Seine Behörde beobachte eine zurückgehende Fähigkeit der Staats- und Regierungschefs, Konflikte zu verhindern, einzudämmen und zu lösen, sagte er bei einer Wutrede im Weltsicherheitsrat in New York. Das werde auch durch die Zahl der Vertriebenen belegt, die im Jahr 2009 noch bei 42 Millionen gelegen habe. Konkurrierende Interessen würden über Stellvertreterkriege verfolgt, statt eine Lösung durch Diplomatie und Dialog zu finden, sagte Grandi. Als Beispiele nannte er die Konflikte in Syrien, im Irak, Afghanistan und anderen Ländern.
"Sind wir unfähig geworden, Frieden zu vermitteln?" Filippo Grandi
Zudem kritisierte der UN-Experte den Umgang so gut wie aller Länder mit Vertriebenen und Staatenlosen. Diese würden weltweit diskriminiert, ausgegrenzt und verfolgt. Dreiviertel aller Betroffenen gehören einer Minderheit an, und die soziale Ausgrenzung schüre Feindseligkeiten und Ängste in der Gesellschaft weiter. Staaten müssten gleiche Rechte für alle sicherstellen, forderte die UN-Behörde.
Systematische Diskriminierung von Sinti und Roma
Genaue Zahlen zu Betroffenen gibt es laut UNHCR nicht. 2016 meldeten 75 Länder 3,2 Millionen Staatenlose. Die Dunkelziffer sei aber deutlich größer. Die Minderheiten würden meist wegen ihrer Ethnie, Religion oder Sprache ausgegrenzt. Sinti und Roma hätten sogar mit systematischer Verweigerung ihrer Rechte zu kämpfen. Arbeit, Bildung oder Gesundheitsversorgungen blieben ihnen großteils verwehrt. Der Armutsfalle könnten so nur die wenigsten entkommen.
Automatische Staatsangehörigkeit bei Geburt
Grandi forderte, dass alle Kinder in dem Land ihrer Geburt die Staatsangehörigkeit erhalten. In zu vielen Staaten, darunter Deutschland, sei das nicht der Fall. Die weltweit größte Gruppe von Staatenlosen sind laut UNHCR die Rohingya in Myanmar. Eine Offensive der Streitkräfte Myanmars vertrieb zuletzt mehr als 600.000 Rohingya ins Nachbarland Bangladesch.
Für den Bericht hatten Experten im Mai und Juni 120 Interviews mit ehemaligen oder aktuellen Staatenlosen oder gefährdeten Minderheitengruppen aus Madagaskar, der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien und Kenia geführt.