Die Asam-Apotheke in Rohr ist geschlossen. Die Marktgemeinde hat nun keine mehr.
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Die Asam-Apotheke in Rohr ist geschlossen. Die Marktgemeinde hat nun keine mehr.

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Apothekensterben in Bayern: Wieder eine weniger

Nach über 50 Jahren hat die einzige Apotheke in Rohr in Niederbayern zugemacht. Es fand sich kein Nachfolger. Kein Einzelfall in Bayern und nicht nur ein Problem der Landapotheken.

"Bis auf weiteres geschlossen", steht auf einem weißen Blatt Papier, das an der Eingangstür der Apotheke in Rohr in Niederbayern klebt. Die Apotheke im Zentrum des Ortes hat Ende September vergangenen Jahres zugemacht - nach über 50 Jahren. Was bleibt sind ausgeräumte Arznei-Schubladen, leere Holzregale, Schaufenster mit riesigen Medikamentenschachteln und zwei Kassen mit modernen Bildschirmen.

Kein Ersatz für Filialleiter zu finden

"Uns hat der langjährige Filialleiter kurzfristig gekündigt", erklärt Apotheker Dr. Walter Fuchs. Der Pharmazeut betreibt mit seiner Familie in dritter Generation mehrere Apotheken im Landkreis Kelheim, bis vor kurzem auch die in Rohr. "Wir haben uns die Finger wund telefoniert, keiner hat sich bereit erklärt, die Filiale weiterzuführen", sagt Fuchs. Für ihn ein allgemeines Problem: Die Rahmenbedingungen würden den Beruf unattraktiv machen. Dazu zählen: lange Öffnungszeiten, Notdienste und ein "Bürokratiemonster" mit vielen Apothekenprüfungen.

Niedrigste Anzahl an Apotheken seit 40 Jahren

In Bayern gab es im vergangenen Jahr etwa 2.900 Apotheken, so wenige wie seit 40 Jahren nicht mehr, meldet der Bayerische Apothekerverband. Auf ganz Deutschland gesehen erreichte der Wert ebenfalls ein Rekordtief. Gewarnt wird seit Jahren: Alleine seit 2017 sperrten mehr als 260 bayerische Apotheken zu. Betroffen sind nicht nur Landapotheken, auch in Städten gehen die Zahlen zurück: In München schlossen mehr als 40 Apotheken in den letzten Jahren.

Apotheker gesucht – Politik müsse handeln

Hauptverantwortlich für den Apothekenrückgang ist der Fachkräftemangel: Es finde sich nicht genug qualifiziertes Personal, oder niemand möchte eine Apotheke übernehmen, sagt Thomas Metz, Sprecher des Bayerischen Apothekerverbands. Hinzu komme ein neues Gesetz, das die Kassenabschläge erhöht und damit die Einkünfte sinken lasse, erklärt Metz.

Die Online-Apotheken spielen für ihn dagegen keine Rolle: "Der Versandhandel kann nicht das leisten, was eine Apotheke vor Ort kann. Da geht es um die rein zwischenmenschliche Beratung." Außerdem brauche man manche Medikamente schnell und könne nicht auf eine Lieferung warten, so Metz weiter.

Die Politik müsse nun massiv umsteuern, sonst komme es zu einem weiteren Apothekensterben, sagt Apotheker Fuchs: "Viele glauben noch, dass Apotheken Goldgruben sind. Das ist aber nicht so." Er befürchtet weitere Schließungen im Laufe des Jahres.

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Walter Fuchs in der geschlossenen Apotheke seiner Familie in Rohr in Niederbayern.

"Apotheke war eine großartige Ergänzung"

Die geschilderten Rahmenbedingungen machen eine Apothekenübernahme wie in Rohr offenbar nicht gerade attraktiv: Trotz Hilfe der Marktgemeinde, vieler Telefonate und Ausschreibungen fand sich kein Nachfolger, sagt Bürgermeisterin Birgit Steinsdorfer (CSU): "Wir haben zwei Hausärzte und eine Zahnärztin, da war die Apotheke eine großartige Ergänzung."

Für ihre Medikamente müssen die rund 3.000 Rohrer Bürgerinnen und Bürger jetzt mehr als zehn Kilometer in angrenzende Orte fahren oder auf die Nachbarschaftshilfe zurückgreifen. Möglich sind auch Bestellungen bei anderen Apotheken, die nach Rohr liefern. Wie zeitnah die Medikamente kommen, sei aber nicht immer sichergestellt, bemängelt der zweite Bürgermeister von Rohr, Matthias Hermann (Bürgerliste).

"Geschäfte werden von Jahr zu Jahr weniger"

Die Apothekenschließung in Rohr reiht sich außerdem in ein allgemeines Problem ein, das Ladensterben. Von Tante-Emma-Läden, über Gastronomie, bis hin zum Lottoladen: "Die Geschäfte werden von Jahr zu Jahr weniger. Wenn es so weitergeht, ist gar nichts mehr da", befürchtet Hans Geisenfelder. Er betreibt in sechster Generation eine Bäckerei in Rohr.

Für den Bäckermeister ein Teufelskreis: "Man muss für jede Kleinigkeit auswärts fahren. Und wenn man schon auswärts ist, dann werden auch die anderen Geschäfte auswärts erledigt. Dann sind auch wir wieder betroffen."

"Goldene Zukunft" für Pharmazie-Studierende?

Ladensterben, schlechte Rahmenbedingungen und viel Bürokratie - wie es mit den 18.000 Apotheken in Deutschland weitergeht, entscheide die Politik, glaubt Apotheker Fuchs. Sowohl auf Landes- als auf Bundesebene seien die Probleme bekannt.

Fuchs, der parallel an der Universität Regensburg lehrt, ist trotz alledem Apotheker mit Herz und Seele. Er glaubt an gute Berufschancen für seine jungen Kolleginnen und Kollegen: "Ich sag meinen Studierenden immer: Ihr habt eine goldene Zukunft vor euch. Im schönsten Beruf, den man sich vorstellen kann."

Dieser Beitrag entstand in der Lehrredaktion Audio/Video des Studiengangs Journalistik und Strategische Kommunikation an der Universität Passau in Zusammenarbeit mit Journalistinnen und Journalisten aus dem BR-Studio Niederbayern/Oberpfalz. Weitere Geschichten über die medizinische Versorgung in Niederbayern finden Sie unter www.br24.de/niederbayern.

Die Asam-Apotheke in Rohr ist geschlossen, ein Schild an der Tür weist darauf hin.
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Die Asam-Apotheke in Rohr ist geschlossen. Die Marktgemeinde hat nun keine mehr.

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