Köpfe aus Bronze und Gips von Mussolini und Hitler im Schaufenster eines Souvenir-Shops
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Köpfe von Mussolini und Hitler im Schaufenster eines Souvenir-Shops in Predappio (Geburtsort Mussolinis)

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Mit einer Anleitung zum Faschismus gegen den Faschismus

Mit einer Anleitung zum Faschismus gegen den Faschismus

Italien ist auf dem Weg in den Faschismus, davon ist die italienische Autorin Michela Murgia überzeugt. Nur will das niemand wahrhaben. Das will sie mit ihrem neuen Buch ändern – einer Anleitung, wie man Faschist wird.

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

"Wie man Faschist wird – eine Anleitung", so könnte Michela Murgias neues Buch "Istruzioni per diventare fascisti" auf Deutsch heißen. Bis jetzt ist allerdings nur klar, dass das kleine Bändchen erst im kommenden Frühjahr auf den deutschen Markt kommen wird. Einstweilen sorgt die literarische Provokation in Italien für einiges Aufsehen.

Faschismus als Alternative zur untauglichen Demokratie?

Die aus Sardinien stammende Autorin Michela Murgia hat einen Tabubruch begangenen, der schon mit der Einleitung beginnt: "Das Buch, das sie in der Hand halten, ist entstanden, um zu zeigen, dass die Demokratie dem Zusammenhalt der Menschen nicht nur nichts nützt, sondern sogar schadet, und um darüber hinaus zu beweisen, dass die am meisten erprobte Alternative – der Faschismus – ein besseres Regierungssystem darstellt, günstiger, schneller und effizienter."

Und so geht es weiter auf den nächsten knapp 80 Seiten. Mit viel Liebe zum Detail schildert die Autorin den Faschismus als perfektes System, in dem nicht lange herumdiskutiert wird, weil einer zum Wohle aller entscheidet. Mit klaren Feindbildern. Und so weiter. Kritische Perspektiven bleiben komplett ausgeblendet. Am Ende der Lektüre fragt man sich, ob das Buch nicht perfekt zur Schulung des faschistischen Nachwuchses geeignet wäre. Eine Frage, die sich auch die Autorin gestellt hat. "Der Zweifel ist mir gekommen", so Murgia. "Ich habe an das große Missverständnis gedacht, das Machiavelli jahrhundertelang widerfahren ist. Da schreibt er ein Buch über den Fürsten, um das Volk vor Tyrannen zu warnen, stattdessen wird 'Der Fürst' so gelesen, als sei es ein Handbuch für Regierende. Noch heute benutzt man in Italien das Adjektiv 'machiavellico', um manipulative Schachzüge hinter den Kulissen zu beschreiben. Ich hoffe, dass mein Buch kein solches Ende nimmt."

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Autorin Michela Murgia

Die Blindheit der öffentlichen Meinung

Das Könnte aber durchaus passieren. Denn bis auf eine einzige Seite, die ein bisschen relativiert, spricht kaum etwas dagegen. Dabei ist Michela Murgia ganz sicher keine Faschistin. Warum also diese Provokation? Für die kämpferische Sardin ist Italien auf dem Weg in den Faschismus, wovon allerdings noch kaum einer Notiz genommen hat. Das ist die Kernthese der Autorin: "Ich bin erstaunt über die Unfähigkeit der öffentlichen Meinung, eine Entwicklung zu erkennen, die wir schon einmal durchlaufen haben – mit gewissen Unterschieden. Bei Mussolini war es natürlich anders, aber auch, was wir heute erleben, ist Faschismus."

Das klingt im ersten Moment etwas abwegig, allerdings erinnert ihre Beschreibung des faschistischen Ideals in fast gespenstischer Weise an die aktuelle italienische Politik. Vor allem an die Politik von Innenminister Matteo Salvini, der sich darin gefällt, klare Feindbilder zu pflegen – gegen Migranten, gegen Deutschland, Frankreich und die EU-Kommission beispielsweise. Dazu viel reaktionäres Gedankengut, mit dem Salvini erstaunlich gut ankommt beim Publikum, was Murgia auf den Gedanken gebracht hat, dass wahrscheinlich in uns allen mehr oder weniger Faschismus steckt: "Jeder von uns hat mit der Bestie zu kämpfen, die in unserem Innersten lebt", so die Autorin. "Anders lässt sich nicht erklären, warum Menschen, die ein Leben als Demokraten geführt und sogar linke Werte vertreten haben, heute von Existenz- und Verlustängsten getrieben einem Mann ihr Vertrauen schenken, der ganz offensichtlich nur ein Ziel verfolgt: hart gegenüber den Schwachen zu sein."

Der Faschismus-Selbsttest

Die Übergänge zwischen Demokratie und Faschismus seien fließend, antidemokratisches Gedankengut sei längst dabei, sich in der italienischen Mehrheitsgesellschaft breit zu machen, meint Michela Murgia. Und am Ende dürfen das alle Leserinnen und Leser an sich selbst ausprobieren: Auf den letzten Seiten des Buches findet sich eine Liste mit 65 Behauptungen, die man mit – so wörtlich – "gesundem Menschenverstand" als richtig oder falsch bewerten soll. Darunter Sätze wie "Zuerst kommen die Italiener" oder "Die Journalisten sind alle Diener der Macht" oder "Wenn sie Dir so gut gefallen, dann nimm' sie doch mit nach Hause". Alles Sätze, die in Italien praktisch täglich in der öffentlichen Diskussion fallen, gerade im Streit um die Integration von Zuwanderern.

Wer einen Großteil der Sätze befürwortet, ist nach der Logik des Buches auf einem guten Weg, ein echter Faschist zu werden. Auf die Frage, ob sie glaubt, dass der Faschismus am Ende siegreich sein wird, antwortet Murgia folgendermaßen "Siegreich? Nein! Denn er neigt zur Zerstörung. Wenn erst die extremen Konsequenzen zu Tage treten, sehen alle, was Faschismus bedeutet. Doch es ist gut möglich, dass das, was wir gerade erleben, noch eine ganze Weile andauert. Denn unsere Demokratie ist gerade sehr geschwächt, aus wirtschaftlichen und kulturellen Gründen, wegen rückläufiger Investitionen in die Bildung und in die Freiheit der Presse. Und die Leute, die in der Lage sind, zu erkennen, was gerade geschieht, haben keine politische Vertretung."

Das wären dann also gute und zugleich schlechte Nachrichten aus Italien.

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