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Nach Steudtner-Freilassung: Anwalt von Tolu bleibt zurückhaltend

Der Anwalt der deutschen Journalistin Mesale Tolu hat nach der Freilassung von Peter Steudtner keine Erwartungen für seine Mandantin. "Die Politik der Türkei folgt keiner Rationalität", sagte der Berliner Jurist Dieter Hummel. Von Claudia Steiner

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 1 am Vormittag am .

"Die Vorwürfe sind bei Mesale Tolu wie bei Peter Steudtner schlicht an den Haaren herbeigezogen und durch keinen einzigen objektiven Beweis belegt. (...) Frau Tolu im Knast sitzen zu lassen, während Steudtner freigelassen wird, ist Willkür." Anwalt Dieter Hummel zur "Frankfurter Rundschau"

Der Rechtsanwalt sprach von einer "nachhaltigen und nachdrücklichen Betreuung" seiner Mandantin durch das deutsche Konsulat in Istanbul. Er wisse nicht genau, welcher diplomatische Druck ausgeübt werde, aber "ich habe keine Veranlassung anzunehmen, dass er im geringer ist als im Fall Steudtner", sagte Hummel.

Kundgebung in Ulm

Der Solidaritätskreis "Freiheit für Mesale Tolu" forderte unterdessen erneut die Freilassung von Tolu, des "Welt"-Journalisten und aller gefangengehaltenen Journalisten. Seit 180 "beraubten Tagen" sitze Tolu hinter Gittern. Heute Abend findet auf dem Münsterplatz in Ulm eine weitere Solidaritätskundgebung für die Journalistin statt. Tolu wurde am 30. April in Istanbul festgenommen. Sie arbeitete in Istanbul als Journalistin und Übersetzerin für die linke Agentur Etha.

Schulz fordert Politikwechsel

SPD-Chef Martin Schulz forderte derweil die türkische Regierung nach der Freilassung von Steudtner auf, ihre Politik grundlegend zu ändern.

"Die türkische Regierung darf Rechtsstaatlichkeit und internationale Kooperationen nicht weiter infrage stellen." SPD-Chef Martin Schulz

Dass Steudtner nun wieder auf freiem Fuß ist, sei ein gutes Signal, "mehr aber auch nicht", sagte der Parteivorsitzende den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Schulz bezeichnete die Freilassung des Deutschen als "Selbstverständlichkeit". Steudtner habe unschuldig in Haft gesessen. "Die Konsequenz sollte nun sein, dass die türkische Justiz das ganze Verfahren einstellt", so Schulz.

Nach mehr als 100 Tagen wieder in Berlin

Ein Istanbuler Gericht hatte am Mittwochabend Steudtner und weitere Menschenrechtler unter anderem von Amnesty International nach mehr als 100 Tagen Haft freigelassen. Die Aktivisten waren im Juli dieses Jahres während eines Menschenrechts-Seminars auf der Prinzeninsel Büyükada in der Nähe von Istanbul festgenommen worden. Ihnen wird unter anderem die Unterstützung von Terrororganisationen vorgeworfen.

Steudtner ist inzwischen wieder in Berlin. Er landete gestern Abend an Bord einer Maschine der Turkish Airlines am Flughafen Tegel. Berichten zufolge wurde er von der Polizei nach draußen eskortiert. Auf Wunsch seiner Familie sollte die Ankunft im privaten Rahmen ohne Medienrummel stattfinden.