Die Pandemie ist vorbei – dennoch saßen die Deutschen im vergangenen Jahr mehr als noch 2021. Zu diesem Ergebnis kommt der DKV-Gesundheitsreport, für den der private Krankenversicherer in Zusammenarbeit mit der Deutschen Sporthochschule und der Würzburger Julius-Maximilians-Universität Daten erheben lässt. Im Schnitt 9,2 Stunden, und damit rund eine halbe Stunde mehr als im Vorjahr, saß jeder Deutsche 2022 täglich z.B. am Schreibtisch, vor dem Fernseher oder dem Computer. Am längsten gesessen wurde in Nordrhein-Westfalen. Danach folgt Bayern mit 566 Minuten täglich, also rund 9,4 Stunden.
Im Osten der Republik wird der Studie zufolge weniger gesessen als im Westen. Männer (10 Stunden) sitzen länger als Frauen (8,6 Stunden). Grundsätzlich gilt: Je jünger die Befragten, desto mehr Zeit am Tag verbringen sie im Sitzen. In der Altersgruppe der 18- bis 29-Jährigen waren es mehr als 10 Stunden täglich, bei den über 66-Jährigen dagegen nur rund 7,5 Stunden. Die Gesellschaft habe "im Bezug auf das Sitzen die Kehrtwende nicht geschafft", erklärte der Studienleiter Ingo Froböse von der Deutschen Sporthochschule anlässlich der Vorstellung des Gesundheitsreports. Das Sitzen sei der Feind der Gesundheit und das sei noch nicht angekommen, betonte Professor Froböse. Er rät: So wenig Sitzen wie möglich. Wer das nicht könne, so Froböses Empfehlung, solle pro Stunde fünf bis zehn Minuten Pause vom Sitzen machen.
Was ist "gesund" und wie viele Menschen leben so?
Weiterer Studienschwerpunkt: Die Frage, wann der Lebensstil insgesamt ein gesunder ist? Die Studie macht das vom persönlichen Verhalten in fünf Teilbereichen abhängig: körperliche Aktivität, Ernährung, Rauchen, Alkohol und Stressempfinden. Legt man die Werte aus diesen Bereichen zugrunde, führen im bundesweiten Schnitt nur 17 Prozent der Befragten eigenen Angaben zufolge einen gesunden Lebensstil, ernähren sich also z.B. ausgewogen, rauchen nicht und trinken nahezu keinen Alkohol.
Nicht einmal jeder Fünfte erfülle damit das "Rundum-Sorglos-Paket", erklärte Studienleiter Froböse. Im Gesundheitsreport 2021 waren es nur 11 Prozent. Der aktuellen Studie zufolge führen 18,5 Prozent der bayerischen Befragten einen gesunden Lebensstil. Damit liegt das Bundesland im Mittelfeld. In Bayern wurden für den DKV-Gesundheitsreport rund 200 Menschen befragt. Insgesamt waren es rund 2.800.
Bayern an der Spitze: So halten es die Menschen mit der Bewegung
Spitze sind die Bayern, zusammen mit den Hamburgern, bei der körperlichen Aktivität. Mit 76 Prozent bewegen sich mehr als drei Viertel der Menschen im Freistaat so viel, dass ihre Gesundheit davon profitiert. Im Bundesschnitt sind es nur gut 72 Prozent. Die Bayern achten mit 55 Prozent auch etwas mehr auf eine gesunde Ernährung, als die Deutschen im bundesweiten Schnitt von gut 50 Prozent.
Das gilt allerdings weniger für den Alkoholkonsum und das Rauchen. In der DKV-Studie liegt der Anteil der Nichtraucher an der Gesamtbevölkerung deutschlandweit bei rund 84 Prozent. In Bayern sind es nur 80 Prozent. Abgefragt wurde auch der Umgang mit Alkohol, der von den Verfassern der Studie dann als gesund eingestuft wird, wenn nie oder nur sehr selten Alkohol getrunken wird. Im bundesweiten Durchschnitt ist, der Studie zufolge, der Umgang mit Alkohol bei knapp 78 Prozent der Befragten gesund. Bayern ist mit 72,7 Prozent hier Schlusslicht unter den Bundesländern.
Wie gestresst sind die Bayern?
Nicht einmal jeder Zweite (47,4 Prozent) für den DKV-Gesundheitsreport befragte Deutsche empfindet sein persönliches Stresslevel als gesund. Die Bayern sind sogar noch etwas gestresster. Im Freistaat nannten nur 45 Prozent der Befragten ihren Umgang mit Stress gesund. Besonders gestresst ist der Umfrage zufolge die Gruppe der 30- bis 45-Jährigen, bei denen verschiedene Faktoren, wie Beruf, Kinderbetreuung oder Pflege von Angehörigen, zusammenkommen.
"Der Stress auf der Autobahn des Lebens schlägt gerade wieder sehr gravierend zu", sagte Studienleiter Froböse bei der Vorstellung des Reports. Sorge macht den Wissenschaftlern auch das psychische Wohlbefinden der Gesellschaft. Jeder vierte Befragte gab in diesem Bereich Probleme an.
Steuern auf Krise zu: Was der Studienleiter fordert
Die Experten haben, wie schon in früheren Studien, auch in diesem DKV-Gesundheitsreport Bewegungsmangel als Ursache für Folgeerkrankungen und Einflussfaktor für spätere Pflegebedürftigkeit ausgemacht. Notwendig sei viel Prävention durch Maßnahmen von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, erklärte Studienleiter Froböse. Ohne umfassende und koordinierte Prävention steuere die Gesellschaft auf "eine gesundheits- und sozialökonomische Krise" zu. Bewegung müsse wieder alltägliche Routine werden und einen Platz im Zentrum der Gesellschaft einnehmen, verlangte Froböse.
Im Video: DKV-Gesundheitsreport 2023
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!