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Hass gegen Bürgermeister - keine Ausnahme

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Nach Messer-Angriff: Hass gegen Bürgermeister keine Ausnahme

Nach Messer-Angriff: Hass gegen Bürgermeister keine Ausnahme

Der Bürgermeister der Stadt Altena, Andreas Hollstein (CDU), ist von einem Mann mit einem Messer angegriffen worden. Hass gegen Bürgermeister ist keine Seltenheit. Das Motiv ist oft Fremdenfeindlichkeit. Von David Friedmann

Über dieses Thema berichtet: radioWelt am .

In Hof beschmieren Unbekannte die Mauern der städtischen Jugendherberge - die als Asylbewerberunterkunft dient - mit Hakenkreuzen. Ebenso das Haus von Oberbürgermeister Harald Fichtner.

Und in Wenzenbach im Landkreis Regensburg wird Bürgermeister Sebastian Koch als "Asylanten-Bürgermeister" beschimpft, weil er die Zustände in einer Flüchtlingsunterkunft kritisiert hat.

"Und das führt dazu, dass natürlich eher die Konflikte auch in einen Bereich überschwappen, wo sie nicht hingehören. Nämlich in eine tätliche Auseinandersetzung, in eine Bedrohung, in eine Einschüchterung." Hans-Peter Mayer, stellvertretender Vorsitzender des Bayerischen Gemeindetags

Viele Bürgermeister haben Angst vor Hass-Lawinen

Kaum einer der betroffenen Bürgermeister will sich zu den Übergriffen äußern. Wahrscheinlich aus Angst, weitere Hass-Lawinen loszutreten, vermutet Mayer.

"Im Prinzip macht einem jede dieser Tätlichkeiten betroffen, sei es eine Messer-Attacke, sei es auch eine Bedrohungslage, die auf den Bürgermeister, seine Familie durchschlägt – und die lässt einen zweifeln, wie geht’s weiter, wie will man in Zukunft dann auch noch engagierte Kommunalpolitiker finden, die sich für dieses Amt zur Verfügung stellen." Hans-Peter Mayer, stellvertretender Vorsitzender des Bayerischen Gemeindetags

Bürgermeister in Pfaffenhofen bekommen Morddrohungen

In Pfaffenhofen an der Ilm erlauben sich der erste und der dritte Bürgermeister Thomas Herker und Roland Dörfler, eine islamfeindliche Kundgebung zu kritisieren. Es geht um den geplanten Bau einer Moschee in der Stadt. Daraufhin erhalten beide Bürgermeister Morddrohungen. Der Tenor: "Wir werden euch totprügeln". Thomas Herker nimmt’s überraschend gelassen.

"Generell kann man feststellen, die Diskussion verroht in den letzten Jahren speziell auf digitaler Ebene. Die Menschen sind tendenziell mehr auf die eigenen Interessen bezogen und weniger umfassend denkend und nicht jedem kann man’s recht machen. Ich hab‘ auch schon Bürger mit dem Hackebeil in der Hand im Büro herin stehen gehabt, die sich über Strafzettel aufgeregt haben. Also, ich glaub, man kann’s nicht nur an einem Themenfeld festmachen, sondern es ist eine gesellschaftliche Veränderung." Thomas Herker dritter Bürgermeister von Pfaffenhofen an der Ilm

Beschimpfungen und Gewaltandrohungen gegen Bürgermeister

In Augsburg unterstützt Oberbürgermeister Kurt Gribl ein Projekt namens "Kulturküche", in dem Menschen aus 14 Nationen Essen für Kitas und Schulen kochen. OB Gribl bekommt daraufhin Briefe mit rechtsextremen Beschimpfungen. Und in München unterstützt Oberbürgermeister Dieter Reiter die Willkommenskultur für Flüchtlinge. Pegida-Anhänger marschieren vors Rathaus und fordern: "Reiter muss weg – notfalls mit Gewalt".

Gibt es zu wenig Stammtische, die den Hass relativieren?

Hans-Peter Mayer vom Bayerischen Gemeindetag glaubt, dass solche hasserfüllten Botschaften nur möglich sind, weil bestimmte Kontroll-Mechanismen weggefallen sind. Zum Beispiel die viel gescholtenen "Stammtische".

"An den Stammtischen sind viele kommunale Themen unmittelbar angesprochen worden und der, der dann eine Extremposition bezogen hat, der sich besonders aufgeregt hat, ist auch von den anderen Anwesenden wieder geerdet worden, auf den Boden zurückgeholt, relativiert worden. Und so Mechanismen fehlen immer mehr." Hans-Peter Mayer, stellvertretender Vorsitzender des Bayerischen Gemeindetags

Bürgermeister kriegen den Hass ab - weil sie vor Ort sind

Außerdem begünstigt die Anonymität des Sozialen Netzes die Hass-Tiraden gegen Bürgermeister.

"Eines ist für den Bürger klar: Der Bürgermeister ist der, der vor Ort handhabbar ist. Und sei es für Entscheidungen auf europäischer Ebene, auf Berliner Ebene, auf Münchner Ebene – der Bürgermeister ist vor Ort und er wird mit dem identifiziert und wird damit dann auch zur Verantwortung gezogen." Hans-Peter Mayer, stellvertretender Vorsitzender des Bayerischen Gemeindetags

Womit die vielgepriesene "Volksnähe" für Bürgermeister immer gefährlicher wird, je enthemmter eine bestimmte Gruppe des Volkes seine Meinung kundtut.