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25 Jahre Bündnis 90/ Die Grünen

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Vor 25 Jahren - Fusion von Bündnis 90 und Die Grünen

Beim Parteitag im Mai 1993 in Leipzig wurden sie zu einer Partei: das Bündnis 90 aus Ostdeutschland und Die Grünen aus Westdeutschland. Einfach war der Zusammenschluss nicht. Von einer Liebesheirat spricht bis heute niemand. Von Anita Fünffinger

Sie kannten sich nicht gut, und sie verstanden sich auch nicht besonders gut. 25 Jahre nach der Vereinigung von Bündnis 90 und Die Grünen kann sich die heutige Fraktionschefin der Partei im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, noch sehr gut an diese Zeit erinnern.

"Manchmal hatte man zwar das Gefühl, wir reden zwar alle Deutsch, aber nicht die gleiche Sprache." Katrin Göring-Eckardt, Bündnis 90/Die Grünen

Göring-Eckardt war über den "Demokratischen Aufbruch" zum Bündnis 90 gekommen. Ihr Sohn war noch ein Baby und musste oft mit zu den Verhandlungen mit den westdeutschen Grünen. Vor deren Übermacht hatten die Ostdeutschen gewaltigen Respekt. Denn bereits vor einer Vereinigung war klar: Bei einer Fusion würden die Ostdeutschen nur 7 Prozent ausmachen.

Sie stritten sich über Ökologie contra Bürgerrechte

Viele Bürgerrechtler aus der ehemaligen DDR hatten die Sorge, dass sie mit ihren Belangen in einer fusionierten Partei zu kurz kommen könnten. Nach der Wende wollten sie über soziale Fragen reden und über die Sicherung von Arbeitsplätzen. Das Wort Ökologie wurde mitunter als "Luxusproblem" abgetan. Die westdeutschen Grünen dagegen hatten genau das gegenteilige Problem. Bärbel Höhn aus Nordrhein-Westfalen äußerte die Sorge, es gehe hier schließlich um die Identität der Grünen.

Für die westdeutschen Grünen ging es schlicht ums Überleben

Die Grünen waren bei den Wahlen 1990 aus dem Bundestag geflogen. Weil Ost- und Westdeutschland damals getrennt ausgezählt wurden, saßen nur die ostdeutschen Vertreter von Bündnis 90 im ersten gesamtdeutschen Parlament. Noch dazu kam, dass die West-Grünen fürchterlich zerstritten waren. Das Gesicht der 80er, Jutta Ditfurth, war mit Pauken und Trompeten ausgetreten und hatte viele andere Fundis gleich mitgenommen. Manchen Realos war das gerade recht. Ditfurths Intimfeind aus Hessen, Joschka Fischer, ohne Amt in der Partei, aber künftiger Spitzenkandidat, lockte die Grünen mit neuen Optionen in die Fusion mit den Ostdeutschen: Macht.

"Die Zeit, wo wir im wesentlichen Protestpartei waren, ist mit der Deutschen Einheit endgültig zu Ende gegangen mit den Grünen/Bündnis 90." Joschka Fischer, Die Grünen, 1993

Was bleibt übrig vom Bündnis 90?

Joschka Fischer spricht von den "Grünen/Bündnis 90". Dabei heißt es genau anders herum: Bündnis 90/Die Grünen. Und genau das ist schon das erste Problem: Wie selbstverständlich sprechen Medien oder auch Politiker anderer Parteien oft von "Den Grünen". Bündnis 90 fehlt. Dass dieser Name vorn steht, hatte damals Werner Schulz durchgesetzt. Der ehemalige DDR-Bürgerrechtler war Anfang der 90er Jahre Sprecher von Bündnis 90 im Bundestag und zog bereits vor zehn Jahren eine bittere Bilanz:

"Entgegen meiner Erwartungen hat sich Bündnis 90 im grünen Tee aufgelöst." Werner Schulz, Bündnis 90/Die Grünen

Die Fusion sei aber dennoch nicht nur richtig gewesen, sondern sogar alternativlos, sagt Schulz.

Ludger Volmer hätte im Rückblick lieber mit der PDS fusioniert

Mit Werner Schulz ausgehandelt hatte die Fusion mit Bündnis 90 der damalige Parteichef der Grünen in Westdeutschland, Ludger Volmer. Auf der Suche nach Machtoptionen hatte er auch die SED-Nachfolgepartei PDS ins Auge gefasst. Jahre später schrieb er in einem Zeitungsbeitrag, das wäre die bessere Option gewesen: Allein wegen der sozialen Frage mit dem Reformflügel der PDS zu fusionieren.

Im Osten regiert die Partei in zwei Bundesländern

Die Linke als Nachfolgerin der PDS ist heute zwar im Osten erfolgreicher als Bündnis 90/Die Grünen. Von ihrem absoluten Tiefpunkt in den neuen Ländern hat sich die Partei aber erholt. Sie ist in allen ostdeutschen Landtagen, außer in Mecklenburg-Vorpommern, vertreten. In Sachsen-Anhalt und Thüringen regieren die Grünen sogar mit - Bündnis 90/Die Grünen natürlich.