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Recep Tayyip Erdogan

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Erdogan setzt Opposition unter Zeitdruck

Präsident Erdogan hat den Wahltermin deutlich vorverlegen lassen. Dass er antritt, ist klar. Aber gegen wen? Die türkische Opposition steht nun unter Zeitdruck. Nur eine Partei ist vorbereitet: mit einer Frau. Von Christian Buttkereit

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Eigentlich sollten die Türken erst im November Parlament und Präsident neu wählen. Nun verkündete Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan einen neuen Wahltermin und zwar schon bald: "Wir haben entschieden, dass die Wahlen am 24. Juni 2018 stattfinden."

Diese Worte von Erdogan ließ viele in Ankara die Luft anhalten. Erst gestern hatte der Vorsitzende der Nationalisten-Partei MHP, Devlet Bahceli, gefordert, den Wahltermin von November 2019 auf Ende August 2018 vorzuziehen. Das galt schon als ambitioniert. Bahceli hatte das mit der aktuellen Situation der Türkei begründet. Es sei "nicht angemessen und nicht möglich", dass die Türkei "im momentanen Zustand geduldig" bis zum 3. November 2019 warte, so der MHP-Chef.

"Weitere geopolitische Schwierigkeiten"

Was Bahceli damit meinte, erklärt der Kommentator des Fernsehsenders CNN Türk, Hakan Celik, so:

"Es gibt keinerlei Anzeichen dafür, dass sich die Beziehungen zu Europa und den USA in nächster Zeit verbessern werden. Das dürfte weitere geopolitische Schwierigkeiten mit sich bringen. Außerdem könnte sich in Folge der schwachen türkischen Währung die Konjunktur in den kommenden drei bis fünf Monaten deutlich abschwächen. Auch das kann Devlet Bahceli dazu gebracht haben, vorgezogene Wahlen zu fordern."

Argumente, die möglicherweise auch Erdogan überzeugt haben, auf den Vorschlag vorgezogener Wahlen einzugehen. Offiziell begründet der Staatspräsident den vorgezogenen Wahltermin: "Nach dem abgewendeten Putsch vom 15 Juli 2016 hat in vielerlei Hinsicht ein neues Zeitalter begonnen, auch in der Politik."

Gemeint ist vor allem die Abstimmung über die Einführung eines Präsidialsystems. Es würde Erdogan noch mehr Macht verleihen. Die Türken hatten beim Verfassungsreferendum vor einem Jahr dafür gestimmt. In Kraft treten soll es erst nach der gemeinsamen Präsidentschafts- und Parlamentswahl. Damit noch fast anderthalb Jahre zu warten, sei zu spät, sagte Erdogan nun: Es sei notwendig, schneller zum neuen System überzugehen, "damit wir bessere Entscheidungen für die Zukunft unseres Landes treffen und umsetzen zu können".

Wer tritt gegen Erdogan an?

Klar ist, dass Erdogan als Präsident zur Wiederwahl antreten wird. Die Frage ist nur, gegen wen? Die größte Oppositionspartei CHP hat bislang keinen Kandidaten benannt und gerät nun unter Zeitdruck. Trotzdem zeigte sich Parteichef Kemal Kilicdaroglu kämpferisch, als die ersten Spekulationen über den baldigen Wahltermin die Runde machten: "Sie wollen vorgezogene Wahlen? Sollen sie doch. Dann wird das Volk sie abwählen, denn es hat sie satt", so Kilicdaroglu. "Liebe Freunde, wir hingegen werden Recht, Justiz und Gerechtigkeit zurückbringen. Habt keine Sorge, wir stehen kurz davor. Gebt uns die Befugnis dazu und ihr werdet sehen."

Die Vorsitzende der pro-kurdischen HPD, Pervin Buldun, hatte bereits am Vortag auf die Pläne reagiert, die Wahlen vorzuziehen. Dabei dürfte es ihre Partei nicht leicht haben, über die Zehn-Prozent-Hürde zu kommen. Die ebenfalls schwächelnde nationalistische MHP umgeht dieses Problem, indem sie ein Wahlbündnis mit Erdogans AKP eingeht.

"Von allen Parteien sind wir am besten vorbereitet"

Als einzige Gegnerin Erdogans um das Präsidentenamt steht Meral Aksener fest. Die ehemalige Innenministerin ist Vorsitzende der neuen national-konservativen Iyi-Partei. Vermutungen, ihrer erst im Oktober vergangenen Jahres gegründeten Partei dürfte es schwer fallen, so schnell einen Wahlkampf zu organisieren, trat Aksener nach der Ankündigung des Wahltermins entgegen: "Von allen Parteien sind wir am besten vorbereitet. Unsere Organisationen sind fit, zuversichtlich, selbstbewusst und zum Arbeiten bereit. Wir sind keineswegs erschrocken oder erschöpft."