Hochwasser in Niederbayern

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Hochwasserschutz: Kritik an Ausgleichsmaßnahmen an der Donau

Eigentlich sollten die Ausgleichsflächen vor Hochwasser und Überschwemmungen schützen. Doch die Gemüter sind nicht beruhigt. Kritik kommt von Landwirten, Kommunalpolitikern und sogar vom Bund Naturschutz.

Über dieses Thema berichtet: Bayern 2 extra am .

August 2002. Die Donau tritt zwischen Straubing und Vilshofen über die Ufer. Dann passiert das, womit niemand gerechnet hat. Innerhalb der Vorländer, also zwischen den großen Hochwasserdeichen, schwillt das Wasser viel schneller an als bei allen Hochwassern zuvor. Martin Grambow, Hochwasserexperte im Bayerischen Umweltministerium:

"Es waren alle Experten erstaunt, wie dann plötzlich 2002 die Wasserstände so hoch waren. Es hat sich zunächst niemand richtig erklären können." Martin Grambow, Hochwasserexperte im Bayerischen Umweltministerium

 An der Donau schrillen die Alarmglocken. Eine internationale Studie ergibt: Der intensive Maisanbau und Gehölze in den Vorländern sind es, die den Abfluss der Wassermassen bremsen. Und zwar gewaltig. Martin Grambow zufolge gab es Erhöhungen des Wasserspiegels um 30 bis 40 Zentimeter.

Die Konsequenz: Die Behörden verbieten den Maisanbau in den Vorländern und lassen Gehölze roden. Es hagelt Proteste. Bauern klagen vor Gerichten gegen das Maisanbauverbot. Naturschützer gegen die Gehölzrodungen. Mittendrin Deggendorfs Landrat Christian Bernreiter.

"Es war nicht einfach und es ist immer der schwarze Peter hin und hergeschoben worden. Die Landwirte haben gesagt, die zugewachsenen Hölzer sind's, die Naturschutzverbände haben gesagt, der Mais ist es. Und in der Summe muss man heute feststellen: Beides ist natürlich richtig. Und darum musste man beide Dinge durchsetzen." Deggendorfs Landrat Christian Bernreiter

Vorlandmanagement geht Bauern zu weit

Er sei froh, dass es inzwischen funktioniere. Seit den Ereignissen von 2013 sei auch das Verständnis dafür da. Denn die Flutkatastrophe damals, bei der ganze Ortschaften wie Fischerdorf untergegangen sind, wäre sonst noch schlimmer ausgegangen. Im Großen und Ganzen haben auch die Bauern wie Anton Hafner und Johann Knott aus Stephansposching ihren Frieden geschlossen mit dem Vorlandmanagement. Nicht aber mit den 100 Hektar ökologischen Ausgleichsflächen. Beide Landwirte haben rund 10 Prozent ihrer landwirtschaftlichen Nutz- und Futterflächen durch das Vorlandmanagement verloren. Ihrer Meinung nach geht der Hochwasserschutz zu weit. Irgendwann müsse Schluss sein.

Bei dem jetzt noch anstehenden weiteren Ausbau des Hochwasserschutzes an der niederbayerischen Donau dürfen nach Ansicht der Landwirte keine weiteren Ausgleichsflächen außerhalb der Überschwemmungsgebiete mehr ausgewiesen werden. Unterstützung bekommen die Landwirte dabei sogar vom Bund Naturschutz. Kreisvorsitzender Georg Kestel:

"Wir verstehen sogar die Nöte der Grundstückseigentümer außerhalb der Deiche. Wir hätten sogar Lösungen angeboten, wie sich das abmildern lässt." Georg Kestel, Bund Naturschutz

Der Bund Naturschutz schlägt vor, die Steilufer an der Donau abzuflachen und dort wieder Kiesbänke teilweise auch mit richtig naturnahmen Auwäldern zuzulassen. Der ökologische Ausgleich müsse möglichst nah am Fluss stattfinden. Hochwasserschutz ja. Aber keine weiteren Ausgleichsflächen außerhalb der Überschwemmungsgebiete auf den wertvollen Flächen im niederbayerischen Gäuboden, sagt Stephansposchings Bürgermeisterin Jutta Staudinger. Die gesetzlichen Regelungen über Ausgleichsflächen drohten zum Bürokratiemonster zu werden, so die Rathauschefin. Schon jetzt sei es hier kaum mehr möglich, neuen bezahlbaren Wohnraum zu schaffen:

"Wir haben aktuell ein neues Baugebiet laufen, es ist mehr oder weniger verkauft, innerhalb kürzester Zeit. Wir haben immer wieder Anfragen nach Bauflächen, die wir nicht bedienen können." Stephansposchings Bürgermeisterin Jutta Staudinger

Ganz gravierend sei die Nachfrage nach Industrieflächen. Dieser Druck dürfe durch weitere Ausgleichsmaßnahmen in Zusammenhang mit dem Hochwasserschutz nicht verschärft werden. Die Grundstückspreise – das bestätigen auch Landwirte - haben sich in den vergangenen Jahren teilweise verdreifacht. Das wertvolle Ackerland im Gäuboden ist längst zum Spekulationsobjekt geworden.