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Farbholzschnitte Ausstellung Kaufbeuren

Das Kunsthaus Kaufbeuren beschäftigt sich ab sofort mit der Japan-Begeisterung europäischer Künstler im 19. Jahrhundert. Vor allem japanische Farbholzschnitte beeinflussten die europäische Kunst, Architektur, Literatur und Mode. Von Rupert Waldmüller

Über dieses Thema berichtet: LÖSCHEN Kultur am .

Ein einsames Segelboot im Sonnenuntergang. Das Segel hängt schlaff an dem langen, schlanken Mast, im Hintergrund versinkt die Sonne im Meer, das Boot spiegelt sich zartrot im Wasser. Wüsste man es nicht besser, könnte man meinen, ein japanischer Künstler hätte diesen Farbdruck geschaffen, sagt der Leiter des Kaufbeurer Kunsthauses, Jan Wilms. Tatsächlich war es aber Carl Thiemann, Mitglied der Dachauer Künstlerkolonie.

"Wir sehen hier ganz bestimmte Charakteristika, wie wir sie auch bei japanischen Holzschnitten finden. Beispielsweise das starke Hochformat, den Farbverlauf im Wasser, das Flirren des Wassers und auch den ganz zarten Farbverlauf im Himmel der untergehenden Sonne."

Um 1850 – nach Jahrhunderten der Isolation - öffnete sich Japan gegenüber der westlichen Welt und beeinflusste damit auch nachhaltig die Kunstwelt im fernen Europa.

"Durch die Marktöffnung Japans Mitte des 19. Jahrhunderts gelangten zunehmend japanische Kulturgüter - eben auch Farbholzschnitte - nach Europa und haben dort einen regelrechten Boom ausgelöst, haben die Künstler des Impressionismus, des Jugendstils und dann Anfang des 20. Jahrhunderts zunehmend auch die Expressionisten beeinflusst. Und das können wir in ganz, ganz vielen Werken wiederfinden. Also die Spuren, die die Japaner hinterlassen haben, die finden sich eigentlich vor allem in der Entwicklung der europäischen Avantgarden."

Japanische Farbholzschnitte als Grundlage für die abstrakte Kunst

Wassily Kandinsky, Franz Marc, Emil Orlik oder Peter Behrens – den Werken dieser bekannten europäischen Künstler stellt das Kunsthaus Kaufbeuren in „Crossing Cultures“ Farbdrucke japanischer Künstler gegenüber. Das neue, andersartige an den japanischen Farbholzschnitten war es, was die Künstler im Europa Ende des 19. / Anfang des 20. Jahrhunderts elektrisierte, erzählt Kunsthausleiter Jan Wilms:

"Da sahen die Künstler in der ganz neuen Ausdruckssprache, wie mit Motiven umgegangen wird, mit Asymmetrie, mit Flächenhaftigkeit, die sie so nicht kannten. Und das war für viele Künstler wiederum ein Einstieg, um sich zunehmend von einer gegenständlichen Darstellungsweise hin zur Abstraktion zu bewegen – wie beispielsweise Wassily Kandinsky das getan hat. Auch in Auseinandersetzung mit den japanischen Holzschnitten."

Neben dem Einfluss der japanischen Kunst auf den europäischen Farbholzschnitt zeigt "Crossing Cultures" aber auch, wie umgekehrt die Europäer vor allem ab dem Beginn des 20. Jahrhunderts die Kunst in Japan beeinflusst haben. Ein spannender Einblick in eine wechselseitige Beziehung über tausende Kilometer hinweg.