen in den europäischen Meeresregionen besser zu überwachen und zu regulieren, mit dem Ziel, dass bis 2020 Abfälle keine weiteren schädlichen Effekte auf Meeresbewohner ausüben. Ob entsprechende Maßnahmen tatsächlich greifen, scheint aber angesichts steigender Plastikabfälle mehr als fraglich.
Ist in Zahnpasta Mikroplastik?
Für die Kosmetikindustrie und Cosmetics Europe (CE), den europäischen Dachverband der Kosmetikindustrie, ist der freiwillige Verzicht auf Mikroplastik seit 2016 geglückt und wird auch als Erfolg gefeiert. Mittlerweile werben internationale Unternehmen auch massiv damit, kein Mikroplastik mehr in den jeweiligen Produkten einzusetzen.
Dabei bezieht sich dieser "freiwillige Verzicht" aber nur auf abwaschbare Produkte, also Kosmetika oder Hygieneprodukte, die abgespült und dann ins Wasser gelangen wie Zahnpasta, Peelings, Gesichtsmasken oder auch Duschgels. In den meisten Cremes sowie Körperlotionen sind nach wie vor Kunststoffe verarbeitet. Jedoch nicht in fester, sondern in gelöster Form.
Gerade diese gelartigen, flüssigen oder wasserlöslichen Polymere werden nach wie vor weiterverwendet. Laut Hersteller ist es derzeit nicht möglich, bessere Stoffe zu finden, die mit den gleichen und kostengünstigen Eigenschaften Kunststoff ersetzen könnten. Die Kosmetikindustrie betrachtet schlichtweg gelösten Kunststoff nicht mehr als Mikroplastik und sieht sich daher auch nicht in der Pflicht, darauf zu verzichten. Zumal auch hier wiederum der Eintrag in die Natur und mögliche negative Auswirkungen von flüssigen Kunststoffen in der Umwelt als wissenschaftlich nicht haltbar gelten.
So geht Plastikvermeiden: App
Wer sich über zu viel Plastik aufregt oder Angst vor Mikroplastik in der Umwelt hat, kann selbst was tun. Und zwar jeden Tag. Durch Plastikvermeidung!
Dass der Druck der Verbraucher etwas bringt, hat sich bei der Zahnpasta gezeigt: Die Hersteller verzichten auch bei den Weißmacher-Pasten auf Plastikkügelchen. Selbst der BUND hat derzeit keine Erkenntnisse, dass Kunststoff in Zahnpasta enthalten ist. Statt Kunststoffen werden jetzt Mineralien und Ähnliches für das Entfernen von Belag auf den Zähnen verwendet.
Für den bewussten Einkauf ganz praktisch: Die kostenlose Schweizer App "CodeCheck". Das StartUp mit Sitz in Zürich bietet einen Produktscan, der die jeweiligen Inhaltsstoffe transparent machen soll - auch was Mikroplastik oder den Einsatz von Kunststoffen angeht.
Quellen und weiterführende Links zum Thema Mikroplastik:
Podcast "Besser leben. Der BAYERN 1 Nachhaltigkeitspodcast"
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