Symbolbild: Flüchtende Elefantenherde
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Symbolbild: Flüchtende Elefantenherde

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20.000 Elefanten für Deutschland: Absurde PR oder ernst gemeint?

Ein Geschenk, das Deutschland – um es vorsichtig auszudrücken – vor logistische Hürden stellen würde: Botswana droht mit 20.000 Elefanten. Das Netz amüsiert sich, mancher User bietet sich als Pflegestelle an. Was steckt hinter der Drohung aus Afrika?

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

Es klingt nach einem Aprilscherz, aber dafür kam die Nachricht einen Tag zu spät: Der botswanische Präsident Mokgweetsi Masisi will Deutschland 20.000 wilde Elefanten schenken – aus Protest gegen angebliche Beschränkungen bei der Einfuhr von Jagd-Trophäen in die Bundesrepublik.

Im Netz wird die Nachricht tausendfach kommentiert, gelikt, geteilt. Sie würde gern einen kleinen Elefanten aufnehmen, schreibt eine Userin. Leider könne sie "nur reine Wohnungshaltung anbieten", sie sei aber bereit, ihren "Balkon entsprechend zu sichern", schreibt sie. "Ja zu Elefanten in der Lüneburger Heide", kommentiert ein User. Ein anderer stichelt gegen Bayern und bietet an, Deutschland könne die Elefanten ja im Tausch gegen den Freistaat aufnehmen. Und eine Userin fände "ein paar freilaufende Elefanten" in Deutschland "sehr erfreulich".

Elefanten nach Deutschland holen: Theoretisch möglich, aber teure Tierquälerei

Tatsächlich wurden bereits in der Vergangenheit Elefanten über weite Strecken transportiert. 2020 reiste ein Elefant namens Kaavan mit DHL von Pakistan nach Kambodscha. Ein LKW brachte das Tier zum Flughafen. "Während des gesamten Fluges musste die Temperatur kontrolliert werden und Kaavan wurde zur Sicherheit von Veterinären begleitet", schrieb DHL in einer Pressemitteilung [externer Link]. Gemeinsam mit verschiedenen Tierspezialisten sei die Reise monatelang geplant worden. Der Elefant durchlief ein wochenlanges Spezialtraining für den sicheren Ein- und Ausstieg aus der Transportkiste.

Auch Umsiedlungen ganzer Elefantenherden gab es bereits: Botswana übergab 8.000 Elefanten an Angola. Meist würden die Elefanten in solchen Fällen betäubt und per Lastwagen transportiert, erklärt Biologin Mona Schweizer von Pro Wildlife gegenüber BR24. Theoretisch sei ein Transport nach Deutschland möglich, allerdings wäre es sehr teuer und stressig für die Tiere. "Man würde sie in ein Ökosystem bringen, wo sie nicht hingehören", erklärt sie. Deutschland habe nicht das Klima und nicht den Platz dafür, es wäre reine Tierquälerei.

Das Auswärtige Amt erklärte indes, Botswana sei bislang nicht mit einer "offiziellen Schenkungsurkunde auf die Bundesregierung zugekommen". "Und im Übrigen", sagte ein Sprecher, "hat der Präsident ja selbst darauf hingewiesen, dass das Wetter in Deutschland so schlecht ist, dass das mit den Elefanten vielleicht schwierig wird."

Wahlkampfmanöver? Was es mit dem "Geschenk" auf sich haben könnte

Ernst gemeint sei das Geschenk ohnehin nicht, sagt Schweizer. "Ich vermute, dass es ein Hinweis nach innen ist, nach Botswana selbst", sagt sie. Als Präsident Mokgweetsi Masisi zum ersten Mal gewählt wurde, habe er versprochen, dass er etwas für die Lebensumstände der Bevölkerung tun werde. Er habe die Trophäenjagd eingeführt und erklärt, dass die Menschen davon profitieren würden. Das sei nicht passiert. "Um davon abzulenken, wird mit dem Finger nach außen gezeigt", sagt Schweizer. Nun befinde sich der Präsidenten wieder im Wahlkampf. Seine Botschaft an die Menschen in Botswana laute: Ich setze mich im globalen Norden für euch ein.

