Ein Sauerteigbrot liegt auf einem Tisch
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Trotz Ukraine-Krieg: Warum das Mehl bei uns nicht ausgeht

Trotz Ukraine-Krieg: Warum das Mehl bei uns nicht ausgeht

Leere Mehlregale im Supermarkt - Backwaren, Nudeln und Lebensmittel werden teurer. Der Ukraine-Krieg sorgt für stark steigende Weizenpreise und eine enorme Nachfrage nach Mehl. Engpässe wird es in Bayern nicht geben. Die Sorge gilt dem Weltmarkt.

Die Erschütterungen des russischen Krieges in der Ukraine reichen weit über das Land hinaus - auch bei der Lebensmittelproduktion. Denn Russland und insbesondere die Ukraine sind wichtige Weizenexporteure. Ein "Ausfall" ihrer Lieferungen kann sich daher drastisch auf die Preise von Lebensmitteln weltweit auswirken.

So kostete vor einem Jahr die Tonne Weizen an der Pariser Terminbörse MATIF noch 210 Euro - inzwischen sind es bis zu 400 Euro. Tagesaktuell liegt der Preis bei 369 Euro. Rudolf Sagberger, Vorstandsvorsitzender des Bayerischen Müllerbundes, schätzt die enorm gestiegene Nachfrage nach Mehl seit Beginn der Kriegshandlungen drastischer als zu Beginn der Corona-Zeit ein.

Sagberger: "Es wird knapp, aber es reicht"

Engpässe beim Mehl befürchtet er aber für Bayern nicht. Mit rund 3,6 Millionen Tonnen Weizen ist die Ernte vergangenes Jahr zwar etwas geringer ausgefallen. Davon wandern jedoch 1,3 Millionen Tonnen in die bayerischen Mühlen: "Das reicht. Damit ist die Versorgung sicher", sagt Sagberger.

Etwa ein Drittel des bayerischen Weizens wird exportiert, nach Norddeutschland und ins Europäische Ausland, der Rest landet überwiegend in den Futtertrögen für Tiere. Alles in allem habe Bayern mehr Qualitätsweizen als es selbst brauche, heißt es beim Müllerbund.

Brot wird teurer

Sorgen bereitet den Müllern die aktuelle Preisexplosion allerdings schon. Mit Blick auf die Börse sagt Sagberger: "Die Spekulanten kaufen heute den Weizen und verkaufen ihn morgen wieder mit Gewinn. Und der Preis geht jeden Tag rauf, das ist sehr ungesund. Das Mehl wird teurer, das Brot wird teurer. Aber wir werden uns das leisten können".

Blick in die Ukraine beunruhigt

Die Lage auf den weltweiten Markt ist weitaus beunruhigender. Die Ukraine und Russland produzieren gemeinsam 29 Prozent des weltweit exportierten Weizens. Wenn dieser Anteil wegfällt, fehlen enorme Mengen. Die Preise an den Börsen werden dann weiter steigen und Länder in Nordafrika und Asien, die auf Importe angewiesen sind, müssen diese Preise dann bezahlen.

Internationale Sorge um abhängige Länder

So warnt unter anderem die Entwicklungsorganisation "Germanwatch", dass es in ärmeren Ländern zu Hungersnöten und gesellschaftlichen Verwerfungen kommen könnte. Ökonomen des Kieler Instituts für Weltwirtschaft haben simuliert, welche langfristigen Folgen ein Handelsstopp mit Weizen und sonstigem Getreide aus der Ukraine für Afrika hätte. Demnach wären insbesondere Tunesien und Ägypten dauerhaft negativ betroffen. Für viele weitere Länder wie Kamerun sowie Algerien und Libyen, Äthiopien, Kenia, Uganda, Marokko und Mosambik sehen die Forscher ebenfalls empfindliche Folgen.

Krisenländer besonders betroffen

Gerade in Krisenländern wie Jemen, Syrien und Libanon wird sich nach Angaben der Weltbank die Ernährungssituation nun noch einmal deutlich verschärfen. Die Welthungerhilfe rechnet mit einer zunehmenden Zahl Hungernder. Allerdings: "Die Ukraine wird mit Abstand am meisten betroffen sein", sagt Agrar-Expertin Verena Laquai vom bundeseigenen Thünen-Institut.

Getreidepreise entfachen Diskussion um Green Deal

Wie kann sich Europa bei der Lebensmittelversorgung unabhängiger von anderen Ländern machen - dafür steht inzwischen die gesamte Ausrichtung der Landwirtschaft in der Diskussion. Für Bayern hat Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) die vom kommenden Jahr an geltende Pflicht zur Stilllegung von Ackerflächen zu überprüfen: "Wir müssen alles noch mal auf den Prüfstand stellen", sagte Kaniber der Passauer Neuen Presse und bekommt dabei Zustimmung von Josef Rampl, Geschäftsführer des Bayerischen Müllerbunds.

Auch der Präsident des Deutschen Bauernverbands, Joachim Rukwied appelliert an die Europäische Kommission, die Pläne beim Green Deal oder der Farm-to-Fork-Strategie abhängig von der weiteren Entwicklung des Krieges zu prüfen, um die Versorgungssicherheit in Europa nicht zu gefährden.

Greenpeace: Ernährungssicherheit durch Reduzierung des Tierbestands

Mit Blick auf das Treffen der Agrarminister der G7-Staaten verweist etwa Greenpeace auf die bereits seit Langem kritisierte Situation bei der Welternährung. Stephanie Töwe, Agrarexpertin bei Greenpeace, argumentiert, Europa könne einen Beitrag zur Ernährungssicherung unter anderem dadurch leisten, dass hochwertiger Weizen nicht länger als Viehfutter eingesetzt werde.

Dafür müsste aber erst einmal der Tierbestand reduziert werden. Wenn die EU die Tierhaltung um zehn Prozent verringere, wären rund 16 Millionen Tonnen Weizen für die Ernährung verfügbar, rechnet Greenpeace vor. Die EU könnte also einen erheblichen Teil der nun wegfallenden ukrainischen Weizenernte von 16 bis 20 Millionen Tonnen ausgleichen.

Bauern sollen zusätzliche Flächen nutzen können

In einem ersten Schritt sollen die Bauern in Deutschland aber nun, um Mehrkosten bei Tierfutter abzumildern, zusätzliche Flächen nutzen können, wie Bundesagrarminister Cem Özdemir am Freitag bekannt gab. Ausnahmsweise sollen in diesem Jahr bestimmte "ökologische Vorrangflächen" zur Futtergewinnung freigegeben werden. Normalerweise müssen Gras und andere Pflanzen dort für die Bodenverbesserung untergepflügt werden und dürfen nicht genutzt werden. Insgesamt handelt es sich um gut eine Million Hektar.

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