Bildrechte: Stefan Mekiska (BR)

Aus der Sammlung Gerlinger: Blaues Mädchen (1910)

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Kunstsensation: Beste "Brücke"-Schau aller Zeiten in Bernried

Ab Sonntag ist die Ausstellung "Brückenschlag" im Buchheim-Museum in Bernried zu sehen. Die Sammlung der Würzburger Unternehmers Hermann Gerlinger und die von Lothar Günter Buchheim zeigen expressionistische Kunst der "Brücke". Von Stefan Mekiska

Das ist simpel formuliert die beste Brücke-Ausstellung aller Zeiten. Niemals hat man die Werke von Ernst Ludwig Kirchner, Karl Schmidt-Rottluff, Erich Heckel, Emil Nolde, Otto Mueller, Max Pechstein, Cuno Amiet und Fritz Bleyl in einer solch dichten Qualität über alle Schaffensperioden der zum Teil ja recht alt gewordenen Expressionisten hinweg gesehen, konkret von 1902 bis 1964.

Ganz großer Coup gelungen

Daniel Schreiber, dem Leiter des Buchheim-Museums, ist durch die Kooperation mit dem 86jährigen Würzburger Haustechnik-Unternehmer und Brücke-Sammler Hermann Gerlinger der ganz große Coup gelungen. Über 1000 Werke vereinigen sich mit der Buchheim-Sammlung. Gerlinger sieht jetzt in Bernried alles wie mit ganz neuen Augen.

Ich habe das Gefühl, dass die Entscheidung, die ich vor einem knappen Jahr getroffen habe, eine goldrichtige gewesen ist. Die Sammlung Buchheim und meine Sammlung zusammen zu sehen – dieser Wunschtraum ist jetzt mit dieser Ausstellung in Erfüllung gegangen.

Sexuell freizügig und mutig

Ein Beispiel für die überwältigende Wirkung der Brückenschlag-Kombination: Aus Buchheims Sammlung der wohlbekannte „Akt auf blauem Grund“, den Ernst Ludwig Kirchner 1911 gemalt hat, gleich konfrontiert mit dem „Blauen Mädchen an der Sonne“ von 1910 aus Hermann Gerlingers Sammlung. So eine Kombination zeigt sofort die große Qualität der Arbeiten Kirchners aus dieser Periode vor dem Ersten Weltkrieg, zugleich den Mut und die sexuelle Freizügigkeit der Brücke-Kunst, das Lebensgefühl der Zeit.

LED-Technik bringt Gemälde zum Leuchten

Hinzu kommt eine moderne LED-Beleuchtungstechnik, bei der die Ölgemälde aussehen, als wären sie von hinten beleuchtet. Selbst Kunstkennern gehen da die Augen über.

Von Karl Schmidt-Rottluff gibt es sehr Unerwartetes aus den 50er Jahren zu sehen. Das Mosaik „Emy“, ein Frauenkopf, zusammengesetzt aus Feuersteinen, Glas- und Porzellanscherben. Zu dem erst 1976 hochbetagt verstorbenen Schmidt-Rottluff hatte Hermann Gerlinger eine persönliche Beziehung:

Ich hatte das Glück, ihn kennengelernt zu haben. Ich hatte sogar das viel größere Glück, bei ihm etwas erwerben zu dürfen. Das war wirklich ein Vorzug. Er hat es abgelehnt, grundsätzlich an Privatsammler zu verkaufen. Warum ich das Glück hatte, dass ich bei ihm Werke erwerben durfte, darüber hat er nicht gesprochen.

Starke Männer im Duell

Wer heute in die leidenschaftlichen Sammleraugen blickt, kann sich gut vorstellen, mit wie viel Charme der junge Hermann Gerlinger damals bei Karl Schmidt-Rottluff punkten konnte. Schwieriger stellt man sich das Verhältnis zu Lothar Günter Buchheim vor: Da haben immerhin zur gleichen Zeit zwei starke Männer „Brücke“ gesammelt. Da könnte es – zum Beispiel bei Auktionen – zu harten „Duellen“ gekommen sein.

Wir haben uns niemals duelliert. Zumindest weiß das Lothar Günter Buchheim nicht. Er saß immer in der ersten und ich saß immer in der letzten Reihe. Hermann Gerlinger

Heute würde sich Lothar Günter Buchheim bestimmt freuen: Durch die Fusion mit Hermann Gerlinger befindet sich jetzt in Bernried am Starnberger See das eindrucksvollste Brücke-Museum überhaupt.