Bildrechte: Münchner Kammerspiele

Originalgetreue Kulisse des Kleinbürgertums

Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

Premiere an den Münchner Kammerspielen: "Trommeln in der Nacht"

Vor 95 Jahren wurde Bertolt Brechts Heimkehrerstück "Trommeln in der Nacht" an den Münchner Kammerspielen uraufgeführt. Jetzt gab es ein Revival. Christopher Rüping inszenierte die Wiederbelebung der Uraufführung. Von Stephanie Metzger

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

Diesr Abend beginnt als detailgetreue und zugleich verfremdete Rekonstruktion: Das kleinbürgerliche Esszimmer, die abstrahierte Stadtkulisse, die Kostüme und die anachronistische Spielweise – über kaum sichtbare Kopfhörer den Schauspielern eingeflüstert: sie alle sind Bausteine für die als Zitat ausgestellte Wiederbelebung der Uraufführung von „Trommeln in der Nacht“ in dem Bertolt Brecht seine Eindrücke der Novemberrevolutionen in Bayern und Berlin 1918/19 verarbeitete.

Heimkehrer-Drama und Revolutionsstück

Andreas Kragler, der aus der Kriegsgefangenschaft heimkehrt, wird von seiner Geliebten Anna, die inzwischen mit einem anderen verlobt ist, abgewiesen. Völlig frustriert schließt er sich im Berlin des Jahres 1919 den revolutionären Aufständen an. Nur kurz, denn als Anna doch zu ihm zurückkehrt, entscheidet sich Kragler für Liebe statt Revolution. Und wie dieser Antiheld Kragler nicht auf ideologischer Linie bleibt, so löst sich auch Christopher Rüpings Inszenierung immer mehr von der historischen Folie: dauernd funkt Musik dazwischen oder sitzen die Schauspieler im Zuschauerraum. Irgendwann liegen die Kulissen in Trümmern und sprechen die Darsteller im Chor.

Von Brecht und nach Brecht

Politisches Engagement oder privates Glück? Mit der Antwort seines Protagonisten auf diese Frage haderte Brecht zeitlebens. Nicht zuletzt deshalb lässt Regisseur Rüping beide Optionen durchspielen, an jeweils eigenständigen Abenden: von Brecht und nach Brecht. Was nach dem Besuch der Originalversion, eigentlich gar nicht zwingend erscheint, weil im Geflecht der inszenatorischen Mittel und Ebenen ohnehin die Gefahr droht, dass diese Frage aus dem Blick gerät. Was am Ende bleibt, ist das Theater: eine fast leere Bühne, die es erneut zu füllen gilt. Mit Figuren, Ideen und Visionen.