Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

Neues Familienmitglied von Amazon: "Alexa - aus!"

Amazon Alexa, der sprachgesteuerte Computer, soll den Alltag leichter machen: Radiosender auswählen, Klopapier nachbestellen, alles auf Zuruf. Im Familienalltag hat das seine Tücken. Von Simon Emmerlich

Bei Familie Wienkoop aus Tutzing am Starnberger See ist die freundliche Stimme aus dem Lautsprecher schon völlig normal. Seit einem halben Jahr hilft die freundliche Assistentin, wo sie kann: Man kann ihr mündlich Aufträge geben. Dann spielt sie die Lieblingsmusik aus der Playlist, sagt einem den schnellsten Weg zur Arbeit oder wie das Wetter wird.

Auf wen Alexa hört - und wann sie das nicht tut

Auch die beiden 5 und 8 Jahre alten Töchter wissen schon ganz genau, wie die Computerstimme ihre Wünsche erfüllt. Und das birgt Konfliktpotenzial.

Sophie: Alexa, spiel Waka Waka. -

Papa: Alexa, stopp!

Sophie: Papa!!!!!!!!!!!!!!!

Mit der Sprachassistentin im Zimmer hat sozusagen jeder eine Fernbedienung, die eigene Stimme. Und dann kann es auch mal laut werden.

Alexa, Lautstärke 10!

Sehr laut könnte das werden. Zum Glück hat Alexa das überhört. Denn perfekt ausgereift ist das System noch nicht. Vor allem Dialektsprecher scheint Alexa zu diskriminieren:

"Das ist manchmal ein bisschen schwierig, ich komme aus Österreich, und dann ist mein Slang ein bisschen anders und dann versteht sie mich ganz schlecht, wohingegen sie meinen Mann etwas besser versteht. Mich ärgert sie manchmal, und dann sage ich halt auch, ach, dann google ich halt selber wieder im Internet." Renate Wienkoop

Ein Lautsprecher wird zum Familienmitglied

Tatsächlich wird laut einer Studie des Rheingold-Instituts Alexa von vielen ihrer Besitzer so wahrgenommen. Bei den Befragten fühlten sich etwa Singles weniger allein und manche Paare berichteten sogar von Eifersucht auf die Computerstimme, die keine Widerworte gibt. Der Regisseur Spike Jonze hat in seinem Film "Her" mit Joaquin Phoenix schon einmal durchgespielt, was in nicht allzu ferner Zukunft passieren könnte. Ein einsamer Großstädter verliebt sich da in seine Sprachassistentin Samantha.

Noch ist die Lernfähigkeit der Systeme begrenzt. Aber in Zukunft könnten sich die Sprachassistenten immer besser auf ihre Besitzer einstellen. Ihre Vorlieben und Launen erkennen und entsprechend darauf reagieren. Auch bei den Wienkoops ist der Umgang mit Alexa durchaus emotional:

"Es kommt darauf an, wenn sie mich nervt, dann stelle ich sie mir schon manchmal menschlich vor, dann beschimpfe ich sie auch, aber so in der Regel, denke ich schon mehr an ein Gerät als an einen Menschen." Alain Wienkoop

Alexa als Spionin und Shopping Queen

Zu Überraschungen kann es auch bei der Bestellfunktion von Alexa kommen. In den USA berichtete ein Moderator über

" I love that Child. Alexa! Order me a dollhouse!"

Prompt bestellten zuhörende Geräte vor dem Fernseher ihrerseits ein Puppenhaus. Selbstverständlich über Amazon. Denn das ist das Hauptinteresse des Versandriesen. Alexa soll dafür sorgen, dass ihre Besitzer mehr und natürlich nur bei Amazon bestellen oder zusätzliche Abos wie Amazon-Prime abschließen. Problematisch ist auch der Datenschutz. Für frühere Stasi-Mitarbeiter wäre es wohl wie Weihnachten und Ostern gewesen, wenn die Bürger sich freiwillig ein Abhörgerät ins Wohnzimmer gestellt hätten:

"Wenn man dann drüber nachdenkt, dann ist das schon ein bisschen komisch, denn sie muss ja allem zuhören, was gesagt wird, um auch ihre Befehle nicht zu verpassen und insofern wird alles irgendwo zumindest kurz auf einem Server zwischengespeichert." Alain Wienkoop

Freunde der Familie bestehen beim Besuch inzwischen darauf, dass Alexa ausgeschaltet wird. Bei Neubesitzern kann ein dezenter Hinweis an die Weihnachtsgäste also nicht schaden, dass ein digitaler Sprachassistent im Raum ist. Auch stummgeschaltet bleibt Alexa mit dem Internet und Amazon verbunden. Wenn man also wirklich unbeobachtet sein möchte hilft eigentlich nur - Strom abschalten!