Bildrechte: picture-alliance/dpa

Carlo Cottarelli Ministerpräsident

Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

Cottarelli bekommt Regierungsauftrag

Der italienische Präsident Mattarella hat dem Wirtschaftsexperten Cottarelli den Auftrag zur Regierungsbildung erteilt. Das teilte das Präsidialamt mit. Von Nikolaus Nützel

Über dieses Thema berichtet: BR24 Infoblock am .

Der Wirtschaftsfachmann Carlo Cottarelli hat sich vor seinem Termin bei Italiens Staatspräsident Sergio Mattarella öffentlich erst einmal nicht geäußert. Als er kurz nach der Wahl im März gefragt wurde, ob er sich vorstellen könnte, Ministerpräsident zu finden, sagte er, das sei ein recht ungewöhnlicher Gedanke – aber er hat sich durchaus zu dem geäußert, was die Lega und die Fünf-Sterne-Bewegung in ihr Regierungsprogramm geschrieben haben. Der Ökonom, der jetzt wahrscheinlich den Auftrag bekommt, die Regierung zu führen, hält die Ideen der Mehrheitsparteien - vor allem unter einem finanziellen Aspekt - für ziemlich problematisch.

"Während des Wahlkampfs sind Vorschläge und Versprechen gemacht worden, die nur mit großen Probleme bezahlbar wären. Wir haben jetzt bereits ein sehr hohes Defizit und sehr hohe Staatsschulden. Und wenn Europa und Italien wachsen sollen, ist es schwierig, wenn wir eine Vertrauenskrise haben." Carlo Cottarelli

Keine Unterstützung durch die Fünf-Sterne-Bewegung und die Lega

Auf Unterstützung durch die Fünf-Sterne-Bewegung und die Lega braucht Cottarelli nicht zu hoffen. Deren Chefs sind wütend darüber, dass Staatspräsident ihren Vorschlag für das Wirtschaftsministerium abgelehnt hat – den Ökonomieprofessor Paolo Savona, der als ausgesprochen kritisch gegenüber der Europäischen Währungsunion gilt. Der Chef der Lega, Matteo Salvini, macht klar, dass er Carlo Cottarelli, der nun wahrscheinlich eine Regierung anführen soll, für einen Teil der Probleme Italiens hält, nicht für einen Teil der Lösung.

"Ein Herr vom Internationalen Währungsfonds, also aus genau dem weltweiten Wirtschafts- und Finanzsystem, das uns die Probleme gebracht hat, die wir heute haben – statt einer Regierung aus Lega und Fünf-Sterne-Bewegung, weil sie irgendjemandem in Europa nicht passt, gibt Herr Mattarella also wem den Auftrag? Einem Repräsentanten dieser starken Mächte!" Matteo Salvini, Chef der Lega

Harsche Kritik von Spitzenkandidat der Fünf-Sterne-Bewegung

Wenn Carlo Cottarelli den Regierungsauftrag erhält, wäre er also das, was man in Italien einen „Tecnico“ nennt – ein Fachmann, der ohne besonders prägnante eigene politische Linie das Land durch eine Übergangszeit führt, an deren Ende dann stehen. Die Lega und die Fünf-Sterne-Bewegung fordern solche Neuwahlen so schnell wie möglich – allerdings wäre der früheste denkbare Termin wohl nach der Sommerpause, also im Herbst. Der Spitzenkandidat der Fünf-Sterne-Bewegung Luigi di Maio macht klar, dass er im Wahlkampf nicht nur gegen die anderen Parteien wettern wird, sondern auch gegen Staatspräsident Sergio Mattarella, der den Vorschlag der Mehrheitsparteien für eine abgelehnt hat.

"In diesem Land darf man kriminell oder korrupt sein, wegen Steuerhinterziehung verurteilt sein – und man kann trotzdem Minister werden. Aber wenn du dir erlaubst, die europäischen Verträge zu kritisieren, bis du nicht würdig, Minister zu werden. Das ist nicht akzeptabel." Spitzenkandidat der Fünf-Sterne-Bewegung Luigi di Maio

Luigi di Maio sprich auch von einem Amtsenthebungsverfahren gegen den Staatspräsidenten – doch dafür gibt es sehr hohen Hürden. Präsident Mattarella hat diese Forderungen bislang nicht kommentiert. Bei seiner Ablehnung der Ministerliste machte er aber klar, dass es ihm vor allem um eines gehe: Seine Rolle als Garant der italienischen Verfassung auszuüben.