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Rund um die Uhr Einkaufen

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Was bringen längere Öffnungszeiten?

Was bringen längere Öffnungszeiten?

Ladenschlusszeiten – ein Thema, das auf der Facebookseite von BR24 hitzig diskutiert wurde. Ein Argument: längere Öffnungszeiten führen zu höheren Umsätzen und mehr Arbeitsplätzen. Ein Blick nach Ulm zeigt: Das stimmt nicht. Von Christian Orth

Von
Gerlinde Baun

Einkaufen können, wann man will – und das im Lieblingsladen um die Ecke. Für einige BR24-User und Parteien in Bayern eine Wunschvorstellung, im Nachbarbundesland Baden-Württemberg seit zehn Jahren Realität – zumindest in der Theorie. Denn seit 2007 gibt’s im Ländle an Werktagen keine Ladenschlussbeschränkung mehr. Das heißt: Prinzipiell darf ein Laden 24 Stunden am Tag geöffnet haben.

Nur wenige Geschäfte in Ulm haben länger geöffnet

Für Neu-Ulmer ist das eine praktische Sache, schließlich müssen sie nur über die Brücke nach Ulm gehen, um auch nach 20 Uhr shoppen zu können. Allerdings ist das Angebot dort überschaubar:

"Einige wenige Supermärkte haben bis 24 Uhr geöffnet, ein paar kleine Läden haben ebenfalls länger auf, das Gros der Innenstadtgeschäfte schließt aber - wie vorher auch - um 20 Uhr." Marlies Gildehaus, Stadt Ulm

Einer dieser Supermärkte in Ulm ist Rewe. Die längeren Öffnungszeiten freuen den Stellvertretenden Filialleiter, Kay Mayer. In seiner Filiale hat er bisher nur positive Erfahrungen damit gemacht:

"Die Kunden sind viel entspannter, weil sie an der Kasse dran kommen, weil man als Mitarbeiter mehr helfen kann. Ich bin der Meinung, dass sie auch mehr einkaufen." Kay Mayer, Filialleiter Rewe Ulm

Öffnungszeiten beeinflussen Umsatz nicht

Längere Öffnungszeiten führen zu mehr Umsatz: Dieses Argument hört man in der Diskussion um den Ladenschluss häufig. Belegen lässt sich die Behauptung allerdings nicht, sagt Josef Röll von der IHK Ulm.

"Niemand wird mehr essen, mehr anziehen oder sich noch stärker seinen Hobbies widmen, weil er länger Zeit zum Einkaufen hat. Der Umsatz wird nicht steigen, das Kundenverhalten wird sich ändern." Josef Röll, IHK Ulm

Die Erfahrung der IHK-Ulm zeigt: Am vollsten ist es in den Geschäften an Werktagen auch heute weiterhin in der Feierabendzeit gegen 18 Uhr. Aber an den Wochenenden werden in Kaufhäusern und Supermärkten auch nach 20 Uhr noch viele Einkaufswägen durch die Gänge geschoben. Günstig sind die Öffnungszeiten besonders für bestimmte Berufsgruppen und Single-Haushalte, findet Josef Röll von der IHK-Ulm. Grundsätzlich sei es aber eine Frage der Gewohnheit.

"Wenn morgen wieder um 20 Uhr zu wäre, fände ich es schade, aber leiden würde ich nicht." Josef Röll, IHK-Ulm

Ohnehin gibt es nicht alle Produkte bis zum Ladenschluss, denn ab 22 Uhr darf in Baden-Württemberg kein Alkohol mehr verkauft werden.

Nach Angaben des Statistischen Landesamts Baden-Württemberg arbeiten heute mehr Menschen im Einzelhandel als im Jahr vor der Liberalisierung der Öffnungszeiten. 2006 waren es noch 430.000 Beschäftigte, 2015 schon über 630.000. Diese Steigerung sei aber nicht auf die längeren Öffnungszeiten zurückführen, sondern hätte vielseitige Ursachen, sagt der Ulmer IHK-Sprecher.

Gewerkschaften warnen vor Liberalisierung

Längere Öffnungszeiten = mehr Arbeitsplätze, das stimmt also nicht. Ver.di Bayern warnt sogar vor einer Liberalisierung in Bayern:

"Die Erfahrungen aus den anderen Bundesländern zeigen: Die Wirkung längerer Öffnungszeiten ist katastrophal. Das wirkt sich zum Beispiel negativ auf die Gesundheit der Beschäftigten aus. Auch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie verschlechtert sich." Hubert Thiermayer, Ver.di Bayern

Dieser Befund ergibt sich laut Thiermayer aus vielen Einzelgesprächen in anderen Bundesländern. Eine Studie, die sie zusammenträgt, gibt es allerdings nicht. Einkaufen bis weit nach 20 Uhr, das nütze seiner Meinung nach vor allem großen Unternehmen.

"Je länger den Ketten und Konzernen erlaubt wird, zu öffnen, desto mehr greifen sie den kleineren und mittelständischen Betrieben den Umsatz ab." Hubert Thiermayer, Ver.di Bayern

Weniger Umsatz wird in Neu-Ulm aufgrund der längeren Öffnungszeiten in Geschäften auf der anderen Seite der Donau allerdings nicht gemacht. Und die meisten Neu-Ulmer kommen mit dem bayerischen Ladenschluss-Gesetz offensichtlich heute auch gut zurecht, meint Ina-Katharina Barthold vom Verein "Wir in Neu-Ulm" und IHK-Sprecher Röll ergänzt:

"Also es gibt nach 20 Uhr keine Karawane von Neu-Ulm nach Ulm. Die habe ich noch nicht gesehen." Josef Röll, IHK Ulm

Die Diskussion war wieder in Gang gekommen, weil der 24. Dezember in diesem Jahr auf einen Sonntag fällt. Bestimmte Geschäfte können aber trotzdem öffnen, sie müssen aber nicht. 82 Prozent der BR24-Leser sprachen sich in einer Online-Frage dagegen aus.