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Klinikvorstand Helmut Nawratil bei einer Pressekonferenz

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Bezirkskliniken Mittelfranken: Neuer Ärger für Vorstand Nawratil

Die Bezirkskliniken Mittelfranken stehen finanziell gut da - doch der Vorstand Helmut Nawratil gerät immer mehr in die Kritik. Ehemalige Mitarbeiter klagen an, Anwälte ziehen zu Felde. Nun laufen noch dazu zwei Sonderprüfungen. Von Claudia Grimmer

Unmut beim Personal, fragwürdige Entlassungen, umstrittene Managementführung, Unklarheiten bei Neubauprojekten, eine Dienstwagenaffäre - Helmut Nawratil, der Vorstand der Bezirkskliniken und Chef von rund 3.000 Mitarbeitern, steht seit langem in der Kritik. Zwei Sonderprüfungen könnten ihn weiter in Bedrängnis bringen.

Ein Macher, der die Devise „Change“ ausgab, so ist Helmut Nawratil zu beschreiben. 2012 übernahm er als Vorstand die Bezirkskliniken Mittelfranken. Zu dieser Zeit schrieb das kommunale Unternehmen rote Zahlen. Nawratil führt die Kliniken seitdem wie einen Großkonzern. Schwarze Zahlen entscheiden. Er als Vorstand, der das schafft, kann sich viel leisten. Eine Dienstwagenaffäre hat er einfach abstreifen können. Wenn Kritik und Mahnungen von Mitarbeitern kommen, dann werden diese schlichtweg gefeuert.

Nur noch Gewinnmaximierung?

Der BR konnte mit ehemaligen Mitarbeitern reden. Beschäftigte, die selbst die Reißleine gezogen haben. Eine damalige Ärztin im Bezirksklinikum Erlangen am Europakanal, die ihren Namen nicht nennen möchte, erzählt, warum sie gegangen ist: "Mir ging es damals so und mir geht es auch heute so, dass ich einfach den Eindruck hatte: ich möchte für dieses Unternehmen, für den Geist, der da herrscht, eigentlich nicht mehr arbeiten."

Sie begründet das konkret mit den Unternehmenszielen, "mit Gewinnmaximierung und eben den rein wirtschaftlichen Dingen im Vordergrund und eigentlich einem zurückbleibenden medizinischen Ziel und ethischen Zielen".

Der BR sprach mit Rechtsanwälten, die noch nie so viel Arbeitsgerichtsverfahren in Zusammenhang mit dem Bezirksklinikum hatten wie unter Nawratil. Das bestätigt Martin Klein aus Ansbach: "Es ist letztlich so, dass wir jetzt in den letzten zwölf Monaten mehr Fälle haben als in den letzten 25 Jahren."

Gefeuert nach kritischen Äußerungen

Ein besonders krasses Beispiel: Der damalige Chefarzt in Bezirksklinikum Erlangen am Europakanal, Dr. Detlef Kohl, wurde 2016 gekündigt, weil er Vorstand Nawratil auf einer Personalversammlung mit deutlichen Worten entgegen trat. Resultat: der Vorstand wollte ihn loswerden. Er warf ihm vor, den Vorstand beleidigt und an Führungstrainingsseminaren nicht teilgenommen zu haben. Das alles gab Nawratil als Fakt an den Verwaltungsrat, dem Kontrollgremium der Bezirkskliniken. Dort verließ man sich auf die Aussagen von Nawratil. Und alle stimmten der Kündigung Kohls zu, wie Klaus Hiemeyer sagt, der die Grünen in dem Gremium vertritt. Die Kündigung sei per Mail gekommen, der Chefarzt habe fristgerecht geantwortet - was wiederum der Vorstand bestreitet.

Zudem konnte Chefarzt Kohl an einem Führungsseminar gar nicht teilnehmen, weil er stationär im Krankenhaus lag. Und er war nicht der einzige, der sich gegen Falschaussagen des Vorstand wehren musste. Es habe nicht nur ihn getroffen, sagt Kohl, sondern auch enge Mitarbeiter von ihm. Diese seien beschuldigt worden, an Führungstrainingskonferenzen nicht teilgenommen zu haben, obwohl zum Beispiel eine andere Mitarbeiterin in der Zeit im Krankenhaus stationär gelegen habe: "Diese Vorwürfe sind unberechtigt erhoben worden, immer wieder und nie revidiert oder man hat sich auch nicht für die Vorwürfe entschuldigt."

Klaus Hiemeyer hat daraufhin eine Sonderprüfung bei der Rechtsaufsichtsbehörde, dem bayerischen Innenministerium eingereicht. Es geht um die Frage, ob der Vorstand seiner Informationspflicht nachgekommen ist. Die Prüfung läuft und ist nicht die einzige.

Mängel bei Bauvorhaben

Die Bezirkskliniken stellten im Oktober 2016 einen Fachbereichsleiter Bau neu ein, um die geplanten Neubauvorhaben zu überprüfen. Und der tat es. Als der Vorstand auf einen siebenseitigen Sachstandsbericht mit eklatanten Mängeln nicht reagierte, schrieb der Fachbereichsleiter den Vorsitzenden des Verwaltungsrates, Richard Bartsch an. Kurzerhand wurde ihm Geheimnisverrat vorgeworfen.

Geheimnisverrat, weil er den obersten Chef des Verwaltungsrates auf eklatante Mängel hinwies. So erklärt es Rechtsanwalt Robert Hartmann, der den damaligen Mitarbeiter vertritt: „Er hat in den ersten Monaten seiner Tätigkeit festgestellt, dass die Bauprojekte zum Teil im Argen liegen, zum Teil die Budgetplanungen unrealistisch sind und da massiv gegengesteuert werden muss. Da hat er Ende Januar einen Bericht erstattet.“

Auffälligkeiten im Betriebsablauf

Das Verfahren vor dem Arbeitsgericht Ansbach endete jüngst ebenfalls mit einem Vergleich im sechsstellligen Bereich und zwar zu Gunsten des Fachbereichsleiters. Das war Anlass, eine weitere Sonderprüfung einzuleiten, wie der SPD-Verwaltungsrat Horst Krömke sagt. Einerseits würden die Zahlen stimmen, "andererseits gibt es bestimmte Auffälligkeiten im Betriebsablauf, die dafür sprechen, dass etwas nicht stimmt." Das ist der Sinn der Sonderprüfung. Auch hier prüft das Innenministerium noch, geht den Vorwürfen nach. Danach will der Verwaltungsrat, wenn nötig, Konsequenzen ziehen, so Krömke:

"Letztlich, wenn Fehlverhalten rauskommt wird das natürlich dazu führen, dass man dann über die Zukunft von Herrn Nawratil reden muss." Horst Krömke, SPD-Verwaltungsrat

Helmut Nawratil gibt dem BR kein Interview. Er lässt nur schriftlich mitteilen: "Ich habe als Vorstand meine Informationspflichten gegenüber dem Verwaltungsrat immer ordnungsgemäß erfüllt." Auch Bezirkstagspräsident Richard Bartsch von der CSU ist zu einem Interview mit dem BR nicht bereit. Je nachdem wie die Ergebnisse der Sonderprüfungen ausfallen, wird es möglicherweise nicht nur Konsequenzen für den Vorstand Helmut Nawratil haben, sondern auch für die politisch Verantwortlichen.