Bildrechte: picture-alliance/Geisler-Fotopress; Christoph Hardt

Heiner Geißler im Juni 2017 bei einem seiner letzten TV-Auftritte

Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

Trauer um CDU-Politiker Heiner Geißler

Der CDU-Politiker Heiner Geißler ist mit 87 Jahren gestorben. Dies teilte sein Sohn der Deutschen Presseagentur mit. Geißler gehörte jahrzehntelang zu den prägenden Persönlichkeiten der bundesdeutschen Politik.

Über dieses Thema berichtet: BR24 Infoblock.

Er war stets ein Querdenker, für manche auch ein Querulant: Eigentlich wollte er Priester werden, merkte jedoch, dass die Ordensgelübde Keuschheit und Gehorsam nicht für ihn geschaffen waren. Also entschied sich Heinrichjosef – genannt Heiner – Geißler für eine weltliche Karriere als Politiker. Mit 35 zog er für die CDU zum ersten Mal in den Bundestag ein, zwei Jahre später wurde er Sozialminister in Rheinland-Pfalz.

Ab 1976 CDU-Generalsekretär

1969 wurde Helmut Kohl Ministerpräsident in Rheinland-Pfalz. Seither waren Kohl und Geißler politische Weggefährten. Als Kohl 1976 CDU-Chef wurde, machte er Geißler zum Generalsekretär. Der verfuhr nach dem Motto: Wer nicht zuspitzt, der wird nicht gehört. Die SPD nannte er die "Fünfte Kolonne Moskaus", und auf die Gegner der Nachrüstung gemünzt wetterte Geißler 1983 im Bundestag:

"Dieser Pazifismus der 30er Jahre hat Auschwitz erst möglich gemacht." Heiner Geißler

Zwar relativierte er solche Attacken immer wieder, aber er hatte sein Ziel erreicht: Themen setzen, Debatten auslösen, für Aufregung sorgen. Über Geißlers Auschwitz-Äußerungen empörte sich SPD-Chef Willy Brandt noch zwei Jahre später: 

" Ein Hetzer ist er, seit Goebbels der schlimmste Hetzer in diesem Land." Willy Brandt

Als Helmut Kohl Mitte der 80er Jahre in den Verdacht geriet, vor dem Parteispenden-Untersuchungsausschuss eine Falschaussage gemacht zu haben, sprang Geißler ihm bei:

"Es ist absolut absurd, dem Bundeskanzler vorwerfen zu wollen, er hätte hier vorsätzlich die Unwahrheit gesagt. Möglicherweise hat er einen Blackout gehabt. Das kann in einer sehr langen Anhörung ja mal der Fall sein."

Bruch mit Kohl im Jahr der Wende

1989 dann der Bruch der Politiker-Freundschaft: Kohl vermutete, Geißler wolle ihn stürzen – und entmachtete ihn. Geißler blieb jedoch auch danach ein unbequemer Mahner: Schon Mitte der 90er Jahre empfahl er schwarz-grüne Koalitionen, später sprach er sich für eine gelegentliche Zusammenarbeit in den Kommunen des Ostens zwischen Linkspartei und CDU aus. Als Edmund Stoiber ihm vorwarf: wer für alle offen sei, der sei nicht mehr ganz dicht im Kopf, entgegnete Geißler: 

"Ja gut, aber lieber bin ich nicht ganz dicht, als dass ich zu viel Beton im Kopf habe."

Globalisierungskritik und Schlichten statt Zuspitzen

Weil alle Parteien inzwischen nur noch neoliberal seien und sich zu wenig um die Auswüchse des Kapitalismus kümmerten, trat Geißler 2007 Attac bei. Dass er nicht nur Streit anzetteln, sondern auch schlichten kann, demonstrierte Geißler nach seinem Ausscheiden aus der Politik in mehreren Tarifkonflikten. 2011 versuchte er außerdem im Streit um das Bahnprojekt Stuttgart 21 die Wogen zu glätten. 

Eines ist dem passionierten Bergsteiger und früheren Gleitschirmflieger, der sich 1992 bei einem Absturz schwer verletzte, Zeit seines Lebens immer gelungen:  

"Ich bin nie in eine Situation geraten, aus der ich mich nicht hätte selber retten können. Also, eine Art Grenzbelastung muss man schon probieren, aber man darf nicht so weit gehen, dass man nicht selber wieder rauskommen kann. Also, die Regel hab ich immer eingehalten.“ Heiner Geißler