Ein Sparkassenlogo hängt an der Fassade einer Berliner Sparkassen-Filiale.
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Nicht erste Wahl wenn es um Sparzinsen geht: Verbraucherschützer raten von Sparkassen ab.

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Von wegen Gemeinwohl: Sparkassen zahlen oft keine Zinsen

Ausgerechnet dort, wo man sich dem Gemeinwohl verpflichtet hat, gibt es wenig bis keine Zinsen aufs Tagesgeld: bei den Sparkassen. Anderswo können Sparer bis zu fünfmal so hohe Zinsen bekommen. Ein Wechsel lohnt sich.

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Imposant und mächtig wirkt der Löwe vor den Toren der Münchner Stadtsparkasse. Weniger imposant ist der Zinssatz, den Sparkassenkunden hier auf ihr Tagesgeld bekommen: Gerade einmal ein Prozent (Stand 3.4.2024). Und das ist sogar noch gut – denn im Schnitt zahlen Sparkassen Ihren Kunden nur 0,63 Prozent. Gut ein Fünftel der Sparkassen zahlen ihren Kunden sogar gar keine oder Minizinsen von maximal einem Viertelprozent aufs Tagesgeld. Dabei sind - seitdem die Europäische Zentralbank ihre Null- und Negativzins-Politik beendet hat - fast überall die Zinsen nach oben geklettert.

Drei- bis fünfmal so viel bei anderen Banken

Laut einer Auswertung des Vergleichsportals Verivox liegt der bundesweite Durchschnitt aktuell bei 1,76 Prozent beim Tagesgeld. Top-Anbieter zahlen Sparern sogar einen Zinssatz von im Schnitt 3,4 Prozent. Bedeutet unterm Strich:

- Bundesweit aktive Banken zahlen im Schnitt fast dreimal so hohe Zinsen wie die örtlichen Sparkassen.

- Deutsche Top-Anbieter bieten Sparern mit einem Zinssatz von aktuell 3,4 Prozent mehr als fünfmal höhere Erträge.

Sparkassenzinsen "schwer nachzuvollziehen"

Auch beim durchschnittlichen Festgeld auf 24 Monate schneiden die Sparkassen laut Verivox schlechter ab als andere Banken mit 2,21 Prozent im Vergleich zum Bankenschnitt von 2,89 Prozent. Wer also beispielsweise 10.000 Euro zu diesen Konditionen anlegt, streicht insgesamt 136 Euro weniger Zinsen ein als bei einer zweijährigen Festgeldanlage zum Durchschnittszins der bundesweit aktiven Banken.

Oliver Maier, Geschäftsführer der Verivox Finanzvergleich GmbH kritisiert, dass bei der großen Mehrheit der Sparkassen trotz der aktuellen historischen Hochzinsphase "nicht einmal ein Prozent drin sind". Aus Sicht der Sparer sei das "schwer nachzuvollziehen", zumal die Banken selbst vier Prozent einstreichen würden, "wenn sie Spargelder ihrer Kunden bei der Notenbank parken", so Maier weiter.

Sparkassen: Wertpapiere statt Tagesgeld

Dabei sollten doch gerade die Sparkassen als Öffentliche Banken auf das Gemeinwohl konzentriert sein und sowohl den Aufbau von Sparvermögen und eine Altersvorsorge ermöglichen. Auf Anfrage des BR sieht der Sparkassenverband Bayern jedoch keinen Widerspruch zum Auftrag der Gemeinwohlorientierung.

Kunden sollten "verfügbare Geldbeträge zum Vermögensaufbau nicht in Tagesgeld, sondern besser kurz-, mittel- bis langfristig in höher verzinsten Festgeldern beziehungsweise in Wertpapieren oder beim Wertpapiersparen" anlegen. So könne sich die Kundschaft "Zinssätze zum Beispiel für drei, fünf oder zehn Jahre sichern, "die inzwischen so nicht mehr erreichbar sind, oder vom Aufschwung der Aktienmärkte profitieren". Der passende Anlagemix sei damit der Vergleichswert.

Verbraucherzentrale kritisiert Sparkassen

Bei der Verbraucherzentrale Bayern erhält die Sparkasse mit dieser Empfehlung allerdings wenig Zuspruch. Zwar sei die längerfristige Anlage in sogenannte ETFs eine gute Wahl. ETFs sind börsengehandelte Fonds, die nicht aktiv gemanagt, sondern passiv einen Index abbilden und daher transparent und günstig sind. Tages- und Festgeld seien aber nach wie vor wichtig, um Ausfälle des Risikoteils abzufedern, so Sascha Straub, Finanzexperte bei der Verbraucherzentrale. Er sieht daher schon ein Problem darin, wenn Tages- und Festgeld zu unattraktiven Konditionen angeboten werden, "gleichzeitig aber der Verkauf von Zertifikaten bei den Sparkassen steigt – also auch risikoreichere und teurere Produkte". Dann stelle sich schon die Frage, "wie der Auftrag des Förderns des Sparens und der Vermögensbildung in der breiten Bevölkerung durch die Sparkassen so umgesetzt werden kann".

Der hohe Zertifikate-Verkauf der Sparkassen steht schon länger in der Kritik. Der Vorwurf dabei ist, dass damit Rekordgewinne erzielt würden und gleichzeitig an den Zinsen gespart werde.

Vielen Kunden fehlt das "Know-how"

Dem eigentlichen Auftrag würden die Sparkassen damit schlechter nachkommen, so Straub: "Die Sparkassen tragen nicht das zur Vermögensbildung bei, was man erwarten würde, indem sie teurere und risikoreiche Zertifikate an Privatkunden verkaufen." Viele Sparkassenkunden hätten nicht das Know-how, das man für solche Produkte benötigen würde.

Und noch einen Vorwurf müssen sich die Sparkassen von der Verbraucherzentale gefallen lassen: "Sie sind schlechter erreichbar, weil sie nicht mehr in der Fläche vertreten sind und Filialen schließen."

Wechsel kann sich lohnen

Das Vergleichsportal Verivox empfiehlt Kunden, nicht auf bessere Zinsen bei den Sparkassen zu warten. In der Breite des Marktes sei der Zinsanstieg beim Tagesgeld bereits nahezu zum Stillstand gekommen, weil vor dem Hintergrund der gesunkenen Inflation die Zinswende erwartet wird. Die Notenbanker dürften spätestens im Sommer die Leitzinsen senken. In ihren Festgeldkonditionen würden die Banken das bereits einpreisen.

Bei fast allen Top-Anbietern im Markt sei es möglich, ausschließlich ein Tagesgeldkonto zu eröffnen. Oliver Maier hält das auch für besonders einfach: "Sparer können sich also hohe Zinsen sichern, ohne gleich komplett zu einer anderen Bank zu wechseln." Eine zusätzliche Bankverbindung kann sich daher lohnen – denn auch Fest- und Tagesgeld ist wesentlicher Bestandteil einer gut gestreuten Geldanlage.

Dieser Artikel ist erstmals am 04.04.2024 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

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