Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD, l) und Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, bei ihrer Pressekonferenz in Kiew.
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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD, l) und Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine.

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Ukraine-Krise: Scholz auf Vermittlermission

Manche Sicherheits-Experten befürchten, dass ein russischer Angriff auf die Ukraine unmittelbar bevorstehen könnte. Russland bestreitet solche Pläne. In dieser aufgeheizten Lage will Bundeskanzler Scholz (SPD) zwischen Kiew und Moskau vermitteln.

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Ein barockes Schloss in einem verschneiten Park. Davor Spaziergänger – manche haben einen Kinderwagen dabei, andere ihren Hund. Scheinbar ausgelassen gehen die Menschen in Kiew ihrem Alltag nach. Doch das Bild täuscht.

Hinter den Mauern des Kiewer Marienpalasts geht es um nichts weniger als um die Frage von Krieg und Frieden in Europa. Schwerer könnte das Gepäck kaum sein, das Olaf Scholz auf seinen Vermittlungsreisen heute und morgen bei sich hat. Den Anfang macht der Kanzler am Mittag in der ukrainischen Hauptstadt. Ein Antrittsbesuch in gefährlicher Lage.

Scholz: Antrittsbesuch in "sehr ernsten Zeiten"

Fast zwei Stunden tauschen sich Scholz und der ukrainische Präsident aus. Dann folgt der Auftritt vor der Weltpresse. Der Kanzler bedankt sich "für den freundlichen Empfang, lieber Wolodymyr Selenskij". Sein Antrittsbesuch in Kiew falle in "sehr ernste Zeiten", so Scholz.

Deshalb wolle er vor allem eines klar machen: "Deutschland steht an Ihrer Seite." Eine Botschaft, die der Gastgeber wohlwollend aufnimmt. Dass Scholz zuerst nach Kiew und dann nach Moskau reist, betrachte er als "Zeichen der Solidarität", sagt Selenskij.

Scholz verspricht Ukraine mehr Hilfen

Scholz betont ein weiteres Mal, wie sehr Deutschland die Ukraine bereits unterstützt habe. Umgerechnet mehr als zwei Milliarden US-Dollar seien in die wirtschaftliche "Widerstandskraft" des Landes geflossen, so der Kanzler. Außerdem kündigt er eine beschleunigte Auszahlung von Darlehen in Höhe von 150 Millionen Euro aus einer laufenden Kreditlinie und neue Kredite an. Obendrein soll es weitere EU-Hilfen geben, von denen laut Scholz ein Viertel aus Deutschland kommt.

Kanzler droht Russland mit weitreichender Reaktion

Der Kanzler macht erneut deutlich, dass eine militärische Aggression Russlands weitreichende Maßnahmen nach sich ziehen würde. Maßnahmen, die die wirtschaftlichen Entwicklungsmöglichkeiten des Landes beeinträchtigen würden, so Scholz. Damit bleibt er allerdings im Wesentlichen bei der bisherigen Sprachregelung, wenn es um eine Reaktion des Westens auf einen etwaigen russischen Einmarsch geht.

Und das reicht dem ukrainischen Präsidenten offenkundig nicht mehr. Selenskij beklagt sich offen darüber, dass er auf eine entsprechende Frage vom Kanzler keine konkrete Antwort bekommen habe. Für eine solche Pressekonferenz sind das ungewöhnlich undiplomatische Äußerungen.

Bundesregierung arbeitet an Sanktionspaket

Scholz lässt sich dazu nur dies entlocken: Falls Russland erneut die territoriale Integrität der Ukraine verletzen sollte, wisse man, was zu tun sei. Die Bundesregierung arbeite intensiv daran, ein Sanktionspaket vorzubereiten – zusammen mit den EU-Partnern und den USA.

"Wir sind zu jedem Tag in der Lage, die notwendigen Entscheidungen zu treffen", ergänzt Scholz im Hinblick darauf, dass US-Geheimdienste bereits Informationen über angebliche Angriffspläne für die kommenden Tagen streuen. Zentrale Herausforderung sei jetzt, die Lage zu deeskalieren. Scholz ruft Russland dazu auf, Militärübungen in Belarus und den Aufmarsch an der ukrainischen Grenze zu beenden, für den es keinen nachvollziehbaren Grund gebe.

Russland hält Schwarzmeer-Manöver ab

Doch wer auf ein Signal der Entspannung aus Moskau hofft, muss sich gedulden. Inmitten der schwelenden Krise hält das russische Militär ein neuerliches Manöver ab. Mehr als 30 Kriegsschiffe der russischen Schwarzmeerflotte sind dem Militär zufolge im Einsatz, außerdem Hubschrauber und Flugzeuge. Ziel sei es, die Küste der annektierten Halbinsel Krim und dortige Marinestützpunkte bei einer etwaigen Auseinandersetzung zu verteidigen.

Nato verstärkt Präsenz im Baltikum

Währenddessen verstärkt die Nato ihre Präsenz in Osteuropa – mit deutscher Unterstützung. Die Bundeswehr schickt sechs Artilleriegeschütze ins Baltikum. Erste Lastwagen mit Ausrüstung an Bord sind auf dem Weg dorthin. Deutschland führt in Litauen den Einsatz einer Nato-Einheit an. Der Gefechtsverband soll um rund 350 Soldatinnen und Soldaten aufgestockt werden. Denn außer der Ukraine sehen sich auch die baltischen Staaten und andere östliche EU-Länder durch das Verhalten Russlands bedroht.

Damit der Gesprächsfaden ungeachtet der militärischen Aktivitäten nicht abreißt, geht die Reisediplomatie weiter. Morgen wird Scholz in Moskau erwartet – zu einem Gespräch mit Wladimir Putin. Am Tag zuvor meldet sich dessen Außenminister zu Wort. Zwar sei es nicht möglich, endlos Gespräche zu führen, sagt Sergej Lawrow. Aber es gebe immer eine Chance für eine Einigung. Über die Bedingungen, unter denen Moskau einer Verständigung möglicherweise zustimmen würde, wird Scholz morgen mit dem russischen Präsidenten sprechen. Es werden schwierige Gespräche, wieder einmal.

  • Zum Artikel: Ukraine-Krise: Russland will weiter mit Nato verhandeln

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