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Schauspieler Hardy Krüger zum 90.

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Vom NS-Eliteschüler zum Nazi-Gegner: Hardy Krüger zum 90.

Mit 15 spielt Hardy Krüger in einem NS-Propagandafilm – am Set lernt er, dass Hitler ein Verbrecher ist: Von da an arbeitet er gegen die Nazis und Neonazis, reist viel herum und macht eine große internationale Karriere. Von Moritz Holfelder

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

Hardy Krüger war der abenteuerliche Flieger. Bei einer der schönsten Hörbuch-Aufnahmen, die es von Antoine de Saint-Exupérys "Der kleine Prinz" gibt, übernahm er in den 1950er Jahren die Rolle jenes Erzählers, der mit seiner Maschine in der Sahara notgelandet ist:

"Ich war viel verlassener als ein Schiffbrüchiger auf einem Floß mitten im Ozean. Ihr könnt Euch daher meine Überraschung vorstellen, als bei Tagesanbruch eine seltsam kleine Stimme mich weckte..." Aus 'Der kleine Prinz'

Zur selben Zeit war Krüger im deutschen Unterhaltungsfilm der ewige Sonnyboy und Naturbursche. Sein Rollenprofil passte also nicht so recht zum Flieger als das Alter Ego von Antoine de Saint-Exupéry. Der kritisierte in seinem märchenhaften Buch Egoismus und Konsumdenken. Tatsächlich konnte man Krüger aber als Bruder im Geiste begreifen, als eigenwilligen Typen, der sich – wie der französische Autor – immer sowohl als Abenteurer als auch als Moralist verstand.

Aus Eberhard wird Hardy, aus dem Nazi-Kind ein Widerstandskämpfer

Krügers Eltern waren große Hitler-Verehrer, also besuchte der 1928 in Berlin geborene Sohn die Ordensburg im bayerisch-schwäbischen Sonthofen, ein nationalsozialistisches Elite-Internat. Bereits mit 13 lernte Krüger dort fliegen, und so wurde er im Alter von 15 für den NS-Propagandafilm "Junge Adler" eingesetzt, spielte dort den Lehrling Heinz Baum in einem Bomber-Flugzeugwerk: Im Laufe der Dreharbeiten im Jahr 1943 traf Krüger auf den 25 Jahre älteren Schauspieler Hans Söhnker – eine entscheidende Begegnung, wie Krüger im Rückblick bekennt: "Durch Hans Söhnker lernte ich, dass Hitler ein Verbrecher ist."

Söhnker versteckte in seinem Landhaus bei Berlin-Gatow Juden, fälschte deren Papiere und half ihnen, in die Schweiz zu entkommen. Den jungen Hardy Krüger nahm er als Kurier in seine Gruppe der Fluchthelfer auf, erzählte ihm auch von den KZs in Dachau und Bergen-Belsen und machte aus dem Sohn verblendeter Nazi-Eltern einen Widerstandskämpfer und jungen Demokraten.

Mit siebzehn gab Krüger sich den Namen Hardy und legte seinen Geburtsnamen Eberhard ab. Der Grund? Als Sprecher im Militärsender in Hamburg fiel er den Sowjets auf, die ihn – wie vorher schon seinen Vater, den sie verhaftet hatten – haben wollten. Um die Anfragen aus der Sowjetzone, ob er der Eberhard Krüger aus Wiesdorf bei Berlin sei, zu stoppen, befolgte er, wie er erzählt, den Rat eines Kollegen, sich "Hardy zu nennen, dann sind wir den Husten los."

Hardy Krügers "Initiative gegen Rechts"

Der junge Hardy Krüger gehörte in den fünfziger Jahren zu den wenigen prominenten Menschen in Deutschland, die öffentlich anklagten, dass noch viele Alt-Nazis in hohen Positionen die Geschicke der jungen Bundesrepublik bestimmten. Inzwischen hat er sich die Aufklärung über die Umtriebe von Neonazis zum Ziel gesetzt. Gemeinsam mit anderen Prominenten gründete er 2013 in Hamburg die "Initiative gegen Rechts", um Projekte gegen Fremdenhass zu unterstützen. Seit 1995 hat er sich aus dem Film- und Fernsehgeschäft zurückgezogen und arbeitet vor allem als Schriftsteller. Dass er es als erster deutscher Schauspieler nach dem Krieg zu internationaler Anerkennung brachte und an der Seite von Stars wie Richard Burton, James Stewart, Orson Welles oder John Wayne spielte, ist Krüger heute nicht mehr wichtig.

Am kommenden Sonntag stellt Hardy Krüger in Hamburg seinen neuen Roman vor – mit dem Titel "Ein Buch von Tod und Leben". Es soll, wie er versichert, nicht sein letztes sein.