Arbeiter an einer "Punica"-Abfüllanlage in Brandenburg (Archiv)
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Arbeiter an einer "Punica"-Abfüllanlage in Brandenburg (Archiv)

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Was die Rückkehr von Punica über unsere Markenwelt verrät

Vor einem Jahr waren sie plötzlich weg, die Durstlöscher-Flaschen mit der Aufschrift "Punica". Jetzt will ein neuer Eigentümer unter dem altbekannten Namen neue Fruchtsaftgetränke verkaufen. Ein Marketing-Experte erklärt, was das zu bedeuten hat.

Sie war das bunte Pendant zu den "Fernseh-Bieren": Niedliche Trickfilmaffen hatten das 1977 vom Hersteller Dittmeyer auf den Markt gebrachte "Punica" zu einer der bekanntesten Getränkemarken Deutschlands gemacht. Anfang 2023 verschwand Punica dann kommentarlos von der Bildfläche.

Punica kehrt zurück - längst mit neuem Besitzer

Ein gutes Jahr später wird Punica nun wieder in den Verkauf gehen. Bereits ab April sollen die Fruchtsaftgetränke wieder in deutschen Supermärkten erhältlich sein, bestätigte der Hamburger Getränkevermarkter "Columbus Drinks" auf Anfrage. Zunächst hatte die "Lebensmittel Zeitung" [externer Link, möglicherweise Bezahl-Inhalt] über die Rückkehr der Marke berichtet.

Mit Rolf H. ("Onkel") Dittmeyer hatte Punica – seinen Namen hat sich die bunte Flüssigkeit von der botanischen Bezeichnung für den Granatapfel geliehen – allerdings längst nichts mehr zu tun. 1984 wurde die Marke von Procter & Gamble übernommen, seit 2005 gehörte sie zum US-Getränkekonzern PepsiCo. Der wiederum hatte 2022 die Mehrheit seiner "Saftsparte" einschließlich Punica an den Finanzinvestor "PAI Partners" verkauft.

"Die Zukunft des Safts neu erfinden" – fruchtiger und teurer

Zuletzt hatte das neue Gemeinschaftsunternehmen "Tropicana Brands Group" die strategischen Prioritäten überprüft und die Entscheidung getroffen, Punica vom Markt zu nehmen.

Nun will der Vermarkter Columbus Drinks wieder ein Produkt namens Punica in die Regale stellen, allerdings "höherwertiger und natürlicher", so die Geschäftsführung. Das heißt: Der Fruchtanteil soll steigen – bisher war in den landläufig "Saft" genannten Getränken teils nur gut ein Fünftel wirklicher Saft. Und auch der Preis dürfte nach oben gehen.

Die Markenzeichen einer Marke

Die viel beschworene "Markentreue" der Kunden wird von der Anbieterseite nicht immer erwidert. Wer seit den 80er Jahren Punica-Stammkunde war, kaufte ein Produkt, das immer wieder einen anderen Hersteller hatte – und bald wohl auch einen anderen Inhalt hat. Was zur Frage führt, was das eigentlich ist: eine Marke?

"Eine Marke besteht aus zwei zentralen Elementen", erklärt Karsten Kilian, Professor für Marken- und Medienmanagement an der Technischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt: "Einmal ihre Bekanntheit – Name, Logo, der Werbeauftritt – und zum anderen das Image, also etwa, ob die Marke noch als modern und frisch gilt." Wer das Produkt dahinter fabriziert, geht an der Aufmerksamkeit des Konsumenten oft vorbei. "Oder wussten Sie, dass die Firma Katjes auch hinter Ahoj-Brause und Bübchen-Shampoo steht?" Und "Wagner Pizza" zu Nestlé gehört, Whiskas zu Mars und "Weihenstephaner Joghurt" der Großmolkerei Müller.

