Bildrechte: Thomas Fuchs/Kunstmuseum Stuttgart

Patrick Angus: Akt

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New Yorks schwuler Underground: Patrick Angus in Stuttgart

Er war ein aufmerksamer Beobachter der schwulen Szene von New York in den siebziger und achtziger Jahren: Patrick Angus malte und zeichnete Szenen in der Sauna, im Sex-Kino oder in der Bar. Jetzt zeigt das Kunstmuseum Stuttgart rund 160 Werke.

Er galt bisher als "Geheimtipp" und dürfte jetzt auch auf dem Kunstmarkt eine Wiederentdeckung erleben: Der mit 38 Jahren an Aids verstorbene Patrick Angus (1953 - 1992) hielt das schwule Nachtleben von New York in oft grellen Acrylfarben auf Leinwand fest. Für die amerikanische Homosexuellen-Bewegung waren die 1970er und 1980er Jahre Höhepunkt der Emanzipation und des so hemmunglosen wie lustbetonten Lebensstils: Die repressiven Gesetze der unmittelbaren Nachkriegszeit waren beseitigt, Aids noch unbekannt. In New York boomten die Dark-Rooms, Pornokinos und Nachtclubs, schwule Männer aus der ganzen Welt strömten in die Stadt auf der Suche nach sexuellen Abenteuern - und nach ihrer Identität. Davon künden die mal melancholischen, mal drastischen Werke von Angus.

Meister der Schwermut

Es ist ein typisch amerikanischer Blick, der die Bilder von Angus prägt: Mitten im wirbelnden, tosenden Leben sitzen und stehen Menschen, die nicht so genau wissen, wer sie sind und was sie eigentlich wollen. Das hat mehr mit der Kunst von Edward Hopper zu tun als mit David Hockney, der ja zeitgleich ebenfalls die Homosexualität zum Thema machte und das große Vorbild von Angus war. Hockney erwarb sogar sechs Bilder des weit unbekannteren Kollegen. Bei Hockney allerdings dominieren lichtdurchflutete, entspannte kalifornische Szenen, die mit dem düsteren, harten New York den einsamen Menschen dort wenig zu tun haben. Insofern kopierte Patrick Angus ganz und gar nicht den Stil seines Idols, und das, obwohl er in Nord-Hollywood geboren wurde, also selbst an der Westküste aufwuchs.

Selbstfindung, Ängste, Sehnsüchte

In der Programmankündigung des Stuttgarter Kunstmuseums heißt es, Angus sei es weniger um ein politisches Statement gegangen, als vielmehr um die Darstellung menschlicher Grundbedürfnisse, Sehnsüchte und Ängste. Seine Bilder seien Metaphern für die Suche nach der eigenen Identität und damit auch der geschlechtlichen Selbstfindung. Darin begründe sich die Aktualität seiner Bilder, denn sexuelle Diversität sei nach wie vor ein konfliktgeladenes Thema. Dem kann angesichts dergegenwärtigen Homosexuellen-Verfolgung in Ländern wie Polen oder Russland wohl niemand widersprechen, und auch in den USA hat es die Community in der Ära Trump derzeit nicht leicht.

Gemalt aus der Erinnerung

Auf drei Etagen sind im Kubus am Stuttgarter Schlossplatz gemalte Dokumente des schwulen Lebens zu sehen. Nicht chronologisch, sondern nach Schwerpunkten ordnen die Ausstellungsmacher in den Räumen Porträts, Stillleben, Landschaftsmalerei und im Obergeschoss, schummrig beleuchtete, die Sicht des Malers auf das erotische Nachtleben. Was oft auch heute noch gesellschaftlich ein Tabu ist, zeigt Angus in dokumentarischer Präzision – nachgemalt nicht anhand von Fotos, sondern nach seinen Erinnerungen, wie die Kuratoren eigens betonen.

Bis 8. April 2018 in Stuttgart.