Plastikmüll

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#faktenfuchs: Mülltrennung - Wo landet deutscher Plastikabfall?

Das deutsche Recycling-System gilt weltweit als Vorzeigemodell. Doch Kritiker bemängeln die offiziellen Zahlen zu den wiederverwerteten Rohstoffen. Dazu zähle nämlich auch Abfall, der später verbrannt oder nach China verschifft werde. Von Jenny Stern

Deutschland recycelt mehr als jedes andere Land auf der Erde: Wie das Weltwirtschaftsforum in einem Facebook-Video darstellt, werden dort 56 Prozent aller Abfälle entweder wiederverwertet oder kompostiert - so viel wie nirgends sonst.

Die Kommentare einiger Nutzer fielen dann allerdings skeptischer aus als der Beitrag selbst. Sie befürchteten, dass der meiste Müll gar nicht im Recycling sondern in Verbrennungsanlagen lande oder das Plastik gleich nach China exportiert werde. In Wirklichkeit sei die Recyclingquote also sehr viel geringer. Was ist dran an solchen Behauptungen?

Kunststoff-Recycling: mindestens 36 Prozent

Wie viel dem Wertstoff-Kreislauf zurückgegeben werden soll, legt eine gesetzliche Quote fest - sie ist je nach Material unterschiedlich. Bei Kunststoffen müssen mindestens 36 Prozent verwertet werden, bis zum Jahr 2022 soll der Wert dann auf 63 Prozent angehoben werden. Laut dem Statistischen Amt der Europäischen Union lag 2015 die Recyclingquote für Kunststoffe in Deutschland bei 48,8 Prozent. Die andere Hälfte wurde zur Energiegewinnung verbrannt.

Streitpunkt Recycling-Quote

Die von den Facebook-Nutzern genannte Kritik an der Recyclingquote ist nicht neu: Als recycelt gilt derzeit nämlich alles, was in eine Recyclinganlage hineingeht. Fremdstoffe oder nicht recyclingfähiges Material würden dadurch zu Unrecht als recycelt gewertet und verzerre die Quoten, sagt Philipp Sommer von der Deutschen Umwelthilfe. Zudem spiele es auch keine Rolle, was am Ende aus dem Recyclingmaterial hergestellt oder ob es eben nach China exportiert werde. Als häufiges Problem nennt Sommer das sogenannte Downcycling: Aus Abfallstoffen werden minderwertige Produkte oder Verpackungen hergestellt.

Wende in Chinas Import-Politik

Über Jahrzehnte importierte China Müll auch aus Deutschland, um daraus Rohstoffe zu ziehen und neue Produkte herzustellen. Im Jahr 2015 gelangten laut Außenhandelsstatistik 600.000 Tonnen Kunststoffabfälle in die Volksrepublik.

Mit dem neuen Jahr wird sich das jedoch ändern, weil China nun seine Einfuhrbestimmungen für Abfall zum Rohstoff-Recycling verschärft. Bestimmte Abfallarten wie verschiedene Plastiksorten, Metall- oder Elektroschrott können dann nicht mehr eingeführt werden. "Ein Problem war, dass der Müll aus dem Westen oft eine mangelnde Qualität aufwies. Es waren zu häufig große Mengen Fremd- oder Schadstoffe enthalten, die das Recycling erschwerten", erklärt Sommer von der Deutschen Umwelthilfe. Im Zuge eines gestiegenen Umweltbewusstseins fordere die Regierung in Peking deshalb, dass der Müll von nun an besser sortiert und weniger verunreinigt in China ankommen solle.

Verschiedene Szenarien für Plastikabfall

Was also wird sich durch die chinesischen Importrestriktionen verändern? Fachleute zweifeln kaum daran, dass sich die Menge an Plastikabfall in Deutschland zusätzlich erhöhen und die Preise deshalb fallen werden. Mehr recyceln könne Deutschland zurzeit wegen fehlender Kapazitäten nicht, sagt Thomas Probst vom Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung.

Er geht davon aus, dass stattdessen ein Teil der Kunststoffabfälle in Deutschland nachsortiert werde, um die Qualität zu verbessern. So könne das Plastik weiterhin nach China verkauft werden. Außerdem, so vermutet Probst, würden Kunststoffabfälle in Zukunft vermehrt verbrannt werden, um Energie zu erzeugen. Sommer von der Deutschen Umwelthilfe befürchtet ein weiteres Szenario: Im schlimmsten Fall, so sagt er, könne sich die Entsorgung von qualitativ minderwertigen Plastikabfällen von China in benachbarte Länder wie Taiwan oder Indien verlagern.