Soll ausgerechnet ein Zug den Namen des jüdischen Mädchens Anne Frank tragen, das von den Nazis deportiert und ermordet wurde? Nein, findet die Anne-Frank-Stiftung in Amsterdam und hat damit eine Debatte ausgelöst. Auch viele internationale Medien griffen die Debatte auf.
Erinnerung an Deportationen
"Die Namensgebung führt zu Kontroversen, und das verstehen wir gut", heißt es in einer Erklärung der Stiftung vom Montag. Die Verbindung von Anne Frank und einem Zug führe zu Assoziationen mit den Juden-Deportationen während des Zweiten Weltkriegs.
"Diese Verbindung ist schmerzlich für Menschen, die die Deportationen miterlebt haben und verursacht neuen Schmerz bei jenen, die mit den Folgen der Deportationen leben müssen."
Anne-Frank-Stiftung
Man sei sich aber bewusst, so die Stiftung weiter, "dass Initiativen wie diese meist mit guten Absichten geschehen."
Auch die Anne Frank-Bildungsstätte in Frankfurt am Main äußerte sich skeptisch. "Wir sehen das sehr ambivalent", sagte Meron Mendel, der Direktor der Einrichtung. Sie als Namensgeberin zu verwenden, sei grundsätzlich positiv. Es dürfe aber nicht vergessen werden, dass Anne Frank wie Millionen andere europäische Juden in Zügen der Reichsbahn deportiert worden sei. Viele Menschen in den sozialen Medien bezeichneten den Plan der Bahn als "geschmacklos". Man solle Plätze und Straßen nach Anne Frank benennen, aber nicht Züge.
Bahn will Bedenken ernst nehmen
Die Bahn will ihre neuen ICE4-Züge nach bedeutenden Persönlichkeiten benennen. Unter den angedachten Namen sind neben Anne Frank auch der frühere Bundeskanzler Konrad Adenauer, die NS-Widerstandskämpfer Geschwister Scholl, der Autor Erich Kästner oder der Theologe Dietrich Bonhoeffer. Ziel sei es, "diese Persönlichkeiten zu ehren und die Erinnerung an sie wachzuhalten", erklärte die Bahn. Der Name Anne Frank sei einer der am meisten eingereichten Vorschläge gewesen. Man werden die Bedenken aber ernst nehmen und nochmal darüber diskutieren, so die Bahn. Jüdische Organisationen hätten ihr dabei ihre beratende Begleitung zugesagt.