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Ob mit Benzin, Diesel oder als Plug-in: Hybride Antriebe werden weiter nachgefragt

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Zukunft des Autos: Comeback der hybridangetriebenen Pkw?

Seit Januar 2023 müssen sich Pkw-Käufer auf sinkende Förderung bei E-Autos einstellen. Hybridgetriebene Pkw waren zuerst betroffen. Doch tot ist die Antriebsart noch lange nicht. Weder Kunden noch Hersteller verlieren bis auf Weiteres das Interesse.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Lange Zeit schien das vollelektrisch angetriebene Fahrzeug ("BEV") "alternativlos" für alle, die auch nach 2035 noch Auto fahren möchten. Politik und Industrie in Europa setzten scheinbar eindeutige Zeichen dafür mit entsprechender Kommunikation, Milliarden-Investitionen und eindeutig klingender Regulierung. Doch diese Weichenstellungen haben den Realitätscheck offensichtlich nicht bestanden.

Wesentliche Gründe: Zu wenig Tempo beim Ausbau von Netzen und Ladesäulen, zu hohe Preise für Stromer im Vergleich zu Verbrennern, kein funktionierender Gebrauchtwagenmarkt für E-Autos, neuerdings sogar studienunterlegte Zweifel an deren Ökobilanz (externer Link).

Kunden, Hersteller und Politik in Europa schauen auf 2026

Kein Wunder, dass die Kunden Kaufzurückhaltung üben und die Politik mittlerweile reagiert hat. So hat die amtierende EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen einen "konstruktiven Dialog" zum Verbrenner-Aus und eine "Balance mit klimapolitischen Zielen" gefordert und verweist auf eine "sehr wichtige" technologieoffene Überprüfung des Verbrenner-Verbots, die 2026 vorgesehen ist. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hatte sich zuvor bereits in Brüssel dafür eingesetzt und auch die konservative EVP-Fraktion geht damit in den Europawahlkampf.

Damit nicht genug, senden nun auch die großen Automärkte China und USA Signale des Umdenkens. US-Präsident Joe Biden will die Transformation zur E-Mobilität aufschieben und den US-Autobauern deutlich mehr Zeit für striktere Abgasgrenzwerte einräumen. Und selbst die Chinesen, lange als Treiber der Elektromobilität wahrgenommen, lassen Verbrenner bis 2060 zu und setzen auf Weiterentwicklung mit alternativen Kraftstoffen. Unbeantwortet bleibt dabei jedoch, was Millionen Kunden vermutlich am meisten interessiert: E-Mobilität ja oder nein oder teilweise und wenn, dann ab wann mit welchen Preisen?

Die Kundschaft hat sich mittlerweile selber eine Antwort gegeben, die in dieser Unübersichtlichkeit durchaus rational erscheint. Sie lautet: Hybridantriebe kaufen.

Hybrid: Auf einmal Zukunftstechnologie statt Zwischenlösung?

Das Grundprinzip von Hybriden: Sie verfügen über zwei kombinierte Motoren, einen konventionellen und einen elektrischen. Dadurch können sie sowohl auf kurzen Strecken rein elektrisch als auch mit dem Verbrennungsmotor auf längeren Distanzen fahren. Aus Kundensicht bedeutet das: Keine Reichweitenangst wie bei reinen E-Mobilen, kein Stau an der Ladestation oder vergebliche Suche danach, aber dennoch die Vorteile der E-Mobilität genießen können.

Unter Ingenieuren galten Hybridantriebe lange als fauler Kompromiss. Doch mittlerweile sagen international renommierte Motorenforscher wie etwa Prof. Thomas Koch vom KIT Karlsruhe dem Hybrid eine positive Zukunft voraus. Das liegt nicht zuletzt an der technischen Weiterentwicklung dieser Antriebsart. Bereits heute ist ja fast jedes Neufahrzeug ein sogenannter Mild-Hybrid mit einem kleinen Elektro-Hilfsmotor, der beim Starten und Anfahren den Verbrenner unterstützt.

Doch längst tut sich beim so wichtigen Wirkungsgrad Entscheidendes. Unmöglich zu ignorieren für die staunende Fachwelt: Renault schafft mit der neuen E-Tech-Antriebsart nach eigenen Angaben bereits 41 Prozent. Dieser Wirkungsgrad liegt zwar noch erheblich unter BEVs, aber über herkömmlichen Ottomotoren und fast bei Diesel-Niveau.

Beispiel Nissan e-power

Bislang war der Verbrenner das Herzstück und der Elektromotor die helfende Ergänzung. Bei den neu entwickelten Hybriden ist es genau umgekehrt. Dabei ist der Verbrenner nicht zum Generator für den E-Antrieb degradiert, sondern Fahrzeuge wie der Renault Austral kombinieren fünf Zustände von Verbrenner und E-Motor unter einer Motorhaube, je nach Fahrsituation alleine, parallel oder abgestimmt leistungsverzweigt arbeitend.

Der japanische Hersteller Nissan nennt diesen Technologiesprung "e-power". Das Prinzip: Die Räder werden stets durch den sofort und linear ansprechenden Elektromotor angetrieben. Darin unterscheidet sich dieses Antriebssystem von herkömmlichen Hybridfahrzeugen, bei denen die Kraft teilweise vom Verbrenner kommt – mit entsprechenden Nachteilen für das Fahrverhalten.

