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Frau blickt bei Dunkelheit in das Schaufenster eines bereits geschlossenen Modegeschäftes

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Diskussion um Ladenschluss reißt nicht ab

6 bis 20 Uhr von Montag bis Samstag: Länger darf der Einzelhandel in Bayern nicht geöffnet haben. Ausnahmen sind etwa Bahnhöfe. Die FDP setzt sich im Wahlkampf für liberalere Ladenschlusszeiten ein. Und rufen damit Kritiker auf den Plan.

Die Kinder ins Bällebad oder ins Smaland - das Paradies für den Nachwuchs - während die Eltern sich die neuesten skandinavischen Wohntrends zu Gemüte führen und ein paar Kleinigkeiten besorgen um das traute Heim aufzuhübschen: Der Möbelriese Ikea ist gerade für Familien immer eine Reise wert. Und das am besten 24 Stunden - 7 Tage pro Woche, erzählt Johann Schmid, der im Verkauf bei IKEA in Eching arbeitet - und auch schon Zeiten erlebt hat, an denen der Möbelriese mehrere Sonntage im Jahr geöffnet war:

"Das ist auch gut angenommen worden von den Familien, war meistens gut besucht und das umliegende Gewerbegebiet hat davon auch gut profitiert." Johann Schmid, Ikea

FDP will es dem Einzelhandel überlassen

Und genau deshalb zieht die Landes-FDP mit der Forderung nach einer völligen Liberalisierung des Ladenschlusses in den Landtagswahlkampf. Martin Hagen ist Spitzenkandidat der FDP und sagt:

"Wir finden nicht, dass es die Aufgabe des Staates ist, sich zwischen Händler und Konsument zu stellen." Martin Hagen, FDP-Spitzenkandidat für die Landtagswahl

Die Position der Liberalen ist klar: Der Markt solls und wirds schon regeln - die Politik soll sich aus den Ladenöffnungszeiten raushalten.

CSU lehnt Freigabe der Ladenöffnung ab

Ganz anders sieht das Joachim Unterländer. Er ist Vorsitzender des Landeskomitees der Katholiken und sozialpolitischer Sprecher der CSU im Landtag.

"Es sind in den Läden ja auch Menschen, die arbeiten müssen. Und diese Menschen haben Familien, diese Menschen müssen sich danach richten, das sie mit ihren Partnern und Familien zusammenleben können, wenn es da keine Einschränkung gäbe, würde das das Gemeinschafts- und das familiäre Leben völlig auseinander reißen." Joachim Unterländer, Sozialpolitischer Sprecher der CSU

Damit spricht er dem Möbelverkäufer Johann Schmid aus dem Herzen: Der 55-jährige Vater eines Sohnes ist seit insgesamt 20 Jahren im Unternehmen, seit 6 Jahren auch im Betriebsrat. Er sorgt sich um seine Gesundheit und die seiner Kollegen im Einzelhandel - Stichwort flexible Arbeitszeiten:

"Eigentlich ist ja bekannt, dass der Mensch den gleichmäßigen Arbeitsrhythmus, das Regelmäßige braucht. Das ständige Hin und Her - heute spät, morgen früh - mit 30 oder 40 Jahren ist das vielleicht noch kein Problem, aber mit zunehmendem Alter sieht man die Dinge dann schon etwas anders." Johann Schmid, Ikea

Gewerkschaften und Kirchen gegen Abschaffung der Ladenschlusszeiten

Auch die "Allianz für den Freien Sonntag" - ein Bündnis aus Gewerkschaften und kirchlichen Gruppen - ist vehement gegen die Aufweichung oder gar Abschaffung der Ladenschlusszeiten. Sie weist darauf hin, dass schon jetzt immer mehr Beschäftigte so genannte atypische Arbeitszeiten haben, also Schicht- oder Sonntagsdienste oder mehr als 48 Stunden pro Woche.

Innerhalb von 10 Jahren sei die Zahl der Arbeitnehmer, die das betrifft, um 10 Prozent gestiegen. Mehr als 9 Millionen Menschen in Deutschland müssen am Wochenende arbeiten.

FDP argumentiert mit Zuschlägen

Für Martin Hagen ist das ein Argument FÜR flexiblere Ladenöffnungszeiten:

"Wir haben ja die Situation, dass am Sonntag, Bäcker, Blumenhändler, Journalisten, Ärzte arbeiten - jetzt ausgerechnet im Einzelhandel den Sonntag zu einem Tabu zu erklären, das halte ich für falsch." Martin Hagen, FDP-Spitzenkandidat für die Landtagswahl

Zumal es ja auch Menschen gebe, die gerne am Sonntag arbeiten gehen, weil sie dann mit Zuschlägen rechnen können, so der FDP-Politiker weiter.

Arbeiten ohne Burnout-Gefahr

Auch bei Ikea in Eching war die Belegschaft gespalten, was die Sonntagsarbeit anging - eben wegen der besseren Verdienstmöglichkeit, erzählt Johann Schmid. Seine Warnung:

"Konkret ist es so gewesen: Samstags hatten wir ab 14 Stunden Zuschläge. Als der Samstag aber ein normaler Werktag geworden ist, hieß es dann irgendwann: Ja, der Samstag ist ein normaler Werktag, deshalb sind die Zuschläge nicht mehr nötig. Da befürchte ich natürlich, dass das dann das Gleiche ist, wenn der Sonntag immer mehr aufgeweicht wird." Johann Schmid, Ikea

Eigentlich, sagt Johann Schmid, müsste die Diskussion gerade eher in eine andere Richtung gehen: Wie man die Arbeitszeiten familienfreundlicher gestalten kann und auch so, dass die Arbeitnehmer in der Lage sind, bis zum Renteneintrittsalter ihren Job zu machen, ohne, dass sie vorher ausgebrannt und krank sind.