Sinéad O’Connor
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Irische Sängerin Sinéad O’Connor mit 56 Jahren gestorben

"Nothing Compares 2 U" war ihr größter Hit: Sinéad O’Connor ist im Alter von 56 Jahren gestorben. Über die Todesursache war zunächst nichts bekannt. Die irische Sängerin hatte seit langem mit psychischen Problemen zu kämpfen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

1990 wurde Sinéad O’Connor mit einem Song schlagartig Teil der Popgeschichte: "Nothing Compares 2 U", ein zuvor unveröffentlichter Prince-Titel, den die irische Sängerin mit einer Gefühlstiefe interpretierte, als hätte sie ihn selbst geschrieben, voller Trauer und Zorn - Gefühlen, die O’Connor ihr Leben lang begleiteten. Nun ist sie im Alter von 56 Jahren gestorben. Das berichten mehrere irische Medien unter Berufung auf die Familie.

Eine Todesursache wurde nicht genannt. O'Connor starb 18 Monate nach dem Suizid ihres 17-jährigen Sohnes Shane.

"Mit großer Trauer geben wir den Tod unserer geliebten Sinéad bekannt. Ihre Familie und Freunde sind am Boden zerstört und haben in dieser sehr schwierigen Zeit um Privatsphäre gebeten." Aus der Erklärung der Familie, die der irische Sender RTE zitiert

1990: ein Welthit in Nahaufnahme

Sinéad O’Connor wurde 1966 als drittes von fünf Kindern in der Nähe von Dublin geboren. Ihre Karriere als Musikerin begann sie auf den Straßen von Dublin. Mit ihren kurz geschorenen Haaren, den elfengleichen Zügen und ihrer unverwechselbaren Stimme wurde sie aber bereits Mitte 20 zum Star. Ihr Debütalbum "The Lion and the Cobra" 1987 war bereits extrem erfolgreich, mit "Nothing Compares 2 U" stürmte sie 1990 endgültig die Charts auf der ganzen Welt, auch in Deutschland landete der Song auf Platz 1. Die Intensität ihrer Stimme und das Video mit Nahaufnahmen von O'Connors Gesicht brannten sich in das Gedächtnis einer ganzen Generation.

Der "Rolling Stone" kürte sie 1991 zur Künstlerin des Jahres: Sie habe "bewiesen, dass eine Musikerin sich weigern kann, Kompromisse einzugehen, und trotzdem eine Verbindung mit Millionen Hörern schaffen kann, die hungrig auf Musik von Substanz sind", begründete das Magazin damals seine Wahl.

Die Sache mit dem Papst

Insgesamt zehn Alben veröffentlichte O'Connor, rebellische Balladen, traditionelle irische Musik, Blues, 2005 sogar Reggae. Mit kontroversen Auftritten und politischen Aussagen erregte sie weiterhin Aufmerksamkeit - ohne indes ihren Welterfolg zu wiederholen. 1992 zerriss sie bei einem Auftritt in der US-Sendung "Saturday Night Live" vor laufenden Kameras ein Foto des Papstes Johannes Paul II. - eine Anklage gegen die Kirche und gegen ihre Mutter. Diese hatte das Papstbild im Schlafzimmer aufbewahrt und O'Connor, so deren Aussage, in der Kindheit schwer misshandelt. In den USA war ihre Karriere danach erstmal beendet.

O'Connor litt an psychischen Problemen

Sinéad O’Connor selbst hielt sich für "schwierig", liebte "Feen"-Schmuck und Zigaretten. Ihren Twitter-Account hatte sie unter das Motto gestellt, es sei kein "Maßstab für Gesundheit", sich einer "durch und durch kranken Gesellschaft gut anzupassen". Später gestand sie offen ein, dass bei ihr eine bipolare Störung diagnostiziert worden sei.

"Psychische Krankheiten sind ein bisschen wie Drogen - sie kümmern sich nicht darum, wer du bist." Sinéad O’Connor in einem Video 2017

2018 zum Islam übergetreten

Ihr Leben lang war die Irin eine scharfe Kritikerin der katholischen Kirche. Als sich Papst Benedikt XVI. im Jahr 2010 gegenüber Irland für sexuellen Missbrauch in der Kirche entschuldigte, sagte sie, die Entschuldigung gehe nicht weit genug, und forderte Katholiken auf, nicht mehr in Messen zu gehen, bis es eine komplette Untersuchung gebe.

2018 trat die Sängerin zum Islam über und nannte sich seitdem Shuhada’ Sadaqat, was sie als "natürliche Schlussfolgerung jeder Reise eines intelligenten Theologen" bezeichnete. Zuvor hatte sie 2017 ihren Namen bereits in Magda Davitt geändert, um sich vom "Fluch ihrer Eltern" zu befreien.

"Rememberings" und Rückzug aus der Öffentlichkeit

2021 beendete Sinéad O'Connor ihre Karriere als Sängerin, was sie kurz danach widerrief - ohne jedoch weiter zu veröffentlichen. Im Juni desselben Jahres veröffentlichte sie unter dem Titel "Rememberings" ihre Memoiren, wo sie sich dazu bekannte, am liebsten allein zu sein - und noch einmal ausführlich auf ihre traumatische Kindheit einging.

Das Medienecho darauf verstörte sie weiter, wie sie später erklärte: "Ich hatte nämlich nicht begriffen, was das bedeutet, über die Vergangenheit zu sprechen, vor allem über Missbrauchserfahrungen im Kindesalter." Diese Ereignisse hätten sie aus der Sicht mancher britischer Medien zu "Freiwild" gemacht, sie sei wie ein "russischer Tanzbär" behandelt worden. Die Zeit der Corona-Pandemie, schrieb die "New York Times" in ihrer Buchbesprechung, habe die Künstlerin dann in einem winzigen Dorf auf einem irischen Hügel verbracht, Krimis konsumiert und CNN eingeschaltet.

Vier Kinder aus vier Ehen

O'Connor war viermal verheiratet. Ihre Ehe mit dem Drogenberater Barry Herridge dauerte 2011 nur 16 Tage. Als ihr Sohn Shane 2022 im Teenageralter Suizid beging, schrieb O’Connor, ohne ihn habe ihr Leben keinen Sinn mehr. Neben Shane hatte sie noch drei weitere Kinder, alle von verschiedenen Vätern: Jake, Roisin und Yeshua Bonadio.

Trauer in Irland und im weltweiten Netz

Der irische Regierungschef Leo Varadkar würdigte O'Connor mit den Worten: "Ihre Musik wurde auf der ganzen Welt geliebt und ihr Talent war unübertroffen und unvergleichlich." In den sozialen Medien posten Tausende ihre Bestürzung, persönliche Erinnerungen, Fotos. "Sie schaffte das Unmögliche", schreibt jemand: "einen Prince-Song besser zu singen als Prince". Immer wieder sind die Worte "Icon" und "Legend" zu lesen, auch "troubled soul" (verstörte Seele). Und der Satz: Nothing compared to her.

Mit Material von AFP und dpa

Im Video: Ein Blick auf das Leben von Sinéad O'Connor

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