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Skandal um Regensburger Domspatzen

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Regensburger Domspatzen: Neue Vorwürfe im Missbrauchsskandal

Der Missbrauchsskandal bei den Regensburger Domspatzen ist möglicherweise größer als bislang bekannt. Report Mainz berichtet, dass es im weltberühmten Knabenchor sexuelle Übergriffe von älteren Schülern auf jüngere Schüler gegeben habe.

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In dem Politikmagazin erzählte ein ehemaliger Schüler, er sei jahrelang im Internat bei den Regensburger Domspatzen von älteren Schülern sexuell missbraucht worden. Ihm zufolge sei es gängige Praxis gewesen, dass ältere Schüler sich an jüngeren vergingen. Der Schüler hatte fünf Jahre seiner Kindheit bei den Domspatzen verbracht. Während dieser Zeit habe er immer wieder Übergriffe durch ältere Schüler erlebt – im Internat selbst in den Zimmern, in Toiletten, Duschen und im Schwimmbad sowie auf Konzertreisen, so der Schüler. Seinen Eltern hatte er sich nach eigenen Aussagen aus Scham nie anvertraut.

Ehemaliger Domspatzenschüler wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt

Die Recherchen des Politikmagazins ergaben weitere Hinweise auf mögliche Missbrauchsfälle unter den Sängerknaben. So wurde ein ehemaliger Domspatzenschüler 2016 wegen sexuellen Missbrauchs zu zwei Jahren Haft verurteilt. Dieser soll sich bei jüngeren Schülern, die beispielsweise Heimweh hatten, Vertrauen erschlichen haben und sie dann – in den meisten Fällen nach der gemeinsamen Domspatzenzeit – etwa bei privaten Übernachtungen auf dem Campingplatz missbraucht haben.

Bericht des Bistums ließ Meldungen aus

Bislang öffentlich bekannt und aufgearbeitet wurden lediglich Fälle von Gewalt und Missbrauch durch Priester und Erzieher. Im Juli vergangenen Jahres wurde der Abschlussbericht des Bistums vorgelegt. Nach Recherchen von Report Mainz heißt es darin, die sexuelle Gewalt unter Mitschülern war nicht Bestandteil der Aufklärungsarbeit. Ebenfalls nicht berücksichtigt wurden demnach Meldungen zu Vorfällen sexueller Gewalt, die sich nach entsprechender Prüfung nicht im Verantwortungsbereich der Domspatzen abspielten – etwa Übergriffe bei Gasteltern auf Konzertreisen.

Report Mainz wollte vom Bistum Regensburg wissen, welche Kenntnisse es über Missbrauchsfälle durch älteren Domspatzen hat und ob es eine Mitverantwortung sieht. Die Redaktion erhielt vom Bistum keine Antwort.

Hohe Dunkelziffer

Im Juli vergangenen Jahres hatte der eingesetzte Sonderermittler Ulrich Weber seinen Abschlussbericht zum Missbrauchsskandal bei den Regensburger Domspatzen vorgelegt. Demnach waren bei den Domspatzen über Jahrzehnte mehr als 500 Chorknaben Opfer von Gewalt, Misshandlung und sexuellem Missbrauch durch Priester und Erzieher geworden. Die Dunkelziffer wird auf rund 700 Fälle beziffert.

Kritik am früheren Regensburger Bischof

Deutliche Kritik hatte der Sonderermittler am früheren Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller geübt. Dieser habe eine "klare Verantwortung" für die "strategischen, organisatorischen und kommunikativen Schwächen" des von ihm 2010 initiierten Aufarbeitungs-Prozesses. Abgeschlossen wurde die Aufarbeitung erst unter Müllers Nachfolger Rudolf Vorderholzer im Jahr 2017.

Misshandlungen auch in anderen kirchlichen Einrichtungen

Im Bistum Regensburg hatte es nicht nur bei den Domspatzen Misshandlungen gegeben, sondern auch in anderen kirchlichen Einrichtungen. Im Januar dieses Jahres teilte das Bistum mit, dass im vergangenen Jahr insgesamt 178.000 Euro an Opfer körperlicher Gewalt durch damalige Kirchenmitarbeiter gezahlt wurden.