Gleichzeitig kommt das Fahrzeug ohne Stromkabel aus, sondern fährt weiterhin zur Tankstelle. Trotzdem funktioniert der Antrieb zu 100 Prozent elektrisch. Nissan glaubt damit den Forderungen der elektro-fokussierten EU auf dem Weg zur reinen E-Mobilität nachkommen zu können. Mehr noch: Mit 30 neuen Modellen wollen die Japaner ab 2026 auf den Weltmarkt in die Offensive. Weltweit werden 16 "elektrifizierte" und 14 "konventionell" angetriebene Modelle eingeführt, meldete das Unternehmen vergangenen Mittwoch.

Hybrid wird dabei sicher eine bedeutende Rolle spielen, denn der e-power-Antrieb wird in der dritten Generation weiterentwickelt und verbrennerfokussierte außereuropäische Märkte sollen an die Elektrifizierung herangeführt werden. Selbst für Europa strebt die Marke zwar einen vollelektrischen Marktanteil von 40 Prozent an, immerhin noch 35 Prozent stehen jedoch als "elektrifiziert", also hybrid, im Absatzplan.

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Voll elektrisch, aber mit Benzin: Das epower-Konzept von Nissan

Hersteller lassen sich weit mehr als eine Hintertür offen

Besonders die asiatischen Hersteller haben sich zur Weiterentwicklung von Hybrid bekannt. Neben Toyota, Mazda, Honda, Mitsubishi und dem chinesischen BYD-Konzern sind aber auch einige deutsche Hersteller noch nicht ausgestiegen. Für die zum Volkswagenkonzern gehörende Marke SEAT/Cupra antwortete eine Unternehmenssprecherin auf BR24-Anfrage: "Aus unserer Sicht ist Hybrid nicht tot. Wir entwickeln die nächste Generation mit einer deutlich höheren Reichweite. Und wir sind für Regionen, wo es noch keine ausreichende Ladeinfrastruktur gibt, ein absoluter Verfechter von Hybrid."

Aufhorchen lässt auch der verkündete Sinneswandel von Mercedes-Chef Källenius, der kürzlich das Verbrenner-Aus wieder infrage stellte. Ähnlich hat sich Porsche-Chef Blume geäußert und bei BMW fährt man ohnehin erklärtermaßen zweigleisig. Selbst der selbsternannte "Electric-only"-Konzernverbund Stellantis (u. a. Opel) hat für außereuropäische Märkte die Entwicklung von "Hybrid-Flex"-Motoren angekündigt, die synthetische Kraftstoffe ("E-Fuels") mit Batteriebetrieb kombinieren sollen.

Kundschaft stärker an Hybriden interessiert als an reinen E-Autos

Offensichtlich rechnen einige Hersteller mit Kunden, die in dieser unsicheren Wendezeit nicht ganz auf den Verbrenner verzichten und gleichzeitig die Vorteile der E-Mobilität genießen wollen. Das zeigt auch eine aktuelle Konsumentenbefragung der Unternehmensberatung Deloitte. Demnach ist das Interesse an Hybridautos (27 Prozent) größer als an Stromern (16 Prozent).

Auch die amtliche Statistik bestätigt diesen Trend: Laut Kraftfahrtbundesamt wurden im Januar 2024 mehr als doppelt so viele Hybride (ohne Plug-Ins) zugelassen als rein elektrische Pkw. Zum 1. Januar 2024 gab es rund 1,4 Millionen reine Stromer im Bund, aber rund zwei Millionen Hybride (ohne PlugIns) im Bestand.

Ein Grund dafür: Die Preise, bei denen Hybridfahrzeuge oft erheblich günstiger abschneiden, als ihre baugleichen vollelektrischen Zwillinge. So kostet ein elektrischer Renault Zoe, kleinste Variante, über 36.000 Euro, der neu entwickelte Hybrid Renault Clio e-Tech rund 27.000 Euro.

Fazit: Hybrid-Konzepte begleiten den langen Weg zur E-Mobilität

Hybrid ist nicht tot. Ob er stirbt oder lebt, hängt ab vom Kurs der Regulierung, vom Fortschritt der technischen Entwicklung und vor allem von Preis und Angebot bei Elektrofahrzeugen und dazu nötiger Infrastruktur. Dabei wird es wahrscheinlich global unterschiedliche Szenarien geben.

Aus Kundensicht fasst Alexander Bloch, Ingenieur und Chefreporter von "auto-motor-sport", den Ist-Zustand so zusammen: "Warum Schwarz-Weiß-Denken? Hybridantriebe verbinden beide Welten und sorgen auch dafür, dass weniger Sprit verbraucht und deshalb weniger CO₂ ausgestoßen wird."

Dieser Artikel ist erstmals am 31.03.2024 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

Im Audio: VDI-Ökobilanz-Studie - Wie wird Autofahren klimafreundlich?

Ein Symbol markiert Ladeplätze an Schnellladesäulen für Elektroautos
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Ein Symbol markiert Ladeplätze an Schnellladesäulen für Elektroautos (Symbolbild)

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