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Mikroplastik-Teilchen

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Mikroplastik belastet auch das Mittelmeer massiv

Eine Rekordmenge vermeldet die Umweltorganisation WWF: 1,25 Millionen Mikroplastik-Teilchen pro Quadratkilometer wurden im Mittelmeer gemessen. Besonders schlimm sei die Situation in den Sommermonaten - wegen der Touristen-Massen.

Wie der WWF zum internationalen UN-Tag der Meere am 8. Juni in seinem aktuellen Report pünktlich zur Sommerreise-Saison feststellt, besteht der Müll im Mittelmeer auf offener See, am Meeresgrund und an seinen Stränden zu 95 Prozent aus Kunststoff. Verschärft werde das Müllproblem im Mittelmeer durch den Massentourismus: Während der Sommermonate steigern die jährlich 320 Millionen Mittelmeer-Touristen die Abfallbelastung des Meeres um 40 Prozent. Besonders für Mikroplastik wurden laut WWF Rekordmengen gemessen.

Mittelmeer als Sammelbecken für Plastikmüll

Das Mittelmeer gilt als sechstgrößtes Sammlungsgebiet für Meeresmüll. In diesem Meer, das nur ein Prozent des Wassers auf der Erde enthält, befinden sich sieben Prozent des weltweiten Mikroplastiks. Bis zu 1,25 Millionen Plastikfragmente wurden laut WWF pro Quadratkilometer gezählt.

Tiere und Natur leiden unter Plastikmüll im Meer

Von den Folgen der maritimen Plastikverschmutzung sind im Mittelmeer laut WWF 134 verschiedene Tierarten betroffen, darunter 60 Fischarten, die drei heimischen Meeresschildkrötenarten, neun Seevogelarten und fünf Meeressäugerarten: Pott- und Finnwale, Tümmler sowie Rundkopf- und Fleckendelfine. 18 Prozent der Thunfische und Schwertfische haben Plastik im Magen, vor allem Zellophan und PET, so die Umweltschützer. In den Mägen einiger im Mittelmeer lebender Meeresschildkröten wurden bis zu 150 Plastikfragmente gefunden.

Viel zu viel Plastikmüll von den Mittelmeer-Anrainern

Hauptsächlich stamme der Plastikmüll aus der Türkei und Spanien, gefolgt von Italien, Ägypten und Frankreich. Diesen Mittelmeer-Anrainerstaaten wirft der WWF Lücken im Abfallmanagement vor. Dadurch trügen Flüsse die Abfälle ins Meer, vor allem der Nil, der Ebro, die Rhone, der Po und die türkischen Flüsse Ceyhan und Seyhan, die durch dicht besiedelte Gebiete fließen, bevor sie im Mittelmeer münden. Der WWF fordert: Europa müsse seine Struktur für Abfallentsorgung und Recycling verbessern. Andernfalls drohe das Mittelmeer zu einer "Plastikfalle zu werden", wie Heike Vesper warnt, die Leiterin Meeresschutz beim WWF Deutschland.

Tourismus fördert Plastik-Problem

Der WWF sieht aufgrund der Zahlen auch den Tourismussektor in der Pflicht: Er soll den Ausbau der Infrastruktur in den Urlaubs-Destinationen unterstützen. Hotels und Schiffe müssen wirksame interne Abfallsammelsysteme einrichten und den Müll vollständig trennen, fordert Vesper. Doch das Problem könne nur gemeinsam gelöst werden. Die WWF-Expertin verlangt ein 'Paris-Abkommen für den Ozean', das die Verschmutzung der Weltmeere stoppt. Die EU-Staaten sollten das Umweltprogramm der Vereinten Nationen, UNEA, in diesem Prozesse unterstützen.

Erschreckende Ergebnisse zum Mikroplastik auch aus der Antarktis

Wie global das Plastik-Problem ist wie und wie dringend nötig Lösungen wären, zeigen nicht nur erneut die Zahlen des WWF. Erst gestern hatte Greenpeace mit veröffentlichten Wasserproben für Aufsehen gesorgt. Demnach sind die auch die Lebensräume der vom Menschen (so gut wie) unbewohnten Antarktis mit kleinsten Plastikteilchen und umweltschädlichen Chemikalien belastet.

In sieben von acht Wasserproben, die die Umweltorganisation Anfang des Jahres während einer Expedition genommen hatte, fanden sich Spuren von Mikroplastik, die zum Beispiel aus Kleidung oder von Fischernetzen stammen. Außerdem waren in sieben von neun Schneeproben giftige Chemikalien zu finden.

Frühere Proben aus anderen Antarktis-Regionen hatte ähnliche Ergebnisse gebracht. Mikroplastik und chemische Schadstoffe werden durch Wind und Meeresströmungen sowie über die Atmosphäre in die entlegenen Regionen getragen und bleiben zum Teil Jahrzehnte in der Umwelt.

Müller fordert weniger Plastikverpackungen

Immerhin: Die Politik scheint den Kampf gegen den Plastikmüll im Meer intensivieren zu wollen. Entwicklungshilfeminister Gerd Müller (CSU) hat erst Anfang der Woche auf das Problem hingewiesen: "2050 wird mehr Plastik in unseren Meeren schwimmen als Fische", sagte Müller, "das zerstört die Lebensgrundlage von 800 Millionen Menschen, die von der Fischerei leben." Zwei Drittel unseres Kunststoffmülls seien Verpackungen und viele von diesen vermeidbar.

Der heute beginnende G7-Gipfel in Kanada will sich mit der Thematik befassen, die EU-Kommission hatte jüngst eine Steuer auf Plastikprodukte ins Spiel gebracht. Das Plastikmüll-Problem war überdies vorgestern auch Thema bei der Befragung von Kanzlerin Merkel (CDU) im Bundestag.

Merkel sprach sich dafür aus, den Kampf gegen den Abfall voranzutreiben. Von einer Steuer auf Plastikprodukte ist sie nach eigenen Worten aber "noch nicht überzeugt".