Bildrechte: Ruth Plössel/Stadt Augsburg

Wasserkunst im Maximilianmuseum

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Narwal-Zahn und Nautilus: Augsburgs spektakuläre Wasser-Kultur

Das FKK-Bad im Lech war kostenlos, der eigene Hausbrunnen dagegen teuer: Augsburgs Wasserkultur ist 2.000 Jahre alt und reif für das UNESCO-Weltkulturerbe. Das Maximilianmuseum präsentiert Bizarres, Spektakuläres und Kostbares. Von Julie Metzdorf.

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

Was für Texas das Öl, ist für Augsburg das Wasser. Klar: Fast jede Stadt ist an irgendeiner Wasserstelle gegründet worden. Im Falle Augsburgs etwa entstand bereits 15 vor Christus ein erstes römisches Legionslager am Zusammenfluss von Wertach, Lech und Singold. Doch selten hat sich eine Stadt so sehr auf das Wasser kapriziert, wie die spätere freie Reichsstadt Augsburg, erklärt Tilo Grabach von den Städtischen Kunstsammlungen:

Nichts ging hier ohne Wasser, Augsburg ist eine der ersten Städte mit einem Abwassersystem, mit einem Frischwassersystem für die Haushalte, jeder Handwerker hatte eine Mühle in einem der Bäche bzw. einem der Kanäle, der Lech hat die Stadt mit Frischwasser versorgt. Es wurden Wassertürme gebaut, es wurden diese Prachtbrunnen an die Enden der Wasserleitungen gesetzt, um zu zeigen hei schaut mal wir sind ziemlich reich und wir können uns die besten Bildhauer Europas leisten. - Tilo Grabach

Wasserkraft für Rüstungen

Früh erkannten die Augsburger, dass die kostenlose Energiequelle eine Stadt auch reich machen kann. Das dazu benötigte Gesamtkonzept entwickelte der Rat der Stadt über Generationen hinweg klug immer weiter. Denn kaum ein Handwerk kam seinerzeit ohne Wasser aus: Die Brauer nutzten es als Frischwasserquelle und die Fischer als Kühlmittel für ihre verderblichen Waren; die Tuchmacher brauchten Wasser zum Bleichen und die Müller, um ihre Mühlen anzutreiben; mit Wasserrädern betriebene Hammerwerke ermöglichten die Herstellung von Metallwaren, wie etwa Rüstungen.

Die Ausstellung soll dazu beitragen der Stadtbevölkerung und auch außerhalb der Stadt zu verdeutlichen, wie wichtig Wasser ist auch für die Industrie, die es ja immer noch in Augsburg gibt, wir haben ja noch Papierindustrie und bis in die 80er Jahre die Textilindustrie oder auch Schiffsdiesel, Augsburg liegt nicht am Meer trotzdem werden hier Schiffsdiesel gebaut. - Tilo Grabach

Achtfache Schöpfwerke

Dutzende historische Modelle geben einen Einblick, wie komplex die Augsburger Hydro-Technik wurde – und über die Jahre selbst zu einem wichtigen Exportgut der Stadt: Da gibt es achtfache Schöpfwerke, Wassertürme mit dreifach ineinander verwobenen Treppenläufen und kombinierte Saug- und Druckpumpen. Das Modell einer Ramme auf einem Floß zeigt, wie man vom Wasser aus Pfähle in den Boden einschlagen konnte und eine Deichelbohrmaschine en miniature, wie die Baumstämme für die hölzernen Wasserleitungen durchbohrt wurden. 

Teurer Hausbrunnen

Der Clou der Ausstellung aber ist, wie einträchtig sich Handwerk, Industrie und Kunst hier die Klinke in die Hand geben. Denn es ist nicht nur Technisches zu sehen, sondern auch die künstlerische Ausprägung der Augsburger Kompetenz in Sachen Wasser: Da gibt es Reliquiare aus Narwalzahn und Pokale aus Nautilusschnecken. Es gibt Brunnenweibchen, Wasserhähne und Hahnküken luxuriös in Bronze gegossen, war man doch stolz auf den eigenen – teuren! – Hausbrunnen mit fließend Wasser. Und da gibt es natürlich die prächtigen Brunnenfiguren an der Maximilianstraße: Frisch restauriert stehen beispielsweise die Originale des Augustusbrunnens von Hubert Gerhard ab sofort im Maximilianmuseums: Eine Figur der männlichen Wertach etwa mit einem Fisch oder der schiffbare Lech mit Tannenzapfen im Haar und Ruder in der Hand.

Das Wasser in die Wassertürme gepumpt – mit Hilfe der Wasserkraft – um den Druckausgleich zu schaffen für die höher gelegene Maximilianstraße mit den Brunnen, also die Stadt hat schon auch ihren Luxus nach draußen posaunt: das muss man sich vorstellen, dass um 1600 zwei Weltklasse-Bildhauer für Brunnen, das ist so wie heute sich Städte gern tolle Architekten leihen, um tolle Museen zu bauen, das hat auch Repräsentationszwecke. - Tilo Grabach

Nackt in den Schwallech

Selbst das Vergnügen eines erfrischendes Bads wusste der kluge Augsburger Rat zu schützen: Ein Kupferstich aus dem 17. Jahrhundert zeigt das Kloster St. Ursula. Im Vordergrund sieht man allerhand Männer, die sich halb oder auch ganz nackt in die Fluten des Schwallechs stürzen. Natürlich beschwerten sich die Nonnen darüber. Der Rat beschränkte das Nacktbaden daraufhin auf die Nachtstunden. Ganz verboten hat er es nicht.

Bis 30. September im Maximilianmuseum Augsburg.