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Laurie Penny

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Neue Essays von Laurie Penny: "Bitch Doktrin"

Kapitalismus und Kinderkriegen, Feminismus und Familie, Trump und Demokratie - das sind die Themen, die Laurie Penny auch in ihrem neuen Essay-Band mit Humor und Sprachgewalt aufgreift: Pennys Ton ist schärfer denn je. Von Astrid Mayerle

Über dieses Thema berichtet: Diwan - Das Büchermagazin am .

Es gibt nicht nur ein neues Buch von Laurie Penny. Sie bekennt, dass sie sich jetzt auch in einem neuen Lebensabschnitt befindet: Die bald 31-jährige Kämpferin für eine frauenfreundlichere Welt hat ihr Single-Dasein aufgegeben und denkt übers Kinderkriegen nach. Ihr Nachdenken ist allerdings ein skeptisch-zweiflerisches; denn so lange Männer so sind, wie sie sind - eher bewegungsarm im Haushalt, einsatzscheu bei der Kinderpflege, zurückhaltend gegenüber Beziehungs- und emotionaler Arbeit ... vielleicht doch lieber nicht. Das ist Pennys Haltung und nicht nur ihre. Viele Frauen, die nicht einer Beziehung oberste Priorität einräumen, sondern ihre Ideen in die Welt setzen und diese gestalten wollen, die nicht täglich über To-do-Listen verhandeln möchten, sehen das ebenso. Beziehung gut, Zusammenleben und Familie eher nein. Was viele Frauen nur aus der Beobachtung kennen, untermauert Penny mit Studien. Sie zitiert einen Bericht des britischen Office for National Statistics von 2016.

Dieses berechnete den jährlichen Gegenwert der "häuslichen Produktionswirtschaft" - Hausarbeit, Kinderbetreuung und Organisationsarbeiten, die überwiegend von Frauen verrichtet werden - auf eine Billion Pfund, fast 60 Prozent der "offiziellen" Wirtschaftsleistung des Vereinigten Königreichs. Pennys Kommentar dazu:

"Von Krankenschwestern, Sekretärinnen und Sexarbeiterinnen bis hin zu Ehefrauen und Lebensgefährtinnen ist die emotionale Arbeit, die die Gesellschaft am Laufen hält, nach wie vor feminisiert - und nach wie vor stigmatisiert."

Wer kümmert sich um Wäscheberge, Kindergeburtstage, Arzttermine?

Schlecht oder gar unbezahlte Fürsorgearbeit ist eines von Pennys zentralen Themen. Auch in anderen Büchern schreibt sie darüber. Diesmal reichert sie es mit aktuellen Zahlen an, argumentiert präziser und vehementer als ehedem. Sie ruft sogar zum kollktiven Streik auf: Frauen sollen diese Arbeiten endlich nicht mehr verrichten, was zum Teil schon passiert. Bei größeren Engpässen müsste sich dann auch der Staat neue Modelle für Haushalt, Kinderbetreuung und Pflegearbeiten überlegen. Gerade bei diesem Thema vermisst man allerdings ein selbstkritisches Element: Wären nicht ein paar neue Kriterien bei der Partnerwahl nötig? Denn hier liegen auch die Voraussetzungen für Arbeits-Verteilungs-Modelle. Vermutlich ist ein arbeitssüchtiges Alphatier, das lieber noch zehn Stunden Meetings auf seine eh schon 50-Stundenwoche draufsattelt und im Urlaub vom Strand aus die nächsten Konferenzen organisiert, das einen neuen SUV sinnvoller findet als einen Wäsche- und Windelservice, eher weniger geeignet für eine gleichberechtigte Partnerschaft. Wenn man darunter versteht, dass sich jeder gleichermaßen um Wäscheberge, Kindergeburtstage, Arzttermine, Kofferpacken und die Pflege der Schwiegermutter kümmert.

"Bitch Doktrin" von Laurie Penny ist in der Edition Nautilus erschienen.