Im Fall von Punica geht es nun offenbar darum, die Bekanntheit der Marke zu nutzen und mit einem zukunftsweisenden Image einzukleiden.

Kult oder Schnee von gestern: Das flüchtige Wesen von Marken

Nach Kilians Einschätzung genau zur rechten Zeit – und damit meint der Markenprofessor nicht nur die kommenden durstigen Sommermonate: "Ist eine Marke erstmal einige Jahre verschwunden, wird es schwer, sie jenseits von Nostalgie-Nischen noch erfolgreich weiterzuführen." Die Supermärkte haben die Lücke im Regal dann längst mit anderem gefüllt. Das Gleiche gilt für die Kunden und ihre Einkaufswägen.

Und auch die Marke selbst ist ein flüchtiges Wesen. "Nach fünfjähriger Nicht-Nutzung droht das Erlöschen der Markenrechte", weiß Kilian. "Das dürfte der Hauptgrund dafür sein, dass der Konzern 'Mars Wrigley' seinen Schokoriegel 'Raider' nach der Umbenennung in Twix immer mal wieder als 'Raider Sonderedition' unter die Leute bringt."

Wie die Wiederauferstehung einer Marke gelingen kann

Dass die Wiederkehr von Punica eine Erfolgsgeschichte wird, ist für Kilian noch nicht ausgemacht. Zwar gibt es immer wieder "Kult"-Marken, die auf dem Markt lange keine ganz große Rolle mehr gespielt haben oder gar, so Kilian, "im Wachkoma lagen", um dann doch wieder zu reüssieren - von Birkenstock über Casio-Uhren bis zum Knack&Back-Brötchen. Doch dafür gibt es klare Voraussetzungen. "Beim Ehrenberg-Bass-Institut im australischen Adelaide, wo sie lange dazu geforscht haben, spricht man von 'Mental und Physical Availability' - also mentaler und realer Verfügbarkeit".

Erstere, die mentale Verfügbarkeit, erklärt Kilian so: "Ihre Frau schreibt 'Saft' auf den Einkaufszettel, und Sie greifen spontan zu Punica. Oder noch besser: Ihre Frau schreibt gleich 'Punica' auf". Die zweite Bedingung, die reale Verfügbarkeit: Punica findet wieder einen Platz im Supermarktregal. Um diese Plätze aber wird derzeit heftig wie selten gestritten.

Machtkampf im Supermarktregal

In Deutschland machen vier Händler – Aldi (Nord und Süd), Lidl (mit Kaufland), Edeka (mit Netto) und Rewe (mit Penny) – 80 Prozent des Umsatzes auf dem Lebensmittelsektor und können daher oft den Preis und ihre Gewinnmargen bestimmen. "Die Hersteller wollen das aber auch", sagt Kilian. So kommt es, dass Marken wie Kellogg's Cornflakes und Mirácoli bisweilen im Angebot fehlen. Mal werfen die Händler die Produkte aus den Regalen, über deren Preise gestritten wird, mal liefern die Hersteller einfach nicht mehr, manchmal wird sogar vor Gericht gestritten.

Für die Hersteller kommt es dann darauf an, ob sie sich das leisten können. "Kellogg's ist sehr international und hat 130 Produkte im Angebot, die spüren es nach einer Auswertung des 'Handelsblatts' kaum im Umsatz, wenn sie ausgelistet werden. Haribo eröffnet erfolgreich eigene Läden, wie vorher die Sportartikelhersteller. Ein mittelständischer Betrieb wie 'Schamel Meerrettich' kann das nicht so leicht", sagt Kilian.

Für Punica und seine Wasser-Frucht-Süßstoff-Mischungen wird es nun darum gehen, ob die Händler den verlorenen Saft wieder aufnehmen, ob die Käufer die alte Marke mit neuem Geschmack noch haben wollen und ob sie bereit sind, einen höheren Preis zu schlucken.

Dieser Artikel ist erstmals am 27.03.2024 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

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