Eingang eines schwedischen Geschäfts
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Schwedens Pandemiegesetz: Maßnahmen gegen die Sorglosigkeit

Schwedens Pandemiegesetz: Maßnahmen gegen die Sorglosigkeit

Schweden vertraut nicht mehr allein auf die Einsicht: Mit einem neuen Pandemiegesetz erhält die Regierung weitreichende Befugnisse im Kampf gegen Corona. Doch voll durchgreifen will sie noch nicht.

Die Abgeordneten im Stockholmer Reichstag hatten dem neuen Pandemiegesetz am vergangenen Freitag kaum zugestimmt, da lud Ministerpräsident Stefan Löfven bereits zu einer Pressekonferenz, um weitere Maßnahmen zu verkünden.

Über Monate hatten die Gesundheitsbehörde und die Regierung vor allem an die Vernunft der Menschen appelliert. Doch die setzte bei vielen angesichts der Sonderangebote in der Weihnachtszeit offenbar aus. Beispielsweise wurde der Hinweis "Halte Abstand" in den vollen Shoppingmalls und Geschäften in Stockholm vielfach schlicht ignoriert. Nun soll das neue Gesetz helfen, das von Schwedens Sozialministerin Lena Hallengren eiligst auf den Weg gebracht wurde.

Der Staat greift ein

Das Gesetz gibt der Regierung nun mehr Möglichkeiten im Kampf gegen die Corona-Pandemie. Im Fokus stehen zunächst Fitnessstudios, Sportvereine, Schwimmbäder und Einkaufszentren. Erstmals kann die Regierung die Öffnungszeiten begrenzen und diese Orte ganz schließen lassen. Auch privat kann der Staat nun eingreifen und die Freiheit jedes einzelnen einschränken. Das gab es seit dem Zweiten Weltkrieg in Schweden nicht.

Maximal acht Personen dürfen sich künftig privat treffen. Bislang fehlte dafür die rechtliche Grundlage. Gedränge und volle Geschäfte wie in der Weihnachtszeit sollen künftig verhindert werden. Die Verantwortung tragen nun die Ladenbesitzer. Sie sollen sicherstellen, dass pro Person zehn Quadratmeter zur Verfügung stehen. Werden die Vorgaben nicht eingehalten, drohen Geldbußen - theoretisch. Denn bislang sind die schwedischen Behörden nicht durch harte Kontrollen der Vorgaben aufgefallen.

Schlechte Vorbilder

Doch wie schwer sich einige Schwedinnen und Schweden immer noch mit den Corona-Regeln tun, zeigt auch, dass sich selbst einige Regierungsmitglieder und hohe Beamte nicht so recht an die Vorgaben halten wollen. Die Finanzministerin wurde von einer Tageszeitung im Skigebiet gesichtet, der Chef der Zivilschutzbehörde wollte über Weihnachten auch in Corona-Zeiten nicht auf seinen Gran-Canaria-Urlaub verzichten und musste schließlich vor wenigen Tagen zurücktreten.

Auch Ministerpräsident Löfven selbst musste sich kritische Fragen gefallen lassen, nachdem er in der Weihnachtszeit in einem großen Stockholmer Kaufhaus gesehen wurde. In einem Interview sagte Löfven später, er habe noch nie im Internet bestellt. Für einen Ministerpräsident eines sehr technikaffinen Landes ist das zumindest bemerkenswert.

Ein harter Lockdown und Reisebeschränkungen wie im Nachbarland Dänemark sind derzeit in Schweden aber nicht absehbar - im Gegenteil. Am vergangenen Freitag zweifelte Schwedens oberster Gesundheitsbehördenchef Johan Carlson an der Wirkung weitreichender Maßnahmen: "Geschäfte zu schließen und dann zu glauben, dass sich deutlich weniger Menschen anstecken, das ist falsch", so Carlson in den schwedischen Abendnachrichten.

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