Bildrechte: Deutsches Jugendherbergswerk Landesverband Bayern e.V.

Rendering der Jugendherberge München City

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Bayerns Jugendherbergen werden weniger, aber moderner

Ihr Image ist angestaubt, doch die klassische Jugendherberge ist nicht totzukriegen: In Bayern setzt das Jugendherbergswerk nicht mehr auf die Fläche, sondern auf moderne Multifunktionshäuser – in Nürnberg und bald auch in München. Von Matthias Rüd

Über dieses Thema berichtet: radioWelt am .

Cappuccino, Latte Macchiato oder doch Kakao oder Orangensaft. Auf einem großen Display an einer Multifunktionsmaschine in der Nürnberger Jugendherberge haben Gäste die Qual der Wahl. Vollautomatisch schießt das jeweilige Getränk dann in die Tasse. Hier gibt es keinen überkochten Filterkaffe – und nicht nur das ist anders. Im weitläufigen Frühstücksareal der Jugendherberge sitzen auffällig viele Familien unter riesigen Designerlampen.

"Wir machen hier Urlaub. Wir haben gelesen, dass es die modernste Jugendherberge in Deutschland ist und wir wollten schon immer nach Nürnberg wollten." Familie aus dem Sauerland

Moderne und Tradition

Die neue Nürnberger Jugendherberge eröffnete 2012 in den ehemaligen Stallungen der Kaiserburg – mit modernen Zimmern, jedes hat ein eigenes Bad. Erhalten blieben die stattlichen Gewölbebögen und dicken Dachbalken. Vom Einzelzimmer bis zum Stockbett und dem Familienzimmer ist alles buchbar. Das klassische Bild der Jugendherberge hat sich verändert, erklärt Herbergsleiterin Sigrid Natterer.

"Wenn man so zurückdenkt, wie es war – ja, das war schon sehr angestaubt. Da sind wir rausgekommen. Es gibt auch keinen Erbsenklatsch auf den Teller. Wir haben ein großes Frühstücksbuffet. Auch dieses starke Reglementieren gibt es nicht mehr. Man kann kommen und gehen, wann man will." Sigrid Natterer, Leiterin der Nürnberger Jugendherberge

Nürnberg gilt als Leuchtturm- und Prestigeobjekt für das bayerische Jugendherbergswerk – als Beispiel für die neue Jugendherberge. Neubauten in urbanen Gebieten, zuletzt etwa in Bayreuth, moderne Häuser in touristisch interessanten Lagen wie dem Alpenraum. Eine neue DNA, die kaum mehr etwas dem Ursprung der Jugendherbergsbewegung zu tun hat.

"Also der ursprüngliche Sinn war, der Jugend aus der Stadt die Natur näher zu bringen. Also man ist aus der Stadt gefahren mit der Straßenbahn, ist dann noch einen Fußmarsch zur nächsten Jugendherberge – bis zu sieben Stunden. Hat da übernachtet und ist dann zur nächsten Herberge gelaufen. So hat es angefangen, aber mit der erhöhten Mobilität ist das dann zusammengebrochen. Da war das Netz dann viel zu groß und in den vergangenen Jahren ging es dann eher ans Konsolidieren als ans Neuentwickeln." Winfried Nesensohn, Vorstand des Jugendherbergswerks in Bayern

Weniger Herbergen als früher

Heute hat sich das Netz der Jugendherbergen in Bayern deutlich ausgedünnt. Derzeit gibt es 57 Häuser mit jährlich rund 1,3 Millionen Übernachtungen. Die kleinste Herberge mit 67 Betten steht in Hartenstein im Nürnberger Land, die einzige ihrer Art im ganzen Landkreis. Im Sommer ist sie ausgebucht mit Schulklassen, Musik- und Sportgruppen und Naturfreunden. Im Winter bleiben die Gäste dagegen oft aus. Ganz zurückziehen aus der Fläche will sich das Herbergswerk aber nicht.

"Der Trend geht schon in die urbanen Räume, aber unser Nachhaltigkeitsauftrag ist es, in der Fläche zu bleiben. Wir versuchen schon Inseln zu schaffen, wenn die Infrastruktur nicht so gut ist, dass sich eine Schulklasse da schon ein paar Tage beschäftigen kann." Winfried Nesensohn, Vorstand des Jugendherbergswerks in Bayern

Konkurrenz durch Hotels

Die Nürnberger Jugendherberge hat Konkurrenz. Gerade in Städten wie Nürnberg drängen etliche Hotels auf den Markt, die mit viel Design für wenig Geld werben. Trotzdem: Für Jugendherbergsleiterin Sigrid Natterer kann ihre Unterkunft etwas bieten, was kein Hotel kann: Vollversorgung. In Jugendherbergen können sich Lehrer zum Beispiel nicht nur eine Unterkunft, sondern ein ganzes Programm für ihre Klasse bestellen.

Neue Leuchttürme in Sicht

Zur Zeit entstehen in Bayern neue Leuchttürme: In München schließt Ende Mai die größte Stadtherberge Deutschlands und wird im Anschluss drei Jahre lang umgebaut. In Garmisch-Partenkirchen baut das Jugendherbergswerk ein zweites Haus. Im Chiemgau sucht das Werk derzeit noch nach einem geeigneten Standort für eine Herberge. Dort hatten Bürger einen Neubau in Prien am Chiemsee in einem Entscheid abgelehnt.