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Merkel für weitreichende Schließungen nach Weihnachten

Merkel für weitreichende Schließungen nach Weihnachten

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat im Kampf gegen die Corona-Pandemie weitreichende Schließungen nach Weihnachten gefordert. Bei der Debatte im Bundestag warb sie aber auch eindringlich um sofortige Kontaktreduzierung und vorgezogene Ferien.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat weitere Corona-Maßnahmen noch vor Weihnachten gefordert und in einem emotionalen Appell dazu aufgerufen, in der Pandemie-Bekämpfung auf die Wissenschaft zu hören. In der Generaldebatte im Bundestag forderte sie mit Blick auf die aktuellen Zahlen nachdrücklich, die Weihnachtsferien um weitere drei Tage auf den 16. Dezember vorzuziehen.

Die deutschen Gesundheitsämter meldeten dem Robert Koch-Institut (RKI) 590 neue Todesfälle innerhalb eines Tages, wie aus den RKI-Zahlen vom Mittwochmorgen hervorgeht. Das sind über 100 Fälle mehr als beim bisherigen Höchststand von 487 Toten vom vergangenen Mittwoch.

Merkel appelliert an Bevölkerung: Kontakte reduzieren

"Wenn wir jetzt zu viele Kontakte vor Weihnachten haben und anschließend es das letzte Weihnachten mit den Großeltern war, dann werden wir etwas versäumt haben, das sollten wir nicht tun", fügte die Kanzlerin hinzu. Merkel lehnte entsprechend auch eine Öffnung von Hotels rund um die Feiertage ab.

Es gebe wissenschaftliche Erkenntnisse, die seien real und an die sollte man sich besser halten, so Merkel. Die große Mehrheit der Deutschen nehme die Einschränkungen im Sinne der Gemeinschaft hin. Dennoch reichten die Maßnahmen derzeit nicht. Zugleich betonte Merkel, dass sie um die Härte der Maßnahmen für viele wissen, gerade in der Vorweihnachtszeit. "Es tut mir wirklich im Herzen leid."

Strenge Maßnahmen nach Weihnachten

Merkel forderte im Kampf gegen die Corona-Pandemie weitreichende Schließungen nach Weihnachten. In einer Phase bis zum 10. Januar sollten Geschäfte geschlossen werden, sagte Merkel. Es sollten auch die Ferien verlängert oder auf Digitalunterricht umgestellt werden. "Wir müssen alles tun, dass wir nicht wieder in ein exponentielles Wachstum kommen", so Merkel.

Verhalten jedes einzelnen Schlüssel im Kampf gegen Corona

Merkel rief außerdem alle Bürger zu weiterer Rücksicht und Solidarität in der Corona-Krise auf. "Der wichtigste Schlüssel zur erfolgreichen Bekämpfung des Virus bei uns ist das verantwortliche Verhalten jedes Einzelnen und die Bereitschaft zum Mitmachen", sagte die CDU-Politikerin. Sie sei überzeugt, dass die große Mehrheit der Bevölkerung auch weiter dazu bereit sei, wofür sie von Herzen dankbar sei. Merkel erläuterte, dass der Staat in einer freiheitlichen Demokratie anders handeln könne als in Ländern, "die stärker einer Diktatur gleichen".

Impf-Strategie 2021: Merkel rechnet mit verzögertem Effekt

Es sei ein Hoffnungsschimmer, dass erste Impfungen vielleicht Anfang des neuen Jahres beginnen könnten. Im ersten Quartal dürften aber noch nicht so viele Impfungen möglich sein, dass eine signifikante Veränderung in der Bevölkerung zu sehen sein werde. Es gebe aber die Chance, gerade Hochbetagte und Pflegekräfte zu impfen - also in Bereichen, in denen gerade die meisten Todesfälle aufträten. Merkel sprach sich für eine "faire Verteilung" von Impfstoffen auf der Welt aus. Es müssten auch die Entwicklungsländer berücksichtigt werden.

Merkel sieht große Last für Familien

Merkel würdigte in der Corona-Krise die Familien: "Die Familien stehen unter einem besonderen Stress, unter einer besonderen Herausforderung in diesen Zeiten." Man müsse sich diesen Stress immer wieder vor Augen halten. "Jeder ahnt, was jetzt los ist in den Familien, wenn man morgens nicht weiß, hat das Kind Schnupfen, kann es in die Schule gehen, was ist in der Schule los, was wartet auf uns."

Die Regierung habe aber vieles für Familien getan, sagte Merkel. Sie verwies auf die Erhöhung des Kindergeldes ab dem kommenden Jahr, auf steuerliche Entlastungen für Alleinerziehende, den Abbau des Solidaritätszuschlags und die Erhöhung der Kinderkrankentage.

Hohe Neuverschuldung wegen "Ausnahmesituation"

Im Bereich Schule kritisierte Merkel, dass es in Deutschland die Anschaffung von Lehrerlaptops zu lange dauere. Von der Entscheidung, dass jeder Lehrer einen Laptop bekomme, bis zu der Umsetzung, dass jeder einen in der Hand halte, dauere es in Deutschland immer Monate. "Wir können an allen Stellen schneller werden, aber genügend Geld ist da."

Sie verteidigte die hohe Neuverschuldung im Haushalt und verwies auf die Herausforderungen der Corona-Pandemie. "Wir leben (...) in einer Ausnahmesituation", sagte Merkel. "Und wir müssen etwas dafür tun, dass wir in dieser besonderen Situation auch besonders handeln, und das drückt dieser Haushalt aus." Für das kommende Jahr sind neue Kredite in Höhe von fast 180 Milliarden Euro vorgesehen.

Kritik der Opposition

Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner kritisierte die Höhe der Neuverschuldung als völlig überzogen. Es sei möglich, diese zu halbieren - "und zwar ohne Voodoo und Zaubertricks". Deutschland dürfe nicht mehr Schulden machen als unbedingt notwendig und müsse so Stabilitätsanker in der Europäischen Union bleiben.

Zum Auftakt der Debatte stellte sich die AfD strikt gegen die staatliche Corona-Politik. "Auch nach einem Dreivierteljahr stochern Sie immer noch im Nebel und klammern sich an die untaugliche Holzhammermethode 'Lockdown', die mehr Kollateralschäden anrichtet als Nutzen im Kampf gegen das Coronavirus", sagte Fraktionschefin Alice Weidel an die Adresse der Bundesregierung.

Linke dringt auf Vermögensabgabe

Grünen-Chefin Annalena Baerbock forderte, einen "klaren Stufenplan" für den Kampf gegen die Pandemie und klare gesellschaftliche Prioritäten. "Von einer Ministerpräsidentenrunde zur nächsten uns zu hangeln, das kann so nicht weitergehen." Baerbock verlangte ferner, die Corona-Krise und die Hilfspakete für ein Umsteuern in der Politik zu nutzen. "Mit den Milliardenpaketen muss jetzt auch der Grundstein dafür gelegt werden, dass es in Zukunft besser wird."

Die Linke warf der Bundesregierung eine falsche Prioritätensetzung bei den Staatsausgaben vor. "Ihre Politik, die treibt seit Jahren den Keil der sozialen Spaltung immer tiefer in unsere Gesellschaft, und so machen Sie auch in dieser Pandemie weiter", sagte Fraktionschefin Amira Mohamed Ali. Sie erneuerte die Forderung der Linken nach einer einmaligen Vermögensabgabe für "Superreiche, Multimillionäre und Milliardäre" in der Corona-Krise.

Alice Weidel
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Alice Weidel

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