Bildrechte: colourbox.com

Glas Milch mit einer Flasche

Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

Nur leicht behandelte Milch soll Kinder vor Allergien schützen

Bei Allergien spricht man häufig vom Bauerneffekt: Wer auf dem Bauernhof aufgewachsen ist, entwickelt ganz selten eine Allergie. Forscher wollen sich dieses Phänomen nun zunutze machen. Die Hoffnung steckt in einem Glas Milch. Von Florian Falzeder

Über dieses Thema berichtet: radioWelt am .

Paula ist 10 Jahre alt und lebt in München. Dass der Frühling in den letzten Wochen so richtig angebrochen ist, fand sie "eigentlich ganz cool". Nur das mit dem Asthma "war nicht so toll". Paula hat Heuschnupfen – wie zwölf Millionen andere Menschen in Deutschland. Und wenn die Pollen sie besonders plagen, dann bekommt die 10-Jährige Asthma. "Es ist schon ein bisschen nervig, weil man dann nicht so richtig mitmachen kann bei den Sachen - man kann nicht so gut rennen, weil man dann immer Atemprobleme bekommt."

Gibt es eine Prävention gegen Allergien?

Deshalb wollen Paula und ihr Vater rausfinden, wogegen die 10-Jährige allergisch ist – und wie sie am besten mit ihrer Allergie zu Recht kommt. Dafür sind sie in die Haunerschen Kinderklinik in München gegangen. "Ich bin jetzt 30 Jahre dabei und sehe, dass diese Kinder immer wieder diese Beschwerden haben und würde mir als Kinderärztin wünschen, dass man etwas für die Prävention tun kann“, sagt Erika von Mutius, Leiterin der Asthma- und Allergieambulanz der Kinderklinik. "Man kann gut behandeln, da hat sich sehr viel getan. Aber so, wie wir als Kinderärzte impfen und gar nicht wollen, dass die Krankheit erst entsteht, so würde ich mir auch vorstellen, dass man eine Prävention machen kann."

Die Natur macht es vor

Genau daran forscht von Mutius: Sie will herausfinden, wo Allergien herkommen und wie man sich vielleicht auch davor wappnen kann. "Die Natur macht es uns vor. Die Bauernkinder machen es uns vor", sagt von Mutius. "Wir wissen, dass es Allergien bei den traditionellen Bauern der Amish People in Amerika nicht gibt. Auf dem Land in China gibt es das auch nicht. Wir wissen: Es kann funktionieren. Die Natur weiß, wie das geht. Aber wir haben es noch nicht ganz verstanden."

Zwei Faktoren: Stall und Rohmilch

Was man bis jetzt aus mehreren Studien weiß: Viele Kinder auf dem Land haben es leichter. "Wir haben gesehen, dass Kinder, die auf dem Bauernhof aufwachsen, weniger Asthma und Allergien haben", so von Mutius. "Der eine Faktor ist der Stall, genauer: der Dreck im Stall. Und der andere Faktor ist die Rohmilch: Wenn Kinder die Milch vom Hof trinken, die nicht behandelt ist, bringt es ihnen Schutz."

Rohmilch für Stadtkinder ist keine Lösung

Der Stall hat also eine Wirkung: Dort gibt es Mikroben, Dreck, Heu, Pollen - alles zusammen in einem Kuhstall. Das trainiert schon früh das Immunsystem. Spannend ist für die Forscher der zweite Faktor, die Milch: Kann Rohmilch vor Allergien bewahren? "Man kann einem Münchner Kindl keine Rohmilch zum Trinken geben, weil die heftige Beschwerden auslösen kann, beispielsweise Infektionen wie EHEC", warnt von Mutius. "Deswegen haben wir versucht, mit einer Molkereigenossenschaft Milch herzustellen, die nur minimal behandelt ist."

Schutzfunktion der Milch soll erhalten bleiben

Leicht erhitzt, um Krankheitserreger abzutöten, aber sonst wie sie aus dem Euter kommt. Denn: Der Schutz der Milch liegt nicht darin, dass sie roh ist, sondern eher in der Struktur, dass Fett und Molke eben nicht künstlich getrennt, hoch erhitzt und dann wieder zusammengefügt werden. Der natürliche Fettgehalt von vier Prozent könnte auch eine Rolle spielen.

Die Ärzte haben eine naturnahe und doch sichere Milch entwickelt. Im Herbst wollen sie in einer Studie Kleinkindern nach dem Abstillen diese Milch zu trinken geben - und dann überprüfen, ob die Kinder, wenn sie älter sind, weniger Allergien entwickeln.

Ergebnisse werden noch auf sich warten lassen

"Wir wollen diesen Weg versuchen, das auch für ein Münchner Kindl fruchtbar zu machen und diesen Schutz vielleicht doch bewirken zu können", erklärt von Mutius. "Wir müssen es einfach ausprobieren. Wir hoffen, es funktioniert."

Fünf, sechs Jahre wird es aber sicher noch dauern, bis die ersten aussagekräftigen Ergebnisse da sind. Wenn es aber funktioniert, könnten in Zukunft Kinder vielleicht besser vor Allergien bewahrt werden – indem sie die richtige Milch trinken.