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Kommission prüft: Steigt nun der Mindestlohn?

8,84 Euro die Stunde - das steht Arbeitnehmern seit 2015 in Deutschland zu. Alle zwei Jahre muss der Mindestlohn von einer Kommission neu berechnet werden. Das Ergebnis der Beratungsgespräche wird heute erwartet. Von Birgit Harprath

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Seit 2015 gilt auch in Deutschland das, was die meisten europäischen Länder schon länger haben: Ein gesetzlicher Mindestlohn. An den müssen sich alle Firmen halten. Zur Zeit liegt er bei 8,84 Euro. Doch laut Gesetz muss er alle zwei Jahre neu berechnet werden. Zuständig dafür ist eine eigene Mindestlohnkommission. Das Ergebnis der Beratungen soll am heutigen Dienstag verkündet werden.

Regierung darf Höhe nicht festlegen

Viele Tarifrunden folgen dem selben Muster: Zunächst gibt es eine Forderung der Gewerkschaften, danach ein Angebot der Arbeitgeber und dann einen Warnstreik, wenn sich am Verhandlungstisch nichts tut. Beim Mindestlohn läuft es jedoch etwas anders ab. Die Regierung darf nicht einfach einen Wert bestimmen und verkünden. Laut Grundgesetz muss sie sich aus dem Tarifgeschäft von Gewerkschaften und Arbeitgebern heraushalten. Darum wurde im Gesetz ein anderer Weg festgelegt: Die Höhe des Mindestlohns kann auf Vorschlag einer ständigen Kommission der Tarifpartner durch Rechtsverordnung der Bundesregierung geändert werden.

Mindestlohn müsste um 35 Cent steigen

Diese Mindestlohnkommission tagt seit Montagabend. Je drei Vertreter von Gewerkschaften und Arbeitgebern sowie ein Vorsitzender müssen sich auf eine neue Lohnhöhe einigen - beraten werden sie von zwei unabhängigen Experten. Die Kommission hat sich selbst einen Rahmen gesetzt: Sie soll sich an der allgemeinen Lohnentwicklung in den vergangenen zwei Jahren, also 2016 und 2017, orientieren. So berechnet müsste der Mindestlohn um 35 Cent auf 9,19 Euro steigen.

Peter Clever vom Bundesverband der deutschen Arbeitgeberverbände hält diese Regelung für sinnvoll: "Es hat überhaupt keinen Zweck, den Mindestlohn, der ja über alle Branchen hinweg überall immer gleich sein wird, irgendwelchen politischen Sonderkriterien zu unterwerfen."

Gewerkschaften fordern deutliches Plus

Und was ist mit den Abschlüssen, die in diesem Jahr schon erreicht wurden, zum Beispiel in der Metallbranche, auf dem Bau und im öffentlichen Dienst? Annelie Buntenbach, DGB-Vize, plädiert für ein deutlicheres Plus: "Unser Vorschlag ist, dass der Mindestlohn über 9,30 Euro ansteigen sollte."

Einige Gewerkschaften fordern sogar weitaus mehr. Mindestens zehn oder sogar zwölf Euro in der Stunde werden genannt. Und sie verweisen darauf, dass trotz Mindestlohn viele Beschäftigte nach wie auf Hartz IV angewiesen sind, weil ihr Existenzminimum nicht garantiert ist. Trotzdem ist Vorsicht geboten: "Wenn eine rote Linie in der Höhe des Mindestlohns überschritten wird, dann müssen wir einfach auch verstärkt mit negativen Effekten für die Beschäftigung rechnen", sagt Joachim Möller, Chef des IAB, der Forschungseinrichtung der Bundesagentur für Arbeit.

Bewährungsprobe für den Mindestlohn kommt

Genau die hatten Wirtschaftsforscher und Unternehmen vorausgesagt, als der Mindestlohn von 8,50 Euro vor dreieinhalb Jahren eingeführt wurde. Es kam bekanntlich anders. Peter Clever von den Arbeitgeberverbänden rät, jetzt nicht wieder in heftige Diskussionen um das Für und Wider eines Mindestlohnes einzusteigen. Der sei nun einfach Realität. Aber: "Die richtige Bewährungsprobe kommt, wenn sich die Wirtschaftslage eintrübt und Unternehmen sich von Arbeitskräften trennen müssen und dann werden wir es noch einmal sehen", so Clever.

Den Gewerkschaften kommt es auf noch etwas anderes an: Die ​These von "Besser ein schlecht bezahlter als gar kein Job" kann DGB-Vize Annelie Buntenbach nicht teilen: "Unser Interesse ist, dass der Mindestlohn über alle Branchen hinweg sicherstellt, dass der Druck nach unten am Arbeitsmarkt abgefangen wird und zwar in einer Höhe, die den Menschen auf wirklich eine Beteiligung am gesellschaftlichen Leben ermöglicht."

Welche Höhe das aus ihrer Sicht ist, wird die Kommission für den Mindestlohn am heutigen Dienstagmittag verraten. Die Regierung muss dies dann noch per Verordnung festschreiben.