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Draghi eröffnet Lindauer Nobelpreisträgertagung

In Lindau sind heute 17 Wirtschaftsnobelpreisträger und 360 junge Wissenschaftler zusammengekommen, um miteinander zu debattieren und sich auszutauschen. Als Eröffnungsredner kam Mario Draghi, Chef der Europäischen Zentralbank. Von Christine Bergmann

Über dieses Thema berichtet: Wirtschaft kompakt am .

Begeisterung klingt anders. "War ganz nett", sagte einer der jungen Wissenschaftler nach der Rede des EZB-Präsidenten. Der hatte - natürlich - keine Sensationen im Gepäck. Dafür eine lange Abhandlung der Geschichte der Geldpolitik - vor und nach der Finanzkrise. Grundsätzlich hält Draghi sehr viel von der Arbeit der Wissenschaftler. An die Nobelpreisträger gerichtet nannte er sie die Baumeister einer Wissenschaft, die führend in der Politik sei. Ihre Entdeckungen hätten Einfluss darauf, wie wir denken, wie wir Politik machen und wie der Wohlstand von Millionen Menschen gesteuert wird.


Doch so nett blieb er nicht. Die Finanzkrise habe die Welt verändert und die Wissenschaft hatte bis dahin noch nicht die richtigen Rezepte, hätten viele Risiken nicht gesehen. Vor allem nicht die Gefahr, die von den Banken ausgeht. In den volkswirtschaftlichen Modellen sei die Rolle der Banken und Finanzmärkte einfach nicht vorgekommen. Und auch die Finanzwissenschaftler, die Banken und Finanzmärkte intensiver studieren, hätten mit Gleichgewichtsmodellen gearbeitet und hätten kaum Interesse daran gezeigt wie das Finanzsystem mit der gesamten Wirtschaft zusammenspiele.

Zentralbanken nicht machtlos


Das hat sich mit der Finanzkrise schlagartig geändert. Seitdem - das gibt auch Draghi zu - hat die Wissenschaft wichtige Hinweise für die praktische Geldpolitik geliefert. Sie habe bestätigt dass Zentralbanken nicht machtlos sind, auch wenn die Zinssätze schon am unteren Ende liegen. Wenn sie bereit sind ungewöhnliche Maßnahmen zu ergreifen, dann könnten sie auch unter widrigsten Umständen ihr Ziel der Preisstabilität weiter verfolgen. Damit rechtfertigte er natürlich vor allem auch seine eigene Politik. Ganz offen gestand er am Ende seiner Rede aber auch ein, dass man nicht alles wissen und vorhersehen könne. In den letzten zehn Jahren haben die Geldpolitik und die neuen Regulierungen das Finanzsystem widerstandsfähiger gemacht, aber man müsse sich ständig auf neue Herausforderungen einstellen - sprich, die nächste Krise kommt bestimmt.