Rund 70 Haushalte in einer Neubausiedlung in Wenzenbach sind derzeit ohne Fernwärme.
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Rund 70 Haushalte in einer Neubausiedlung in Wenzenbach sind derzeit ohne Fernwärme.

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Häuser ohne Heizung: Wenzenbacher Energieversorger schaltet ab

Seit zwei Wochen müssen 70 Haushalte in einer Wenzenbacher Siedlung im Landkreis Regensburg ohne Fernwärme leben. Die Abschaltung ist der vorläufige Höhepunkt in einem langen Streit, der auch vor Gericht geführt wird.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Niederbayern und Oberpfalz am .

Auch nach inzwischen zwei Wochen müssen Bewohner in der Wenzenbacher Neubausiedlung "Roither Berg" im Landkreis Regensburg ohne Fernwärme auskommen. Etwa 70 Haushalte sind davon betroffen: Sie leben ohne reguläre Heizung und Warmwasser. Der Grund: Streit ums Geld mit dem Energieversorger.

70 Haushalte ohne Heizung und Warmwasser

Die regionale Energieversorgung Wenzenbach (EVW) hatte den Haushalten am 22. Februar die Fernwärme abgeschaltet. Kurzzeitig waren außerdem das Internet und das Telefon betroffen. Informiert habe die EVW die Anwohner erst am Abend vorher via E-Mail und Postwurfsendung, hieß es.

Einstweilige Verfügungen sollen Fernwärme zurückbringen

Mit einer einstweiligen Verfügung wollen mehrere der betroffenen Haushalte in Wenzenbach nun erreichen, dass ihre abgeschaltete Fernwärmeversorgung wieder aufgenommen wird. Wie das Amtsgericht Regensburg dem BR am Dienstag (05.03.) bestätigte, gibt es insgesamt vier einstweilige Verfügungen von Bewohnern an die Energieversorgung Wenzenbach (EVW). Gegen drei davon wurde vonseiten der EVW Widerspruch eingelegt. Nun sollen die Verfahren vor dem Amtsgericht Regensburg mündlich verhandelt werden. Wann mit Urteilen zu rechnen ist, ist laut dem Sprecher noch nicht klar.

Die Abschaltung ist der vorläufige Höhepunkt in einem langen Streit, den Anwohner und Gemeinde mit dem Wärmeversorger austragen – teilweise bereits vor Gericht. Anwohner berichten dem Bayerischen Rundfunk, dass die EVW immer öfter Rechnungen geschickt habe, die sie nicht nachvollziehen konnten – teilweise über 50.000 Euro. Manche Anwohner harren nun aus, andere heizen mit Strom.

Abschaltung kam sehr plötzlich

So auch Tobias Hierl: Er lebt seit drei Jahren in der 9.000-Einwohner-Gemeinde Wenzenbach. Ihm zufolge herrscht "totale Unsicherheit" im Ort: "Irgendwas wird man doch von öffentlicher Hand tun können? Ich bin da ein bisschen zwiegespalten momentan. Auf wen bin ich überhaupt wütend? Ich will nur meine Wärme wiederhaben." Die Abschaltung kam für die meisten Anwohner nach eigener Auskunft sehr plötzlich.

Als Grund gab die EVW in einem Brief, der dem BR-Studio in Regensburg vorliegt, eine drohende Zahlungsunfähigkeit an und dass man "an der Erzeugung, dem Bezug oder der Fortleitung des Wärmeträgers durch Umstände, deren Beseitigung ihm wirtschaftlich nicht mehr zugemutet werden kann, gehindert ist".

Dem Energieversorger fehlen 1,6 Millionen Euro

Geschäftsführer Jochen Stierstorfer erklärt im Gespräch mit dem Bayerischen Rundfunk, dass er keine Alternative gehabt habe. Denn: Er bekomme Einnahmen von Abnehmern nicht, die ihm vertraglich zugesichert seien. Nun hätten die Summen Größenordnungen erreicht, wo die Energieversorgung nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden könne. Insgesamt fehlen Stierstorfer demnach 1,6 Millionen Euro.

Die Abschaltung hänge auch daran, dass das Wärmenetz auf einem Netz der Solidargemeinschaft aufgebaut sei. "Und wenn in dieser Solidargemeinschaft etwas nicht mehr so geht, wie es geplant gewesen ist, dann funktioniert das halt für alle nicht mehr", so Stierstorfer. Ihm und der EVW zufolge wurden die Gemeinde Wenzenbach sowie unter anderem Regensburgs Landrätin Tanja Schweiger (Freie Wähler) bereits im Dezember von dem drohenden Schritt informiert.

Bürgermeister appelliert an Menschlichkeit

Nun fordern sowohl Stierstorfer als auch die Anwohner, dass sich die Gemeinde einschaltet. Die sagt allerdings, dass sie keinen Einfluss auf die Wärmeversorgung habe. Das Problem müsse privatrechtlich mit der EVW geklärt werden. Wenzenbachs Bürgermeister Sebastian Koch (SPD) betont, man stehe mit verschiedenen Stellen und Gruppen im Austausch, um das Problem zu lösen – unter anderem mit der Bundesnetzagentur und auch dem Bayerischen Wirtschaftsministerium.

Doch eine schnelle Lösung gebe es nur auf einem Weg: "Ich kann nur appellieren und ich hoffe sehr, dass bei der EVW ein Einlenken erfolgt. Ich verstehe ja, dass die sich in einer schwierigen Situation befinden, aber ich meine trotzdem, dass man hier verantwortlich und mit ein bisschen Menschlichkeit agieren sollte", so Bürgermeister Sebastian Koch.

Anwohner können in Turnhalle warm duschen

Bis die Situation geklärt ist, bietet der Bürgermeister betroffenen Anwohnern die Möglichkeit, in der örtlichen Turnhalle warm zu duschen. Die ist nicht von dem Ausfall betroffen. Ein weiteres Angebot: Sollte ein mobiles Wärmewerk zum Einsatz kommen dürfen, würde die Gemeinde die Kosten zunächst übernehmen. Das Landratsamt Regensburg äußerte sich auf BR-Anfrage bislang nicht zu dem Fall.

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