Protestierende
Bildrechte: BR | Srdjan Govedarica

Die Demonstranten auf dem Siegesplatz in Bukarest sind wütend auf die sozialdemokratische Regierung und fordern lautstark ihren Rücktritt.

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Rumänien am Scheideweg der Demokratie

Bürgerproteste: ARD-Korrespondent Srdjan Govedarica und seine Kollegin Andrea Beer haben Demonstrierende in Bukarest getroffen und erklären, wogegen die Menschen demonstrieren.

Am Wochenende nach dem umstrittenen Gewalteinsatz der Gendarmerie haben mehrere Hundert Menschen mit Gas,- und Atemschutzmasken auf dem Bukarester Siegesplatz an die Geschehnisse erinnert. Geschätzte 100.000 Menschen hatten am 10. August 2018 gegen die Justizgesetze und Korruption demonstriert und den Rücktritt der sozialdemokratisch geführten Regierung und eine Neuwahl gefordert. Rund 450 Menschen wurden dabei verletzt, darunter auch rund 30 Angehörige der Gendarmerie. Die Demonstrierenden kommen aus vielen Ecken der rumänischen Zivilgesellschaft. Srdjan Govedarica und Andrea Beer haben einige getroffen und stellen dar, wogegen sich die Proteste richten.

Hier können sie das Audio hören

Gewaltbereite Gruppen unter den Demonstrierenden hatten die Gendarmerie angegriffen, doch diese hatte massiv Tränengas, Wasserwerfer und Schlagstöcke gegenüber der friedlichen Menge eingesetzt und auch Journalisten behindert, darunter die Teams des ORF und des ARD Studios Wien. Die Generalstaatsanwaltschaft und die für die Gendarmerie zuständigen Militärstaatsanwälte ermitteln. Fast dreihundert Teilnehmer der Demonstration haben inzwischen Strafanzeige gegen die Gendarmerie gestellt und es wurden knapp 130 Betroffene und Augenzeugen angehört. In Brüssel sorgt unterdessen ein Brief der rumänischen Regierungschefin Viorica Dancila (PSD) für Verwunderung. Diese hat versucht, die friedlichen Proteste in einen „Umsturzversuch“ umzudeuten. Unter anderem sind die oppositionellen Liberalen empört. In dem Schreiben an EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und dessen Vize Frans Timmermans stünden unfassbare Lügen, die eine Beleidigung für die Intelligenz der Empfänger darstellen würden. Der konservative rumänische Europaabgeordnete Siegfried Muresan findet sogar, noch nie habe er einen Regierungschef erlebt, der (oder die) so viele Unwahrheiten über sein eigenes Volk zu Papier bringen würde. Vertreter der rumänischen Zivilgesellschaft werfen der Regierungschefin vor, den bisherigen Erkenntnisstand der Ermittler zu verschweigen. Bisher seien noch keinerlei Indizien oder Ursachen gefunden worden, die die Polizeigewalt vom 10. August rechtfertigen würden.