Zum anderen vermutet die Biologin bei der Aussage einen Zusammenhang mit dem Elfenbeinhandel. Botswana und andere Länder forderten bereits seit Längerem, dass das entsprechende Verbot aufgehoben wird.

Bundesumweltministerium: Einfuhrverbot wird auf europäischer Ebene diskutiert

Ursprünglich war über ein mögliches Einfuhrverbot von Jagdtrophäen nach Deutschland als Hintergrund der Drohung aus Botswana berichtet worden. Doch was ist dran an der Aussage des botswanischen Präsidenten, dass es Armut und Wilderei in Botswana fördere und dem Land schade, wenn die Einfuhr von Jagd-Trophäen weiter eingeschränkt wird?

Deutschland ist mit Abstand der größte Importeur von Jagdtrophäen international geschützter Tierarten in der EU. Nach vorläufigen Angaben des Bundesamts für Naturschutz gab es im vergangenen Jahr 650 Einfuhrvorgänge, davon entfielen 26 auf Afrikanische Elefanten.

Doch die wirtschaftliche Bedeutung für die Bevölkerung von Botswana sei marginal, erklären sowohl Schweizer als auch Heike Henderson, Vorstandsmitglied von Future For Elephants e.V. Es habe von 2019 bis Ende 2023 nur 22 Trophäeneinfuhren von Elefanten und von einem Leoparden aus Botswana nach Deutschland gegeben, das zeigten Zahlen des Bundesamts für Naturschutz. Beide Organisationen befürworten dennoch ein Einfuhrverbot der Jagdtrophäen.

Expertinnen: Keine Überpopulation bei Elefanten

In seinem Land würden Menschen von Elefanten angegriffen und totgetreten, Dörfer verwüstet und Ernten vernichtet, sagte Präsident Masisi außerdem. Elefanten seien eine bedrohte Tierart, die Zahlen seien von rund zehn Millionen vor hundert Jahren auf unter 500.000 gesunken, warnt Heike Henderson. Dank Bemühungen des ehemaligen Präsidenten Ian Khama sei die Population in Botswana seit einigen Jahren recht konstant bei rund 130.000 geblieben. Im Vergleich zu anderen afrikanischen Ländern sei die Population in Botswana groß und stabil, erklärt Schweizer von Pro Wildlife. Doch eine Überpopulation liege nicht vor, es gebe in Afrika einen klaren Rückgang bis 2015 – dem Zeitpunkt der neuesten Daten.

Vielmehr sei das Problem, dass Elefanten in bestimmte Gebiete zurückgedrängt werden, etwa aufgrund von Landnutzung, wenn Zäune gebaut würden oder Migrationsrouten bejagt werden. In diesen Gebieten gebe es eine höhere Konzentration an Elefanten, was zu Konflikten führe. Derartige große Herden seien auch ein Anziehungspunkt für Wilderei.

Paprika und Bienen gegen das Elefanten-Problem in Afrika

Laut dem botswanischen Präsidenten sei Jagd ein wichtiges Mittel, den Bestand zu regulieren. Doch laut Henderson ist die Jagd nicht zur Bestandskontrolle geeignet, sie trage auch nicht zum Artenschutz bei. Auch Schweizer sagt: Aus biologischer Sicht sei die Aussage nicht nachzuvollziehen.

Bisher setze Botswana aufgrund der wirtschaftlichen Situation des Landes eher kurzfristige Mittel ein. Etwa seien Brunnen für Elefanten gebaut worden, damit die Tiere nicht die Brunnen der Menschen benötigen. Aber es sei nötig, langfristig zu denken und auf Koexistenz zwischen Mensch und Tier zu setzen. Das könnte zum Beispiel durch Bienen gelingen, vor denen Elefanten flüchten. Eine andere Möglichkeit sei, auf Pflanzen zu setzen, die bei Elefanten unbeliebt sind, die aber der Bevölkerung trotzdem Erträge sichern. Chilis, Paprika oder Sonnenblumen seien Beispiele dafür.

  • Zum Artikel: "Reheschießen gegen das Waldsterben: Braucht der Forst die Jagd?"
  • Mit Informationen von dpa

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