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EU verhängt gegen Google neue Milliarden-Strafe

Es ist die höchste Strafe, die bislang von der EU gegen ein Unternehmen verhängt worden ist. Google soll 4,3 Milliarden Euro bezahlen, unter anderem weil es seine Marktmacht bei Android missbraucht hat. Von Christian Sachsinger

Die Kritik von EU-Kommissarin Margrethe Vestager an Google lautet: Missbrauch von Marktmacht. Konkret geht es um drei Punkte. Erstens: Google soll die Smartphone-Hersteller dazu verpflichtet haben, die Google-Suche und den Browser Chrome aufzuspielen. Zweitens habe der Konzern Zahlungen an mehrere große Hersteller und Mobilfunknetzbetreiber geleistet, damit diese ausschließlich die Google-Suche auf ihren Geräten vorinstallieren würden. Und drittens habe Google Hersteller, die Google-Apps auf ihren Geräten vorinstallieren wollten, daran gehindert, "auch nur ein einziges intelligentes Mobilgerät zu verkaufen, das über eine Alternative von Android " betrieben werde. Vestagers Überzeugung nach Monaten der Rechereche: Google hat seine Dominanz bei der Internetsuche, auf dem Browser-Markt und beim Betriebssystem auszunutzen, um diese Geschäftsfelder weiter voranzutreiben.

EU kann Strafe noch erhöhen

Das Bußgeld zu Android ist mit 4.3 Milliarden Euro Strafgeld schon so die größte Summe, die die EU von einem einzelnen Unternehmen verlangt. Womöglich wird es aber für Google noch teurer, denn der US-Konzern wurde von EU-Kommissarin Vestager aufgefordert, die missbräuchlichen Praktiken innerhalb von 90 Tagen endgültig abzustellen. Ansonsten drohen zusätzlich Zwangsgelder von bis zu fünf Prozent des durchschnittlichen weltweiten Tagesumsatzes der Google-Muttergesellschaft Alphabet.

Verbraucher können Google-Apps deaktivieren

Für die Nutzer hat die Brüsseler Entscheidung kaum unmittelbare Folgen, auch wenn Google tatsächlich umsteuern sollte und den Herstellern künftig erlaubt, alle Apps auch einzeln und freiwillig anzubieten. Schon jetzt kann jeder User Google-Anwendungen, die er nicht braucht, auf seinem Smartphone deaktivieren und sich aus dem Play-Store eine andere App herunterladen. Lediglich löschen geht meist nicht, so dass die Google-Apps auch im deaktivierten Zustand unnötig Speicherplatz verbrauchen. Die einzig auffällige Neuerung wird womöglich sein, dass Nutzer demnächst bei neuen Geräten gefragte werden, welche Google Apps sie installieren möchten und welche nicht.

Play Store für Kindle-Nutzer öffnen?

Der Versandhändler Amazon ist ja auch Gerätehersteller und als solcher von Googles Geschäftspraktiken betroffen. Da auf Amazons Geräten, wie Kindle oder Echo, Fire OS läuft, ein Derivat von Android, sind die Nutzer hier von der Google-Welt ausgeschlossen. Durch das Urteil von EU-Kommissarin Vestager könnte sich Google nun genötigt sehen, die Grenzen zwischen den Betriebssystemen durchlässiger zu machen. Das könnte im Endeffekt vielleicht auch bedeuten, dass z.B. Kindle-Nutzer in Zukunft auch auf den Play-Store mit seinen vielen Millionen Apps zugreifen können.  

Nicht nur Android - Mehr Vielfalt bei Betriebssystemen

Das Brüsseler Urteil soll grundlegend das Quasi-Monopol von Google beenden. Tatsächlich ist auf dem Betriebssysteme-Markt nicht mehr viel Auswahl für die Kunden. CyonogenMod etwa, eine vielversprechende Android-Variante, verschwand schon Ende 2016 vom Markt. Sollte sich Brüssel nun gegen Google durchsetzen, was auch nach der Verkündung der Milliarden-Strafe noch lange sich gesagt ist, dann besteht die Hoffnung, dass Verbraucher in Zukunft womöglich wieder mehr Alternativen finden. Der Bedarf an einem datensparsamen Betriebssystem, das nicht wie Android einen guten Teil des Nutzerverhaltens auswertet, wäre vermutlich da.

Google wird nicht klein beigeben

Es ist nicht die erste Strafe, die der US-Internetriese von der EU-Kommission aufgebrummt bekommen hat. Im Juni 2017 hatte Brüssel gegen Google eine Strafe über 2,42 Milliarden Euro verhängt. Der Vorwurf damals: der Suchmaschinenbetreiber bevorzuge bei Suchergebnissen seine eigenen Einkaufswebseiten. Google legte damals gegen diese Entscheidung Widerspruch ein. Das wiederholt sich nun. Der US-Konzern will sich auch im aktuellen Fall mit einer fast doppelt so hohen Strafzahlung, nicht fügen, sondern meldet erneut Einspruch an. Ein Sprecher sagte, das Betriebssystem Android habe mehr Auswahl für die Nutzer geschaffen, nicht weniger.