Jasper zeigt Mia sein kleines Schupperlabor, in dem er an Mäusen experimentiert.
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Jasper zeigt Mia sein kleines Schupperlabor, in dem er an Mäusen experimentiert.

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Serie "Biohackers": Wikipedia ist spannender

Biohacker manipulieren alles, was lebt – lassen Mäuse im Dunkeln leuchten, machen Mücken zu Biowaffen und implantieren sich Chips. Leider ist die Idee der neuen, deutschen Netflix-Serie spannender als die Umsetzung.

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Mia (Luna Wedler) ist keine Durchschnittsabiturientin. Im Zimmer ihrer Studi-WG stapeln sich die blau-weißen Nachschlagewerke zu Anatomie, Genetik und Pharmakologie. Mia hat sie alle schon komplett durchgearbeitet und mit hunderten knallbunten Post-its versehen. Noch vor der allerersten Vorlesung ihres Medizinstudiums.

In ihrer neuen, schrägen WG in Freiburg fällt sie damit nicht weiter auf: Bio-Studentin Chen-Lu bringt in ihrem Schlafzimmerlabor mit Gen-Manipulation Pflanzen zum Leuchten, Hacker Ole hat sich selbst einen Chip in die Hand implantiert und Partygirl Lotta rennt am liebsten nackt durch die Bude.

Auf geheimer Mission

Mia ist nicht für die Partys, neue Freunde oder fürs Studium nach Freiburg gekommen. Sie hat es auf die Molekularbiologin Tanja Lorenz (herrlich eisig: Jessica Schwarz) abgesehen, von der Mia glaubt, dass sie mit unethischen Experimenten den Tod ihres Zwillingsbruders verschuldet hat. Das will Mia beweisen – und setzt alles daran, einen Job als studentische Hilfskraft im Biotech-Unternehmen ihrer Professorin zu bekommen. Dort hofft sie Informationen über die Versuche von Professorin Lorenz zu finden, und Hinweise auf den Tod ihres Bruders.

Ob es realistisch ist, nach der zweiten Vorlesung für einen anspruchsvollen Labor-Job angeheuert zu werden? Egal, solange es die Handlung in Gang setzt. Die ist bei "Biohackers" wirklich sehr überschaubar – und nach der ersten Viertelstunde und lauter Rückblenden auch nicht besonders überraschend.

Obwohl immer mehr Leute studieren, gibt es in Deutschland viel zu wenige Serien, die an einer Uni spielen. Dabei eignet sich dieser Kosmos ideal, um die kleinen Dramen vom Erwachsenwerden zu erzählen – aber auch von elitären, undurchsichtigen Strukturen. Dieses Potenzial hätte auch "Biohackers" gehabt, doch hier gerät die ehrwürdige Albert-Ludwigs-Universität Freiburg zur hübschen, aber austauschbaren Kulisse. Genau wie die schräge Wohngemeinschaft, deren völlig überzeichnete Bewohner*innen mit ihren Marotten für etwas Auflockerung sorgen sollen.

Viel zu viel auf einmal - und trotzdem nicht genug Stoff

Der Plot von "Biohackers" wäre sogar auf Filmlänge dürftig. Mit viel zu vielen Nebenschauplätzen, die weder zur Figurenentwicklung, noch zur eigentlichen Handlung beitragen, strecken die beiden Serienmacher und HFF-Absolventen Christian Ditter und Tim Trachte den Showdown zwischen Mia und ihrer zwielichtigen Professorin auf Serienlänge.

Trotzdem platzen die nicht mal 40 Minuten langen Folgen aus allen Nähten: Die liebenswert-chaotischen Mitbewohner*innen von Mia straucheln in Liebesdingen, Mia bandelt gleich mit zwei Männern an, es gibt viel unverarbeitetes Trauma, eine Biotech-Verschwörung und ein Attentat. In zwei Wochen an der Uni! Damit könnte man ganze Staffeln füttern – "Biohackers" verbrät den Stoff aber in sechs kurzen, vorhersehbaren Folgen.

Als zum ersten Mal etwas Unerwartetes passiert, endet die erste Staffel. Ausgerechnet in dem Moment, in dem Serien normalerweise Fahrt aufnehmen. Vielleicht ergibt diese merkwürdige Dramaturgie mehr Sinn, wenn die zweite Staffel draußen ist – die hat Netflix erfolgsoptimistisch nämlich bereits bestätigt.

"Biohackers" läuft bei Netflix.

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