Hausmüll
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#faktenfuchs Müllverbrennung: Geht es nicht ohne Plastikmüll?

Plastik vermeiden ist das Ziel vieler privater und politischer Anstrengungen. Daneben kursiert seit Jahren die Behauptung, dass Müllverbrennungsanlagen Plastik brauchen, um gut zu funktionieren. Was ist dran?

Auf der einen Seite stehen die vielfältigen Bemühungen, Plastikabfall zu vermeiden. Auf der anderen Seite ist seit Jahren zu hören, dass Müllverbrennungsanlagen Plastik brauchen, damit der Müll gut brennt und die Anlage effizient arbeitet. Im Internet finden sich Forumsbeiträge und Social-Media-Kommentare dazu, so auch auf BR24-Facebook.

"Das ist das größte Vorurteil, mit dem wir zu tun haben", sagt Günther Langer, Pressesprecher des Abfallwirtschaftsbetriebes München (AWM). Aussagen wie "Ihr braucht ja Plastik, damit das richtig brennt" oder "Ihr müsst ja Öl zufeuern" kennt er zur Genüge.

Es sei zwar richtig, dass Plastik den Heizwert und damit die Hitze steigert, weil diese Kunststoffe Erdölprodukte sind. Aber das ist aus Sicht des Betreibers der größten Müllverbrennungsanlage Bayerns, des Heizkraftwerks München Nord, nicht notwendig. Die Müllverbrennungsanlage sei gar nicht darauf ausgelegt, große Mengen an Kunststoff zu verbrennen.

Bei zu viel Plastik wird die Verbrennung zu heiß

Als das Heizkraftwerk in der 60er-Jahren erbaut wurde, erläutert Langer, enthielt der angelieferte Müll noch größere Mengen an Glas, das mehr oder weniger nur heiß wird und durchläuft, und auch Biomüll, der die Verbrennung kälter macht. Der Heizwert dieses gemischten Hausmülls lag bei ca. 8.500 Kilojoule. Heute liege er durch die Mülltrennung und höherem Kunststoffanteil wesentlich höher. Etwa 12.000 Kilojoule Heizwert schaffe die Anlage kurzfristig, die ständig nachgerüstet werde. Im besten Fall läuft sie dabei mit etwa 850 bis 1.000 Grad. Aber: "Wenn es heißer wird, leiden die Aggregate", sagt Langer.

Um das zu verhindern, wird gegebenenfalls die Menge des Abfalls reduziert. Langer: "Wir müssen, wenn es zu heiß wird, die Durchsatzmenge senken." Etwa 680.000 Tonnen werden im Heizkraftwerk München Nord jährlich "thermisch verwertet", wie der Fachbegriff für Verbrennen heißt.

Bei zu hohem Heizwert sinkt der Durchsatz

Auch Hartmut Hoffmann, Sprecher des Arbeitskreises Abfall und Rohstoffe vom BUND Naturschutz in Bayern, sagt, dass zu viel Plastik in der Müllverbrennung "sogar störend" sei. Denn der Heizwert steige zu stark an und der Durchsatz sinke. Das heißt: Es kann im selben Zeitraum dann weniger Müll bewältigt werden.

BUND-Experte: "Behauptung ist nicht ganz falsch"

Ganz ohne Plastik funktioniere es aber auch nicht. "Ein kleines bisschen ist nötig", erklärt Hoffmann, damit die Verbrennung ohne Zugabe von Hilfsstoffen ablaufen könne. Die Behauptung, dass Plastik nötig sei, damit die Müllverbrennung richtig laufe, "ist nicht ganz falsch, aber so viel Plastik, wie jetzt im Abfall ist, brauchen die Müllverbrennungsanlagen nicht."

Der Abfallwirtschaftsbetrieb München jedenfalls könnte mit erheblich weniger Plastikabfall leben: "Das würde uns eher entlasten", sagt Langer. "Auch dann würde der Hausmüll bei der Verbrennung eine Temperatur erzeugen, mit der wir zurechtkommen."

"Zu wenig Plastik" ist äußerst unwahrscheinlich

Auch für die Zukunft sieht es der BUND-Experte als sehr unwahrscheinlich an, dass für den Verbrennungsprozess zu wenig Plastik im Abfall ist. Anfang 2019 tritt zwar ein Verpackungsgesetz in Kraft, wonach die Recyclingquote für Kunststoffverpackungen von bisher 36 Prozent auf 63 ansteigen soll. Aber: "Ich glaube nicht, dass der Plastikanteil im Abfall so weit absinkt, dass jedes Mal zugefeuert werden muss. Irgendwie wird ein bisschen drin sein", so Hoffmann. In seltenen Ausnahmen könne es auch heute sein, dass zugefeuert werden müsse, ergänzt Hoffmann: zum Beispiel, wenn im Sommer viel feuchtes Gras anfalle.

"Wenn der Müll brennt, dann brennt er."

Nur wenn die Anlage nach einer Revision leer ist und wieder hochgefahren wird, werde mit Gas angefeuert, so der Pressesprecher des AWM. Damit soll die Anlage kontrolliert wieder erhitzt werden, ohne dass sich etwas verzieht oder kaputt geht. Im regulären Betrieb sei keine Zugabe von Brennstoffen nötig. Langer: "Wenn der Müll brennt, dann brennt er von selber, ohne dass etwas dazugegeben werden muss."

Verbrennendes Plastik bildet Ablagerungen und Säuren

Als weiteres Problem nennt der Pressesprecher der AWM, dass Plastik "sehr korrosiv" verbrenne. Im angelieferten Müll sind viele verschiedene Arten von Plastik inklusive PVC enthalten. Die Kunststoffe bilden Ablagerungen beim Verbrennen und einige entwickeln Säuren, die das Material des Brennofens angreifen. Bei Plastik sei übrigens auch die Rauchgasreinigung sehr aufwändig. Plastik treibt also die Temperatur nach oben und verbrennt korrosiv: "Deswegen sind wir nicht begeistert, wenn noch mehr Plastik kommt", so Langer.

Fazit

Plastik sorgt in der Müllverbrennung für hohe Hitze, was für Betreiber von Müllverbrennungsanlagen eher problematisch ist. Denn Müllverbrennungsanlagen sind nicht auf sehr hohe Temperaturen ausgelegt. Müll braucht – wenn er einmal entfacht ist – keine Zugabe von Brennstoffen, sondern brennt dann von alleine. Seltene Ausnahmen davon sind möglich. Ein bisschen Plastik im Müll dient dem Brennvorgang. Dass der Anteil, selbst nach Inkrafttreten des Verpackungsgesetzes, unter dieses bisschen auf null sinkt, ist sehr unwahrscheinlich.

Stichwort: Heizkraftwerk München Nord

Das Heizkraftwerk München Nord besteht aus zwei Blöcken zur Müllverbrennung und einem Block, der mit Kohle befeuert wird. Müllanlieferungen kommen aus München, dem Landkreis München und zum Beispiel auch aus Donau-Wald, dem Landkreis Freising und dem Landkreis Starnberg. In München Nord wird Restmüll, nicht verwertbarer Sperrmüll und Gewerbeabfall verbrannt.