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Radfahrer in Gefahr

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Toter Winkel: Warum so wenig dagegen getan wird

Der tote Winkel ist lebensgefährlich: Beim Abbiegen sehen Lkw-Fahrer Radler oder Fußgänger nicht, immer wieder kommt es zu tödlichen Unfällen. Dabei gibt es technische Lösungen, die das Risiko minimieren. Doch die gesetzlichen Vorschriften fehlen.

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Schlagzeilen der letzten Monate: Tote Radfahrer in Hamburg, Hannover, Berlin, Brandenburg und in der vergangenen Woche auch in München. Hier wurde ein 9-jähriges Mädchen auf dem Weg zur Schule von einem abbiegenden Lkw erfasst. Anton Schnürer hat 2016 seine Tochter bei einem Abbiegeunfall in München verloren. Der Lkw-Fahrer sah sie im toten Winkel nicht.

"Wir kämpfen seitdem mit unserem Leben. Nicht bloß die Familie, der Verlobte, Bruder, Schwester. Die Schwester hat ihre beste Freundin verloren. Auch wenn ich jetzt an das Mädchen denke. Da krieg ich Wut im Bauch. Warum passiert nichts?" Anton Schnürer

Zehn Tote bei Abbiegeunfällen

In Bayern gab es im vergangenen Jahr laut Innenministerium insgesamt 1.994 Verkehrsunfälle mit Radfahrern, die von Pkw oder Lkw durch Fehler beim Abbiegen verursacht wurden. Dabei wurden 1.984 Radfahrer verletzt und zehn getötet.

"Die Lkws müssen Sicherheitssysteme haben, sobald ein Fehler passiert, das ist eine Waffe. Für mich ist ein Lkw eine Waffe." Anton Schnürer

Abbiegeassistenten nicht gesetzlich vorgeschrieben

Solche elektronischen Abbiegesysteme, die Unfälle wegen des toten Winkels vermeiden helfen, sind technisch bereits weit entwickelt, werden serienmäßig aber nur bei Mercedes eingebaut. Auch weil dies gesetzlich nicht vorgeschrieben ist. Ein Thema, das auch auf der Agenda von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer steht. Sein großes Ziel: null Verkehrstote.

Geht es aber um eine gesetzliche Pflicht für Abbiege-Assistenten, wird nach Brüssel verwiesen. Erst sollen Kriterien für die Prüfung der Assistenzsysteme festgelegt und international harmonisiert werden, dann per EU-Vorschrift eingeführt werden. EU-Richtlinien stünden nationalen Alleingängen im Weg.

Abbiegeassistenten können Leben retten

Unfallforscher Siegfried Brockmann sagt, viele Länder glauben eben nicht, dass der Sicherheitsaspekt so dramatisch ist und sie beteiligen sich deshalb nicht. Bis eine EU-Verpflichtung komme sagt er, dauere es noch Jahre.

So lange es kein Gesetz gibt, so lange fühlen sich die meisten Speditionen nicht in der Verantwortung, ihren Lkw-Fahrern elektronische Assistenten an die Hand zu geben. Sicher ist, die Systeme könnten Leben retten.

"In Zweidritteln aller Lkw-Abbiegeunfälle mit Fahrrädern würde tatsächlich ein solches System wirken - und auch so wirken, dass der Unfall gar nicht stattfindet." Unfallforscher Siegfried Brockmann

600 Euro für Abbiegesystem

Bei Edeka Südbayern kommen sie schon zum Einsatz. Mittlerweile sind 1.100 Fahrzeuge umgerüstet worden. 600 Euro kostet das pro Fahrzeug. Aber es lohnt sich, sagt Anton Klott von Edeka Südbayern. Die Fahrer hätten durchweg positive Erfahrungen.

Politisch kommt langsam Bewegung in das Thema. Vor wenigen Tagen haben mehrere Bundesländer eine Initiative in den Bundesrat eingebracht. Sie wollen den Bund zwingen, sich in der EU dafür stark zu machen, dass elektronische Warnsysteme in Lkw zur Pflicht werden.