Deniz Yücel frei - Autokorso

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Forderung nach Freilassung weiterer Inhaftierter in der Türkei

Deniz Yücel war nicht der einzige Deutsche, der aus politischen Gründen in türkischer Haft saß. Er selbst und zahlreiche Politiker fordern, dass auch andere Journalisten und Oppositionelle in der Türkei freigelassen werden. Von Janina Lückoff

Der türkische Ministerpräsident Binali Yildirim geht davon aus, dass sich die deutsch-türkischen Beziehungen nun normalisieren. Er appellierte an die Bundesregierung, die Auseinandersetzungen der vergangenen Monate zu begraben. Einzelfälle wie der von Deniz Yücel seien nicht in der Lage, die Beziehungen zu stören, sagte Yildirim der Deutschen Presseagentur. 

Deniz Yücel – kein Einzelfall

Die Bundesregierung sieht das ein wenig anders - als Einzelfall würde Außenminister Sigmar Gabriel den Fall des deutschen Journalisten, der ein Jahr ohne Anklage in der Türkei inhaftiert war, wohl nicht bezeichnen. "Wir haben jetzt insgesamt sieben deutsche Staatsangehörige aus der Haft aus der Türkei herausbekommen, aber weitere fünf sind dort. Es gibt viele andere, die dort in Haft sind. Und wir haben, wenn Sie jetzt an die Werte Europas denken und das, was sich in der Türkei tut, große Meinungsverschiedenheiten", sagte Bundesaußenminister Sigmar Gabriel auf der Münchner Sicherheitskonferenz. Er mahnte erneut an, alle Gesprächsformate mit der türkischen Regierung wieder zu beleben, wohlwissend, dass das nicht einfach werde, so Gabriel. Er kenne keine andere Methode.

Keine "Deals", keine Geschäfte, sagt Gabriel

Dass die Bundesregierung für die Freilassung von Deniz Yücel Zusagen an die Türkei gemacht habe, wies Gabriel in der ARD erneut zurück: "Es gibt kein `Quit pro Quo´ und es gibt keinen Deal, weder einen schmutzigen, noch einen sauberen. Sondern es gibt eine Entscheidung, die wir sehr begrüßen. Und jetzt werden wir versuchen, Dialogforen neu zu installieren, die es bislang immer gab und die alle eingeschlafen waren – ansonsten gibt es gar nichts." Auch Norbert Röttgen von der CDU, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags, geht nicht davon aus, dass es von deutscher Seite Zugeständnisse gab. "Dass die Bundesregierung alles tut, um deutschen Staatsangehörigen Hilfe zukommen zu lassen, um sie auch frei zu bekommen, das ist ihre Pflicht, das ist selbstverständlich, dafür ist sie zu loben. Aber ich kann mir nicht vorstellen, ich halte es für völlig ausgeschlossen, dass es irgendwelche Formen von Konzessionen gibt",, sagte er.

Verhaftung als Macht-Taktik?

Röttgen fügte im SWR hinzu: Wer einmal anfange zu handeln dafür, dass politische Geiseln freigelassen würden, der begebe sich auf einen gefährlichen und falschen Weg." Die Inhaftierung von Deniz Yücel bezeichnet Röttgen als "Macht-Taktik der türkischen Regierung", und so sei die Freilassung "nun auch etwas macht-taktisches", sagte Röttgen. Deniz Yücel selbst sieht das genauso. 

"So wie meine Verhaftung nichts mit Recht und Gesetz und Rechtsstaatlichkeit zu tun hatte, hat auch meine Freilassung nichts mit alledem zu tun", sagte Yücel in einer Videobotschaft. Yücel dankt jenen, die sich für seine Freilassung eingesetzt haben, und er macht auch deutlich: Er wisse nicht, warum er vor einem Jahr verhaftet wurde, und er wisse nicht, warum er nun freigelassen wurde. Er freue sich über seine Freilassung, aber es bleibe ein "bitterer Nachgeschmack" zurück, sagte er mit Blick auf die anderen in der Türkei inhaftierten Journalisten und Oppositionellen.

Bundesregierung will weitere Inhaftierte freibekommen

Michael Roth, Staatsminister im Auswärtigen Amt, bekräftigte im RBB, das sich die Bundesregierung nun mit gleicher Kraft für andere zu Unrecht in der Türkei Inhaftierte einsetzen werde: "Es ist unsere oberste Pflicht im Auswärtigen Amt, es ist die Aufgabe des Außenministers, es ist unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass wir unseren Bürgerinnen und Bürgern helfen, und dass wir auch der Rechtsstaatlichkeit und den Menschenrechten zum Durchbruch verhelfen." Dass sich die Beziehungen zur Türkei nun normalisieren, wie der türkische Regierungschef Yildirim das hofft, das sieht Unionsfraktionschef Volker Kauder noch nicht. Bis dahin sei es noch ein weiter Weg. Die Probleme seien noch nicht ausgeräumt, sagte Kauder der "Rheinischen Post" und erinnerte ebenfalls an die anderen Inhaftierten, die unter rechtsstaatlich fragwürdigen Bedingungen in den Gefängnissen sitzen. Yücels Freilassung sei zu begrüßen, so Kauder, sie wiege aber nicht das Unrecht auf, das dem Journalisten widerfahren sei.